Im Reich der Vogelmenschen
Rücklauf, bis das Boot etwa eine Meile von dem wie ein Torpedo geformten Schiff der Fremden zum Halten kam.
Kenlon stieg in das Motorboot, das auf das Wasser herabgelassen wurde. Sobald das Boot von den Leinen befreit war, setzte Kenlon den Motor in Gang und begann seine einsame Fahrt. Die Szene ringsum war ihm inzwischen natürlich vertraut geworden. Da waren die anderen Schiffe aus den verschiedenen Perioden der Menschheit, die zeitlose See mit rauschenden, weißgekrönten Wellen, und der weite Horizont …
Aber aus den Augenwinkeln sah Kenlon den Horst der Vogelmenschen, ein unglaubliches Gebilde, das den normalen Eindruck des weiten Ozeans störte, der seit so vielen Jahren seine zweite Heimat geworden war.
Ein närrischer Gedanke ließ Kenlon nicht los. Bin ich wirklich hier? fragte er sich. Ist dies alles real? Er fühlte sich wie ein Kind, das eine Erklärung für etwas Unerwartetes sucht.
Aber wie schon in der Vergangenheit, erkannte er auch jetzt, daß es in seiner Natur lag, vorsätzlich das Ungewöhnliche zu suchen. Es konnte keine Rede mehr davon sein, daß er überraschend und ohne sein Zutun in diese Lage gedrängt worden war.
Während er das Schiff beobachtete, dem er von Minute zu Minute näherkam, wurde ihm klar, daß er sich Benjamins Erklärung vom Abend zuvor zu eigen gemacht hatte – es mußte sich um ein Raumschiff handeln, das der Erde vor langer Zeit einen Besuch abgestattet hatte.
Und aus der Tatsache, daß sie in einem Wasserraumhafen gelegen hatten, ging hervor, daß ihre Anwesenheit bekannt war und daß die menschlichen Wesen jener geschichtlichen Periode nichts gegen ihren Besuch einzuwenden gehabt hatten.
Darum war der Zeitpunkt gekommen, nichts unversucht zu lassen, um mit ihnen in Verbindung zu treten – in aller Offenheit und ohne jede Drohung. Dann galt es herauszufinden, wie sie sich in einen Plan einfügen ließen, der es ihnen allen ermöglichte, in ihre eigene Zeit zurückzukehren.
Sein kleines Boot war nur noch zweihundert Meter von dem tiefliegenden Schiff entfernt. Er schaltete den Motor ab und ließ sich langsam auf das Schiff zutreiben.
Sekunden später geschah, was er erhofft hatte.
Der gleiche Aufbau, der in der Nacht zuvor plötzlich sichtbar geworden war, schob sich vom Deck des Schiffes in die Höhe. Er wuchs gute acht Fuß hoch auf, höher als Kenlon es in der Erinnerung hatte. In dieser Stellung verhielt er. Eine Tür glitt auf, eines der seltsamen Wesen trat heraus, zwei weitere folgten ihm.
Sie standen aufrecht. Kenlon hatte in der Nacht also richtig gesehen. Sie sahen aus, als hätten Krokodile Arme und Beine entwickelt – und die Fähigkeit, das Gleichgewicht zu halten und sich leicht, fast graziös zu bewegen, überraschte Kenlon. Ihre Augen musterten Kenlon abschätzend. Selbst auf diese Entfernung entging ihm die Intelligenz nicht, die aus ihnen sprach.
Plötzlich hob eines der drei Geschöpfe einen Arm und winkte ihm, näherzukommen. Die Art, wie es den Arm bewegte und die Finger spreizte und keinen Zweifel am Sinn dieser Geste ließ, war durchaus menschlich in ihrer Bedeutung. Kenlon hatte den Eindruck, daß diese Wesen gelernt hatten, menschliche Bewegungen nachzuahmen.
Daraus schloß er, daß eine lange Verbindung zwischen ihnen und den Menschen bestanden hatte, daß ihnen die menschliche Natur nicht fremd war – daß sie aber wahrscheinlich vollkommen verblüfft waren, sich unter diesen Umständen wiederzufinden – in einem Zeitalter endloser Wassermassen.
Während diese Gedanken ihn beschäftigten, manövrierte er sein Fahrzeug neben das der Fremdlinge.
Einer der Echsenmenschen deutete nach vorn. Kenlon steuerte sein Boot in die angegebene Richtung, und er sah, daß an einer Stelle eine Leiter aus dem Wasser führte. Eine Reihe von Öffnungen war offensichtlich dazu bestimmt, Boote festzumachen.
Kenlon verknotete die Leine, dann setzte er den Fuß auf die höchste Stufe, die er erreichen konnte – sie lag immer noch mehrere Zoll unter Wasser.
Er stieg die Treppe hinauf, wo man ihm den Weg zu einer offenen Tür wies. Er durchschritt sie und schauderte, als er an den Echsenwesen vorüberging. Ihre Nähe erfüllte ihn mit tiefer Furcht. Er fühlte, wie ihn ein Schauder überlief.
Die Fremdlinge blieben dicht hinter ihm, als er auf den kahlen Metallboden hinter der Tür trat. Er blickte zurück und sah, daß die Tür geräuschlos zuglitt, ohne daß der geringste Spalt sichtbar blieb. Offensichtlich schloß sie Wasser und Luft
Weitere Kostenlose Bücher