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Im Reich der Vogelmenschen

Im Reich der Vogelmenschen

Titel: Im Reich der Vogelmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt und E. Maine Hull
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hatten schöne Hände und schienen unberührt von der Härte des Windes und der ständigen Feuchtigkeit der Nebel unten.
    Die Frauen waren es, die mit dem Gesang begannen. Lieblich erfüllten ihre Stimmen die Stille, es war, als fielen sie nacheinander in den schwellenden Chor ein.
    Ihre Stimmen waren wie klares Wasser, sie stiegen auf der Tonleiter eines Gesanges, der fast unerträglich zart war, obwohl er weder einen Rhythmus noch eine Melodie erkennen ließ. Traurigkeit und Freude zugleich klangen aus den Tönen und Halbtönen.
    Die Männer stimmten in den Gesang ein, und Kenlon sah, daß die ganze Gruppe nun im Einklang flog und sang. Der Gesang schien von einer alten und sanften Rasse zu erzählen, die von einer Tragödie überkommen worden war. Kenlon fing nur Bruchstücke der Worte selbst auf, konnte aber bald ihren Sinn erraten. Wie die Musik, hatten auch die Worte keine Reime und kein Versmaß:
     
    *
     
    »Wir sind die Beschwingten.
    Wir singen von altem Ruhm und von einer zukünftigen Welt.
    Wenn das Wasser verschwunden ist und es wieder Land gibt, um unsere Füße zu halten.
    Für 999 Drei-Einheiten haben wir uns den Glauben an unsere Bestimmung bewahrt.
    Wir haben Kinder geboren, um die Menschenrasse fortzusetzen.
    Ihre Kinder haben wieder Kinder geboren.
    Wir haben so gelebt, wie der Rat es uns gebot.
    Jetzt werden wir bedroht.
    Die Menschen der See neiden uns unsere Schwingen.
    Sie wollen uns herabziehen.
    Und wir haben keine Waffen.
    Wir haben kein Material, aus dem wir Waffen machen könnten.
    Wir haben nur den Rat, der uns sagt, daß wir tapfer sein sollen.
    Und Glauben und Hoffnung an die Zukunft nicht aufgeben dürfen.
    Wir haben Glauben und Hoffnung an die Zukunft.
    Aber wir sind bestürzt; wir fühlen, daß eine feste Handlung nötig ist.
    Für 999 Drei-Einheiten müssen wir unser Leben leben;
    Solange müssen wir warten, die Zeit vergehen lassen, bis die Erde einst wieder ein grünes Paradies wird.
    Dann werden wir unsere Schwingen ablegen
    Und uns an die Arbeit machen.
    Es wird uns schwerfallen,
    Denn wir sind die Beschwingten.«
     
    *
     
    Der Gesang verklang allmählich, bis zuletzt nur noch eine einzige kristallklare weibliche Stimme ihn aufrecht erhielt, die dann auch schwieg.
    Die Gruppe flog nun schneller, in Neunerreihen, das Ganze wurde zu einem verwirrenden Schwingentanz. Schneller, schneller – wirbelnd, hinabtauchend, sich überschlagend, aber immer in perfekter Übereinstimmung der Bewegungen. Das Manöver war hundertmal komplizierter als irgendein irdischer Tanz, mit dreidimensionalen Bewegungen, die symbolischer Ausdruck des vorangegangenen Gesanges waren. Traurig und sehnsuchtsvoll, aber auch voll innerer Freude, bedrückt von der Unsicherheit der Gegenwart, endete die Demonstration schließlich damit, daß die einzelnen Neunergruppen sich in einer Reihe von Kreisen um eine zentrale Neunergruppe bewegten.
    Ein Mann begann mit sanfter und doch volltönender Stimme zu sprechen:
    »An diesem Tage werden wir über die Geschichte der geistigen Entwicklung der mächtigen Festlandbewohner erzählen, wie sie uns aus den bekannten Sagen der letzten neun Jahre vor der Katastrophe zu Ohren gekommen ist. Möge niemand daran zweifeln, daß die Menschheit in jenen dunklen, tapferen Tagen ihren geistigen Zenit erreichte und daß ihre wahre Größe angesichts des endgültigen Unheils enthüllt wurde wie nie zuvor in der Geschichte dieser unserer alten Erde. Wir …«
    Die Stimme entfernte sich. Die Szene löste sich auf.
    In der nächsten Sekunde fand Kenlon sich im Wasser schwimmend wieder.
     

16
     
    Das Wasser war warm; das war alles, was er zuerst empfand. Es war schwer zu erkennen, weil der Körper, in dem er sich befand, der Umgebung keine besondere Aufmerksamkeit schenkte, wie er nach kurzer Zeit feststellte.
    Zu Bewußtsein kam ihm, daß eine starke Strömung herrschte, in der er mittrieb und nur gelegentlich mit einem Arm- oder Beinschlag nachhalf. Sein Blick erfaßte den Meeresgrund etwa fünfzig Fuß tiefer, etwa aus gleicher Höhe fiel Licht in das Wasser. Ein Dutzend menschenähnliche Gestalten schwamm in seiner Nähe. Er gehörte zu einer Gruppe von Fischern, die wahrscheinlich im flachen Wasser nahe einer Küste schwamm.
    Kenlon versuchte zu begreifen, was diese neue Lage bedeutete. Die Erklärung kam ihm klar und überzeugend. Er wurde mit der allgemeinen Situation vertraut gemacht. Zuerst zeigte man ihm das Leben und die Ziele der Vogelmenschen, jetzt die der

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