Im Reich der Löwin
glänzten, ihn mit belegter Stimme auf. »Es gibt Dinge, um die wir uns kümmern müssen.« Mit einem schwachen Kopfnicken folgte Roland dem alten Ritter ins Freie, wo vor dem Hintergrund eines feurigen Sonnenunterganges die trotz Richards Begnadigung gehängten Garnisonsmitglieder der Festung an den schlampig gefertigten Galgen hin und her schwangen. »König John muss benachrichtigt werden«, stellte der Earl of Pembroke nüchtern fest und winkte einen Boten herbei, dem er eine Pergamentrolle in die Hand drückte. »Er hat gewonnen«, flüsterte Roland erstickt. »Aber er wird niemals so hell scheinen wie Richard.« Ehe William Marshal etwas darauf erwidern konnte, wandte er dem Ritter hastig den Rücken und eilte in Richtung Waldrand davon, um mit seiner Trauer alleine zu sein.
Nachwort
Fakten und Fiktion
Wie bei all meinen Romanen habe ich mich auch bei »Im Reich der Löwin« bemüht, die historischen Fakten so weit als möglich zu berücksichtigen. Dennoch war es auch hier an manchen Stellen nötig, Ergänzungen vorzunehmen, beziehungsweise Personen und Handlungsorte umzudefinieren. So musste beispielsweise der Earl Robert of Leicester, der sich zur Zeit unserer Geschichte in französischer Gefangenschaft befand, einem der Protagonisten – Harold of Leicester – weichen, der gleichzeitig in Personalunion mit dem Earl of Huntingdon gehen musste. Die beiden unehelichen Söhne von König Henry, Roland und Henry Plantagenet, sind frei erfunden (die Historiker mögen mir vergeben). Der normannische Söldnerführer Mercadier musste aufgrund der poetic justice einige Jahr vor seinem verbrieften Ableben den Tod finden, über seine Herkunft sind sich die Quellen uneinig. Ein Teil siedelt ihn in Südfrankreich an, ein anderer in der Normandie – ich habe mich für Letzteres entschieden. Auch die Charakterzüge der Gefolgsleute von Richard Löwenherz und Philipp von Frankreich mussten teilweise den Anforderungen der Handlung unterworfen werden. Den Titel »deutscher Kaiser« habe ich verwendet, obwohl dieser offiziell erst wesentlich später eingeführt wurde. Gemeint ist natürlich der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation – ein Titel, der leider ein wenig sperrig wirkt im Text. Außerdem habe ich einige andere modernere Bezeichnungen gewählt (z. B. die Deutschen, Franzosen, Österreicher, etc.), die zur damaligen Zeit noch ungebräuchlich waren, den Nachvollzug der Ereignisse jedoch erleichtern.
Sowohl die Geschehnisse um Berengaria von Navarra als auch diejenigen um Aliénor von Aquitanien sind mit einer gewissen dichterischen Freiheit behandelt worden (nicht aber die Charakterzeichnung der Königinmutter, die der Liebe tatsächlich sehr frei gegenüberstand). Aliénor von Aquitanien war eine der mächtigsten Frauen des Mittelalters – Frau zweier Könige und Mutter zweier Könige. Bis zu ihrem Tod hat sie die politischen Entwicklungen in Europa entscheidend beeinflusst. Nahezu sämtliche Szenen, die Richard Löwenherz in öffentlicher Funktion zeigen, sind durch Quellen belegt (Friedensküsse, Begegnungen mit Philipp von Frankreich, die Vergebungsszene mit seinem Bruder John, sein Tod durch den Armbrustschützen etc.), entsprechen also den Tatsachen, auch wenn sie den modernen Betrachter manchmal ein wenig seltsam anmuten.
Den beschriebenen Festungen wurden für die Zeit typische Baupläne zugrunde gelegt, da z. B. die Burg in Tours erst 1260 erbaut wurde. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle den Organisatoren des Burgenbauprojektes Guédelon, die mir bereitwillig Informationen über den mittelalterlichen Burgbaubetrieb haben zukommen lassen und viele meiner Fragen beantwortet haben.
Die Vorgeschichte der Feindschaft zwischen Richard Löwenherz und Philipp von Frankreich kann im ersten Band dieses Zweiteilers, Schwerter und Rosen , nachgelesen werden. Seit dem erfolglos verlaufenen dritten Kreuzzug waren die beiden Monarchen aufs Äußerste zerstritten, und sämtliche Intrigen sowie die Hetzjagd quer durch Frankreich entsprechen den historischen Fakten.
Der FitzOsbern-Aufstand in London ist ebenfalls historisch verbrieft, da es ein Großteil der Engländer tatsächlich satthatte, die Streitereien ihres Königs zu unterstützen. Vielleicht noch ein paar Worte zur Robin Hood Legende. Da die Geschichte um diesen berühmten »outlaw« in vielen unterschiedlichen Versionen vorliegt, habe ich ihn so dargestellt, wie ich es im Rahmen der Handlung plausibel fand. Ob er nun tatsächlich
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