Im Rausch dieser Nacht
verstehst, warum ich mit ihnen nichts mehr zu tun haben will. Aber ich habe auch schon oft darüber nachgedacht, ob ihre ganze Art nicht auf mich abgefärbt hat. Wahrscheinlich sollte ich es wirklich niemandem antun, länger mit mir zusammen zu sein, und du hast damals recht daran getan, mich zu verlassen.“
Zu Hause angekommen, half Greg Sherri aus dem Wagen. Schweigend durchquerten sie den Garten und gingen ins Haus. In der Halle stellte sich Sherri vor Greg hin und sah ihm direkt ins Gesicht.
„Ich will dir sagen, was ich denke“, erklärte sie ernst. „Du hast ein großes, mitfühlendes Herz. Du hast mir in den beiden schlimmsten Krisen meines Lebens zur Seite gestanden, und ich weiß nicht, was ohne dich aus mir geworden wäre. Du warst für mich da. Aber was zwischen dir und deinem Vater auch immer vorgefallen ist, muss dich zutiefst verletzt haben. Und es hat dazu geführt, dass du niemanden an dich herankommen lässt – auch mich nicht. Du tust mir wirklich leid, Greg. Aber ich kann dir auch nicht mehr helfen. Ich gestehe, ich habe es aufgegeben.“
Damit drehte sie sich um, ging in ihr Zimmer und schloss die Tür.
Lange stand Greg allein da und starrte auf die geschlossene Tür. Sherris Worte hatten ihn getroffen wie ein Keulenschlag. Du tust mir leid, Greg. Etwas Schlimmeres hätte sie nicht sagen können. Und warum? Weil er sich von seinem Vater befreit hatte? Weil er sein eigenes Leben führen wollte?
Nun gut. Dann würde er eben sein eigenes Leben führen. Wie früher, für sich allein. Dass er das konnte, hatte er sich schon bewiesen. Wenn es ihm nur nicht das Herz zerreißen würde, sobald er an Sherri dachte. Aber er hatte es verpfuscht. Er hatte zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben geliebt und die Liebe eines wertvollen Menschen gewonnen. Nur hatte er nicht damit umzugehen gewusst.
Vielleicht stimmte es, und sein Elternhaus hatte ihn doch mehr geprägt, als er wahrhaben wollte. Vielleicht war er seinem Vater ähnlicher, als ihm lieb war.
11. KAPITEL
Sechs Wochen später
Sherri hatte gerade den Schlüssel ins Schloss gesteckt, um die Tür zu ihrer Wohnung aufzuschließen, als sie drinnen das Telefon läuten hörte. „Immer mit der Ruhe“, sagte sie halblaut, ohne sich sonderlich zu beeilen. Wenn es wichtig war, würde es auch noch länger klingeln.
Tatsächlich war noch jemand in der Leitung, als sie den Hörer schließlich abnahm.
„Hallo, Sherri! Hier ist Greg“, meldete sich eine wohlbekannte Stimme.
„Hallo, Greg.“ Sherri unterdrückte einen Stoßseufzer. Es war eine harte Nuss gewesen, das Wiedersehen mit Greg und seinen unglücklichen Ausgang zu verkraften. Aus Millies Haus, das ja nun Gregs Haus war, auszuziehen war nicht weniger schwierig als ihr Auszug zum Ende ihrer Ehe aus ihrer damaligen Wohnung. Gerade hatte sie ihre Gefühle wieder einigermaßen unter Kontrolle und musste nicht mehr Tag für Tag an Greg denken – ausgerechnet jetzt rief er wieder an.
„Ich wollte dich fragen, ob du mit mir heute Abend essen gehen willst.“
Sherri hielt den Hörer ein Stück von ihrem Ohr weg und betrachtete ihn misstrauisch, als wäre das eben eine Störung in der Leitung gewesen. „Wie kommst du darauf? Haben wir heute den Sei-nett-zu-deiner-Ex-Tag?“
Greg lachte. „Ich weiß nicht. Vielleicht sollten wir den einführen. Nein, im Ernst: Ich würde dich sehr gerne sehen.“
Sherri stöhnte leise auf. „Hör zu, Greg. Ich weiß, dass die Sache nicht schön geendet ist, als ich das letzte Mal bei dir war. Ich entschuldige mich auch für einige Sachen, die ich gesagt habe. Im Grunde ist es natürlich deine Sache, was du über deinen Vater denkst oder wie ihr in eurer Familie miteinander zurande kommt. Aber auch wenn ich damals das Spielchen mitgemacht habe, so zu tun, als wären wir noch verheiratet, bedeutet das nicht, dass wir jetzt weiterspielen und so tun, als wären wir noch befreundet.“
„Ich will überhaupt nicht, dass wir Freunde sind.“
„Fein. Dann hat sich das ja erledigt. Und jetzt musst du mich bitte entschuldigen, Greg. Ich bin gerade zur Tür hereingekommen und habe hier noch ein paar dringende Dinge zu erledigen.“
„Warte, Sherri. Lass mich noch etwas sagen, bevor du auflegst. Ich habe in letzter Zeit viel in mich hineingehorcht und bin dabei auf einiges gestoßen, worüber ich gern mit dir reden würde. Es ist eine Bitte.“
Sie runzelte die Stirn. „Was habe ich da gehört? Spreche ich wirklich mit Greg Hogan?“
„Jawohl. Selbst am
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