Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Niemandsland

Im Niemandsland

Titel: Im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
Felsen und das Knarren der Bäume waren die einzigen Geräusche ringsum. Doch die Nacht schien voller lauernder Gefahren und magischer Strömungen. Sie legten sich erstickend wie giftige Dämpfe um die Wartenden.
    Die Kundschafter vermeinten, ihren eigenen Herzschlag zu hören, als Lamir erschreckt aufsprang und flüsterte: »Hufschlag! Hört ihr es nicht?«
    Ohne Zweifel. Ein schweres, kräftiges Pferd galoppierte heran. Mythor vergegenwärtigte sich die Gestalt des untersetzten Mannes, der zur Fettleibigkeit neigte, zusammen mit einer schweren Rüstung und den Waffen. Herzog Krude war offensichtlich allein und musste ein besonders kräftiges Pferd reiten.
    »Kannst du etwas sehen?« fragte Mythor und tastete sich zwischen den Felsen hervor. Vor dem dunklen Hintergrund sah er auf der helleren Fläche der Weide deutlicher einen langen Schatten als den Reiter selbst.
    »Nicht besonders gut.«
    »Macht euch fertig, Krude entgegenzureiten!« befahl Meystral unschlüssig. »Wahrscheinlich ist er es.«
    Im gleichen Augenblick tauchte der Mond zwischen den Wolken auf. Kalte Strahlen fluteten über das Land. Der Reiter galoppierte ins Licht hinein. Sein Helm, die Arm- und Beinschienen, der Schild und der Harnisch funkelten und blitzten. Er trug eine prunkvolle Kampfausrüstung, und einen kurzen Moment später fiel Mondlicht auch auf das Gesicht und zeigte den weißgrauen Vollbart, der ein Kennzeichen Herzog Krudes war.
    »Ich habe ihn erkannt!« sagte Meystral voller Erleichterung und griff nach dem Sattelhorn. »Männer! Wir reiten ihm entgegen!«
    »Wartet lieber noch ein wenig!« sagte Mythor. »Wartet, bis er am Eingang der Schlucht ist!«
    Eine Wolke schob sich vor den Mond. Die drei Rebellen saßen auf und trieben die Pferde zwischen den Bäumen hinaus auf die freie Fläche. Auch Mythors Freunde stiegen in die Sättel. Das Pferd, das den Herzog trug, wieherte dumpf. Oder kam das Wiehern aus einer anderen Richtung?
    »Hierher, Herzog Krude!« rief der Anführer, als er auf der Höhe des Schluchteingangs war. Nebeneinander sprengten er und seine beiden Männer auf den einsamen Reiter zu.
    Etwas warnte Mythor, und er legte seine Hand hart auf Gapolos Arm. »Halt! Warte!« sagte er drängend.
    Herzog Krude zügelte sein Pferd. Erneut rissen die Wolken auf. Die drei Reiter waren noch einen halben Bogenschuss weit von ihm entfernt. Sie galoppierten geradlinig auf ihn zu. Krude hob abwehrend den Schild, denn im ungewissen Licht sah er vor sich drei Männer in Caer-Rüstung.
    Meystral stellte sich in die Steigbügel und rief unterdrückt: »Wir sind von Elvinon, Herzog Krude. Wir sollen dich zu unserem Lager eskortieren!«
    Zwei Reiter drehten ihre Pferde herum und warteten auf Krude und den Anführer. Wieder wieherte ein Pferd, und Mythor, der eben die Sporen einsetzen wollte, um zu der Gruppe zu stoßen, hielt abermals an. Aus dem Gebüsch, das jenseits des Schluchteingangs wucherte, brachen drei vermummte Reiter hervor. Ihre Pferde galoppierten in einem rasenden Ansturm geradeaus. Mondlicht blinkte auf den Schneiden langer Schwerter. Die Hufe schlugen schnelle Wirbel.
    Die Reiter trugen dunkle, wallende Gewänder. Auch ihre Pferde waren dunkel. Zwei der Reiter rissen die Schwerter hoch und schlugen, als sie nahe genug heran waren, die überraschten Rebellen nieder. Klirrend traf Stahl auf Stahl. Ein Pferd schrie grell. Der dritte Vermummte galoppierte auf Meystral zu, das Schwert wie einen Speer ausgestreckt im waagrecht gehaltenen Arm.
    Noch ehe der Anführer sein Pferd gewendet, den Schild hochgerissen und das Schwert schlagbereit halten konnte, durchbohrte ihn das Schwert des Unbekannten. Röchelnd sank Meystral aus dem Sattel des hochsteigenden Pferdes.
    Herzog Krude senkte den Schildarm und spornte sein Pferd. Er schien im Dunkeln sehen zu können, denn er fand den Eingang zur Schlucht ohne Zögern. Die durchgehenden Pferde der drei Männer, die blitzschnell hingemetzelt worden waren, zerrten die Körper der Toten oder Sterbenden durch Gestrüpp und über Felsen.
    Mythor fühlte eisigen Schrecken, als er zusehen musste, wie die drei vermummten Boten des Todes ihre Pferde herumrissen und wieder in den Wald zurückritten.
    Herzog Krude, dessen Gesicht vom Widerschein des Mondlichts erhellt wurde, ritt nahe an Mythor vorbei. Bewegungslos wartete dieser im Sattel.
    Herzog Krudes Gesicht! Es glänzte und war maskenhaft unbewegt. Eine Schicht, gläsern-spröde wie der Spiegel eines geheimnisvollen Sees, überzog die

Weitere Kostenlose Bücher