Im Rausch dieser Nacht
meinte sie. „Ich könnte etwas zu essen gebrauchen. Ich habe heute Morgen das Frühstück ausfallen lassen.“
Greg fuhr sie zu einem kleinen Café in der Nähe, in das er selbst häufiger zum Essen ging. Hier gäbe es die besten Hamburger der Stadt, klärte er sie auf, ein Geheimtipp bei vielen Kollegen, nicht zuletzt, weil man hier fast rund um die Uhr etwas zu essen bekam.
Als sie einen Tisch gefunden und sich gesetzt hatten, sah Greg sie eine Weile aufmerksam an, dann forderte er sie auf: „Erzählen Sie mir doch ein wenig von sich.“
Sherri wunderte sich. „Habe ich Ihnen nicht schon alles von mir erzählt?“
„Ich meinte das nicht dienstlich. Es interessiert mich persönlich.“ Er machte eine Pause und fuhr mit einem etwas verlegenen Lächeln fort: „Ich will mit offenen Karten spielen. Ich kann nicht leugnen, dass ich Sie sehr attraktiv finde.“
Sherri errötete.
Greg hob halb entschuldigend die Hände. „Es kann natürlich sein, dass Sie das als zudringlich empfinden. In dem Falle …“
„Nein, durchaus nicht“, sagte Sherri rasch.
Etwas entspannter lehnte er sich auf seiner Sitzbank zurück. „Wunderbar. Dann lassen Sie mal hören.“
„Viel zu erzählen gibt es da wirklich nicht. Die meiste Zeit meines Lebens bin ich zur Schule gegangen. Gegenwärtig bilde ich mich als Texterin im technischen Bereich weiter und lerne eine Menge über Computer-Software.“
„Haben Sie Familie?“
Sie schüttelte den Kopf. „Meine Eltern sind beide gestorben, als ich vierzehn Jahre alt war. Danach bin ich bei einer Tante aufgewachsen. Sie ist letztes Jahr an Krebs gestorben.“
„Da haben Sie ja schon eine Menge durchmachen müssen.“
„Ja, mag sein. Aber ich versuche nach vorn zu blicken und das Beste aus meiner Situation zu machen.“
Das Essen wurde gebracht, und für eine Weile war das Gespräch unterbrochen. Dann sagte Sherri plötzlich zwischen zwei Bissen: „So, und jetzt sind Sie dran.“
Greg blickte erstaunt von seinem Teller auf. Dann hatte er kapiert, was Sherri meinte, und fragte: „Was wollen Sie wissen?“
„Nun … Wie alt sind Sie? Sind Sie verheiratet? Was macht Ihre Familie? Solche Sachen eben. Mich würde auch interessieren, warum es Sie zur Polizei verschlagen hat.“
„Wollen Sie ein Buch über mich schreiben?“
„Hm, warum nicht? Wenn der Stoff, den Sie zu bieten haben, interessant genug ist.“
„Das beruhigt mich. Denn was es über mich zu erzählen gibt, ist erschreckend wenig.“ Greg verstummte. Kaum etwas war ihm mehr zuwider, als über sich selbst sprechen zu müssen. In diesem Fall galt es allerdings zu bedenken, dass er etwas von Sherri wollte und ihr so notgedrungen ein paar Brocken hinwerfen musste. „Also gut, fangen wir von vorne an. Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt, nicht verheiratet – weder jetzt noch früher. Ich habe einen Universitätsabschluss und bin vom College direkt zur Polizeiakademie gegangen.“
„Haben Sie hier in Austin studiert?“
Greg fühlte sich an seine eigenen Verhörmethoden erinnert. „Nein“, antwortete er nach kurzem Zögern. „Ich habe einen Harvard-Abschluss.“
„Ach wirklich? Kommen Sie denn von der Ostküste?“
„Ich gestehe, dass ich kein geborener Texaner bin, Euer Ehren.“ Es freute ihn, dass er Sherri zum Lachen bringen konnte. „Nein, im Ernst. Ich bin nach meiner Ausbildung nach Austin gekommen, weil meine Großtante hier lebt.“
„Und wie sind Sie zur Polizei gekommen?“
„Das habe ich mich manches Mal schon selbst gefragt. Ich glaube, ich wollte immer schon auf der Seite der ‚Guten‘ stehen. Ein Stück Abenteuerlust war sicherlich auch dabei. Außerdem macht es mir Spaß, knifflige Denksportaufgaben zu lösen.“ Er schaute auf seine Armbanduhr. „Was mich daran erinnert, dass ich mich mal wieder auf meiner Dienststelle blicken lassen muss.“
Er bezahlte, und sie brachen auf. „Ich wüsste allerdings, was ich jetzt lieber täte“, bemerkte er. Sie warf ihm einen Seitenblick zu. Erst jetzt wurde ihm klar, dass man diesen Satz durchaus weniger harmlos verstehen konnte, als er ursprünglich gemeint war. Ihm stockte kurz der Atem. Was ist los mit mir?, fragte er sich. Noch keiner Frau war es gelungen, ihn derart aus der Fassung zu bringen, und im Dienst schon gar nicht.
Die Fahrt zurück zur Polizeistation verlief schweigend. Als sie angekommen waren, begleitete er sie noch zu ihrem Wagen. „Ich würde Sie sehr gern wiedersehen, Sherri“, sagte er, als sie sich
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