Im Reich der Vogelmenschen
darüber klar, daß die Sessa nicht gewohnt war, daß sich jemand ihren Wünschen entgegenstellte.
Er konnte es nicht erwarten, den Raum zu verlassen. Die Atmosphäre bedrückte ihn. Außerdem mußte er noch den andern Schiffen seinen Besuch abstatten. Schweigend folgte er Dorilee auf dem gleichen Wege, den sie gekommen waren. Er trat an die Reling und deutete auf die drei Schiffe, die in einiger Entfernung auf der Steuerbordseite lagen. Ganz links befand sich das größte all der Schiffe, die in diese Zeit versetzt worden waren. Fast geradeaus wiegte sich eine schmucke blaue Jacht auf den Wellen, und schließlich kam das lange dunkle Fahrzeug, das wie ein U-Boot ohne Kommandoturm aussah.
»Wer lebt auf diesen Schiffen?« fragte Kenlon. Dorilees gutgeschnittenes Gesicht nahm einen nachdenklichen Zug an.
»Bisher ist es niemandem gelungen, mit dem Schiff, das so tief im Wasser liegt, in Verbindung zu treten«, sagte sie. »Auf dem blauen Fahrzeug befindet sich ein einziger Mann. Er ist ein friedfertiger Typ aus einer weitaus jüngeren Periode als der Clen-Zeit. In gewissem Sinne verfügt er über ziemliche Macht, aber sie stellt keine Bedrohung dar. Was das große Schiff betrifft…«
Sie legte die Stirn in Falten. Dann erklärte sie zögernd, daß es sich bei dem großen Schiff um die Segomay 8 aus dem Jahre 2852 handelte, deren Besatzung bereits durch gewisse Anspielungen und versteckte Drohungen, die sich auf die vielen Frauen in der Umgebung der Sessa Clen bezog, unangenehm aufgefallen war.
»Dorthin werden wir Sie nicht bringen«, schloß sie. »Aber sie haben eines jener automatischen Übersetzungssysteme, so daß Sie mit Kapitän Gand sprechen können, wenn Ihnen daran liegt.«
Sie mußte seiner Miene ansehen, daß er großen Wert auf diese Unterhaltung legte, denn sie rief einen Befehl in ihrer Sprache. Kurz darauf brachte ein uniformiertes Mädchen Kenlon ein kleines Mikrophon, und Dorilee sagte: »Sie können sprechen, Kapitän Grand hört sie.«
Kenlon hob das winzige Mikrophon an die Lippen und sagte: »Hallo, Kapitän – hier spricht Kenlon, Kommandant des U-Bootes.«
Die Antwort kam in tiefem Bariton, und es schwang zynische Anerkennung darin: »Sie sind also schon auf dem Sessa-Clen-Schiff. Alle Achtung, das nenne ich schnelle Arbeit. Wie ist es, Kenlon, sind die Damen dort hübsch?«
Kenlon erwiderte, daß er darauf nicht geachtet habe.
»Nicht daß es wichtig wäre«, fuhr Kapitän Gand fort. »Wenn wir einen Weg finden könnten…« Er brach ab, sagte dann düster: »Es ist eine verteufelte Situation, Kenlon, wenn Menschen wie Ihnen und mir plötzlich klar wird, daß sie aus einer primitiven Zeit stammen und daß ein paar Dutzend Weibsleute ihnen in allen wissenschaftlichen Dingen haushoch überlegen sind. Sogar ihr kleines Flugboot scheint es in sich zu haben.«
»Was meinen Sie damit?«
»Wir haben versucht, es mit unserm Zugstrahler zu angeln«, erklärte Kapitän Gand. »Und wissen Sie, was geschah? Statt des Flugbootes saugte unser Strahler das halbe Meer an. Meine Techniker haben bis heute nicht begriffen, wie sie das angestellt haben.«
Kenlon war an allen wissenschaftlichen Problemen interessiert, aber hier kam es ihm in erster Linie darauf an, in Erfahrung zu bringen, wie es um die Ausrüstung von Gands eigenem Schiff bestellt war. Ein Frage- und Antwortspiel von wenigen Minuten genügte, um ihn ins Bild zu setzen.
Die Segomay 8 war zu dem Zweck geschaffen, Unterwasserinstallationen zu errichten und zu demontieren. Sie diente ferner als Versorgungsschiff für den Maschinenpark und die Raststätten, mit denen der Meeresgrund des 29. Jahrhunderts übersät war, und versorgte einen Teil der fast tausend Unterwasserförderbetriebe, die während des ganzen Jahres arbeiteten. Aber es fehlten ihr die Mittel, etwas gegen die Unterwasserstadt der Fischmenschen zu unternehmen.
»Wir haben es versucht«, erklärte Gand in bitterem Ton, »aber es war eine Kleinigkeit für sie, die Werkzeuge, die wir herabließen, einfach abzutrennen.«
Kenlon entnahm dieser Feststellung, daß Gand für die Vernichtung der Fischmenschen war und stellte eine entsprechende Frage.
»Aber natürlich!« Gands Stimme klang überrascht. »Jeder Tag, den ich hier verbringe, bedeutet einen finanziellen Verlust für meine Auftraggeber, und es wird mir verdammt schwerfallen, zu erklären, wo ich solange gesteckt habe. Zögern Sie Ihre Entscheidung also nicht allzu lang hinaus. Haben Sie sich schon Gedanken
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