Im Reich der Feuergöttin
Mythor gelüstete es, ihren Stolz zu brechen. Überall auf den Hunderten, ja Tausenden von Inseln dieser Zone galt ein Mann überhaupt nichts. Selbst ein Held stand noch unter der niedrigsten Frau in dieser seltsamen Hierarchie. Für Honga war es selbstverständlich, daß er vor den Frauen zu kuschen hatte. Nach der Stammesmutter kamen die Weisen Frauen, solche, die wie die Stammesmutter in Magie bewandert waren, die hier eine noch größere Rolle zu spielen schien als in der Mythor bekannten Welt. Von großer Weisheit allerdings hatte Mythor wenig bemerken können. Waren die Weisen Frauen etwa jene, die sich während des Fests betrunken hatten wie Raufbolde in einer Schenke? Ihnen, die auch „Hexen“ genannt wurden, folgten als nächste die Geadelten Weiber, die sich um den Stamm verdient gemacht oder sonstwie hervorgetan hatten. Die unterste Stufe schließlich bildeten die Handwerkerinnen und Händlerinnen, zu denen Frauen wie Guana und Aleda zählten.
Mythor ahnte, daß er noch vor Erreichen des Drachenfelsens in Schwierigkeiten geriet, falls er sich nicht eisern beherrschte. Wenn diese Zone tatsächlich schon zum Süden der Welt gehörte - sollte dann die gesamte Südhälfte von Frauen beherrscht sein?
War Fronja eine solche kompromißlose Herrscherin? Der Gedanke schreckte ihn so sehr, daß er für einen Augenblick seine Aufmerksamkeit vernachlässigte.
Ein schriller Schrei brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Instinktiv ging er in Abwehrstellung und sah, wie etwas den Himmel verfinsterte. Drei, vier schwarze Schatten schälten sich aus der Dämmerung und stießen auf ihn, Oniak und Nura herab.
Mythor riß das Schwert in die Höhe und stieß Oniak mit der anderen Hand zu Boden. Eine der Riesenfledermäuse verfehlte den Grünhäutigen mit ihren scharfen Krallen nur knapp. Die zweite wurde von Alton in der Luft geteilt. Doch schon schlugen die beiden anderen ihre Krallen in die Felle der Tau. Krieger stürmten heran und rannten Mythor fast um. Mit Todesverachtung warfen sie sich auf die Bestien und zerrten mit bloßen Händen an ihren ledernen Schwingen oder schlugen mit Steinbeilen auf sie ein. Eine der Kreaturen ließ von der Frau ab und biß ihre Reißzähne ins Genick eines Kriegers, der ohne einen Laut starb. Tückische rote Augen funkelten im Halbdunkel. Die Krieger hatten keine Chance gegen die Bestien. Alles ging viel zu schnell, um überall zugleich Hilfe zu leisten. Mythor sah, wie Oniak in einem Gebüsch verschwand, verfolgt von der wild mit den Schwingen schlagenden Fledermaus. Krieger stürzten sich auf das Alptraumgeschöpf. Ihre Beile prallten federnd von der Lederhaut ab.
Die Frau mit dem Alptraumgeschöpf im Nacken wehrte sich verbissen. Mythor sprang hinzu, riß die Krieger zurück und stieß die Klinge tief in den Leib des Wesens. Schwarzes Blut lief über den Rücken der schreienden Tau. Mythor zog blitzschnell das Schwert zurück und warf sich zur Seite, als ein Schatten auf ihn zuschoß. Alton fuhr in die Höhe und trennte einen Kopf mit funkelnden Augen, spitzen Ohren und furchtbarem Rachen vom Rumpf, der zuckend an einer Dornenranke hängenblieb.
„Oniak!“ schrie Mythor, ohne auf die Krieger zu achten, die sich um die am Boden liegende Nura kümmerten. Er bahnte sich mit den Eilbögen eine Gasse durch die Männer, die sich wie rasend gebärdeten. Jene, die vor den Büschen, in denen der Grünhäutige verschwunden war, gegen das letzte noch lebende Ungetüm kämpften, mußten über die blutbesudelten Leichen ihrer Kameraden steigen. Ein Streich mit Alton beendete das dämonische Leben. Mythor zerrte die Kreatur an den Flügeln zur Seite und suchte vergeblich nach einer Spur des Verschwundenen.
„Oniak! Komm zurück!“
Er erhielt keine Antwort. Mit einem Fluch stürzte er sich in das Dickicht, warf Bogen, Köcher und Steinbeil fort, die ihn nur behinderten, und ließ das Gläserne Schwert in Aste und Stämme fahren. Kleines Getier floh ins Unterholz. Mythor steigerte sich in einen wahren Rausch hinein, versuchte, etwas im Dunkel zu erkennen, doch die blassen Blätter der Pflanzen schienen selbst das letzte Licht noch zu schlucken. Instinktiv hielt er sich fern von den leuchtenden Blüten oder schlug sie ab, wenn sie sich ihm in den Weg schoben. Dies war kein Leben, das seine Energie aus dem Licht der Sonne bezog. Andere Kräfte speisten und lenkten es.
„Oniak!“
Mythor blieb stehen und lauschte. Wie aus weiter Ferne hörte er die Stimmen der Krieger, die wild
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