Im Rausch dieser Nacht
zurück. „Du wolltest Greg unbedingt sehen, nicht ich. Bitteschön, hier ist er.“
„Immerhin ist er auch dein Sohn.“
Max streifte Greg mit einem Blick. „Da ich eine gewisse Ähnlichkeit nicht leugnen kann, gehe ich davon aus“, entgegnete er bissig.
Der Salat wurde serviert. Greg war für die kleinste Unterbrechung dankbar.
Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er verzweifelt um die Anerkennung seines Vaters gekämpft und alles getan, was dieser von ihm erwartete. Er hatte eine Privatschule besucht, drei Jahre lang die Sommermonate in Europa verbracht und Sprachen gebüffelt. Er hatte sich angestrengt und es auch geschafft, sein Harvard-Studium mit Auszeichnung zu bestehen. Dann, als Max ihm eröffnete, er hätte ihn für eine politische Laufbahn vorgesehen, dämmerte es Greg allmählich, dass er gar nicht mehr sein eigenes Leben führte, sondern eines, das ausschließlich nach den Vorstellungen seines Vaters verlief. Greg begann, das Spiel seines Vaters zu durchschauen. Max war ein einflussreicher Mann, und eine maßgebende Position seines Sohnes in der Politik sollte diesen Einfluss sichern und ausbauen. Greg fühlte sich benutzt, und in ihm reifte die Erkenntnis, dass er sich von den Vorstellungen seines Vaters freimachen musste, bevor er für den Rest seines Lebens zur Marionette wurde.
Damals begann Greg auch, das Geschäftsgebaren seines Vaters mit anderen Augen zu sehen. Die rücksichtslose Art, andere Firmen an die Wand zu drücken und seinem Konzern einzuverleiben, die Brutalität, mit der ganze Betriebszweige stillgelegt wurden, ohne dass Max Hogan einen einzigen Gedanken an die vielen Jobs verschwendete, die er damit vernichtete – das war nicht Gregs Welt.
Die letzte Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn hatte dem Ganzen dann die Krone aufgesetzt. Greg hatte sich um einen Platz an einer namhaften Polizeiakademie beworben und sich entschlossen, seinem Vater klar und deutlich zu sagen, dass er, Greg, von nun an nicht mehr zu seiner Verfügung stehe. Greg hatte sich mit Gegenargumenten gewappnet und war darauf gefasst, dass Max toben würde, wenn dieser seine Pläne durchkreuzt sah, aber er hatte gehofft, mit seinem Vater reden zu können. Was sich jedoch an diesem Tag abgespielt hatte, stellte die schlimmsten Befürchtungen in den Schatten.
Die Angriffe, die Max gegen Greg richtete, die Worte, die er gebrauchte, die Drohungen und Verwünschungen, die er ausstieß, waren vernichtend. Wenn Greg noch irgendwelche Illusionen über seinen Vater gehabt hatte, wurden sie in diesem einen Gespräch restlos zerstört. Es gipfelte in dem Satz, der Greg noch lange in den Ohren klang: „Du bist nicht mehr mein Sohn!“
Als Greg später seiner Mutter erklären wollte, was geschehen war, fand er auch bei ihr keinen Rückhalt. Katrina hatte ihn nur verstört angesehen und gebetsmühlenartig wiederholt, dass ein Sohn seinem Vater Gehorsam schuldete. Schließlich hatte Greg es aufgegeben, weiter mit ihr darüber zu reden. Er hatte seine Sachen gepackt und sich seitdem geweigert, seine Eltern zu sehen.
Als er nach Abschluss der Polizeiakademie in Austin seine erste Stelle bekam und bald darauf Sherri kennenlernte, waren diese Erinnerungen noch frisch. Und so war es auch gekommen, dass er, seine Großtante Millie ausgenommen, rigoros seine Familie und seine Herkunft verleugnete und alle Fragen Sherris nach seiner Kindheit, seiner Jugend und seinem Elternhaus abblockte.
Greg hatte Zeit, seinen Gedanken nachzuhängen. Beim Essen wurde nicht viel gesprochen. Katrina bemühte sich von Zeit zu Zeit, die Form zu wahren und ein unverbindliches Gespräch in Gang zu bringen, aber der Erfolg war kläglich, und schließlich musste auch sie einsehen, dass dieses Familientreffen ein Reinfall war.
Als sie nach dem Essen wieder in der Hotellobby des Omni angekommen waren, unternahm Katrina noch einen letzten halbherzigen Versuch, indem sie Greg fragte, ob er und Sherri noch auf einen Kaffee hinaufkommen wollten. Aber Greg wehrte schnell ab. Man verabschiedete sich, Greg wünschte den beiden einen guten Heimflug und war froh, als er endlich mit Sherri im Wagen saß und nach Hause fuhr.
Sherri sah ihn eine Weile nachdenklich an, dann sagte sie: „Ich habe dich heute nicht wiedererkannt. Ich kann nicht glauben, dass das der Mann ist, den ich einmal geliebt habe. Noch nie habe ich erlebt, dass Menschen so miteinander umgehen.“
„Was du erlebt hast, ist die bittere Wahrheit. Ich weiß nicht, ob du jetzt besser
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