Im Rausch der Ballnacht
liebenswürdige junge Frau. Was ihr geschah, ist ein schreckliches Unrecht!”
Edward sprang auf. “Was soll ich deiner Meinung nach tun? Tyrells Verlobung lösen? Sein Sohn wird eines Tages reicher und mächtiger sein als alle Desmond de Warennes zusammen.”
Zitternd erhob sich Mary. “Aber du bist glücklich. Du musstest nicht bei Hofe sitzen und mit den anderen großen Familien des Landes politische Ränke schmieden. Wir haben ein so schönes Leben gehabt, und dafür danke ich Gott jeden Tag. Benötigt Tyrell wirklich eine Verbindung, die ihn in politischer und sozialer Hinsicht fester an England ketten wird, als wir es je waren?”
“Aber Mary, was wird aus unseren Enkelkindern? Die Zeiten haben sich geändert, und sie ändern sich immer noch. Diese Heirat wird das Vermögen für die nächste Generation sichern. Ich weiß, dass dir das bewusst ist.”
“Das ist es”, flüsterte Mary.
“Möchtest du, dass er diese junge Frau heiratet?”, Edward war verärgert.
“Ich weiß es nicht”, erwiderte sie. “Aber Tyrell ist kein Schurke. Seine Geschichte kann ich nicht glauben – und ihre ebenso wenig. Ich glaube, dass sie beide einen Teil der Wahrheit verschweigen. Wie konnte Tyrell so ein Mädchen in sein Bett holen? Das ist beinah unmöglich, und ich bin sicher, sie hat ihn nicht verführt.” Tränen stiegen Mary in die Augen.
Edward seufzte. “Was den letzten Punkt angeht, so stimme ich dir zu. Eine Verführerin ist sie nicht. Und ehrlich gesagt, das verwirrt mich.”
Mary ging zu ihm und schlang die Arme um ihn. “Bist du wirklich verwirrt? Denn heute schien mir alles ganz klar zu sein.”
Er verzog das Gesicht. “Falls du mir sagen willst, dass er sie liebt, so bin ich nicht sicher, ob ich das hören möchte.”
“Eine andere Erklärung gibt es nicht dafür, dass er die Kontrolle verloren hat und sich nicht darum scherte, was Sitte und Anstand gebieten. Und an dem Tag ihrer Ankunft hier haben wir sie beide zusammen gesehen.”
Edward sah ihr in die Augen. “Nun gut. Ich gebe zu, ich hatte denselben Gedanken. Mary, ich wünsche mir so vieles für meinen Sohn – und noch mehr für seine Söhne. Ich möchte, dass die Zukunft von Tyrells Kindern, genau wie die der Kinder von Rex, Cliff und Eleanor, gesichert ist. Ich will nicht, dass sie sich jemals darum sorgen müssen, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen.”
“Aber wäre das so schlimm? Schau dir nur das Vermögen an, das Devlin gemacht hat, und mir scheint, dass Cliff einige Schätze von fremden Küsten mitgebracht hat. Edward, ich habe Vertrauen in unsere Kinder. Ich glaube nicht, dass sie jemals hungern müssten.”
“Soeben haben wir Brentwood verkauft, unseren letzten Landsitz in England!”, rief er aus. “Diese Hochzeit wird uns wieder in England etablieren. Mary …” Er nahm ihre Hand. “Ich will, dass er glücklich wird. Alle unsere Kinder sollen glücklich werden. Und ich möchte, dass sie weiterhin privilegiert sind. Erinnerst du dich, wie verzweifelt Eleanor war, als sie aus Bath zurückkam? All ihre Schönheit und all ihr Reichtum konnten nichts daran ändern, dass sie nur als zweitklassig galt – eine Irin eben. Ich möchte, dass meine Kinder von jedem Engländer, dem sie begegnen, als gleichwertig behandelt werden.”
Mary schwieg einen Augenblick. “Niemand weiß besser als ich, wie machtlos man ist, wenn man aus Irland kommt”, sagte sie leise, und sie wussten beide, dass sie an die Zeit dachte, als ihr Mann getötet und sie selbst als Geisel genommen worden war. “Aber ich habe es überlebt. Wir alle überleben Tyrannei und Bigotterie, Edward. Und ich weiß nicht, ob irgendeinem unserer Kinder etwas am Respekt der Engländer liegt. Wir haben fünf starke junge Männer aufgezogen und eine starke und schöne junge Frau”, sagte sie lächelnd.
Edward schwieg.
“Liebling, wir wissen beide, dass Tyrell sich niemals seiner Pflicht entziehen wird. Aber wenn er Blanche heiratet und Miss Fitzgerald liebt, dann wird er nie so glücklich sein, wie du es ihm wünschst.”
Edward konnte dieses Thema nicht länger ertragen. Ungewöhnlich kurz angebunden sagte er: “Dann sollten wir darum beten, dass er Miss Fitzgerald nicht liebt, oder?”
Bei seinem rauen Tonfall zuckte Mary zusammen. Klugerweise verzichtete sie auf eine Antwort.
Zu ihrer Überraschung sah sie die Kutsche ihrer Familie vor dem Haus stehen, und Lizzie wurde wachsam. Zwar freute sie sich auf Georgie und ihre Eltern, aber beim besten
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