Im Reich des Vampirs
wartete, die er für mich plante, als mit diesen Schrecken beginnen, damit ich mich genauso hilflos fühlte wie er. In all den Wochen, die er in seinem Versteck gelegen und gegen das Gift in seinem Körper angekämpft hatte, hatte er meinen Tod in allen Einzelheiten geplant, und jetzt lieà er sich lange Zeit, um alles in Szene zu setzen. Erst nachdem er mich genügend verletzt hatte, ohne mich zu verunstalten, würde er mich zum Krüppel machen. Er hatte mir klargemacht, dass ich für jedes Stück, das er verloren hatte, auch eines verlieren würde. Er hatte einen Arzt an seiner Seite, der nach jedem seiner barbarischen Operationen Ordnung schaffen sollte, um mich am Leben zu erhalten.
Kurz vor meinem Tod würde ich genauso wahnsinnig sein wie er.
Anfangs hielten mich zwei seiner Unseelie im Zaum. Die schickte er dann weg, kam in meine Zelle und begann mit einem persönlicheren Angriff. Er schien zu glauben, dass uns etwas Besonderes, etwas Intimes verband. Er redete unaufhörlich, während er mich verletzte, erzählte mir Dinge, die nicht bis zu meinem vom Schmerz vernebelten Bewusstsein vordrangen, aber später, wenn ich einen klareren Kopf hatte, wieder an die Oberfläche kommen würden und mir klarmachten, dass er sich tatsächlich in seiner Fantasie schon ausführlich mit mir unterhalten hatte. Seine Worte waren einstudiert und wurden mit untadeligem Timing abgeliefert,um ein Maximum an Schrecken zu bewirken. Der Vampir Mallucé mit seinem Addams-Familiy-Horror-Herrenhaus, seinen Steampunk-Klamotten und der verführerischen Darstellung des Todes war immer schon ein Showman gewesen und ich war sein letztes, gebanntes Publikum. Er war entschlossen, diesen finalen Auftritt zu seinem gröÃten zu machen. Ehe er mir ein Ende bereitete, so kündigte er an, würde ich mich an ihn klammern, ihn um Beistand und Trost anflehen, noch während er mich vernichtete.
Es gibt eine körperliche und eine psychische Folter. Mallucé war ein Meister in beidem.
Ich hielt mich wacker und schrie nicht zu viel. Noch nicht. Ich krallte mich an das kleine Rettungsboot Optimismus im Meer der Schmerzen, redete mir ein, dass alles gut werden würde, dass Mallucé meinen Armreif an sich genommen hatte und sich genauso wenig von ihm trennen würde wie von seinen anderen Schätzen, die ihm noch von Nutzen oder wertvoll und alt sein könnten.
Ich beruhigte mich mit dem Gedanken, dass er ihn in einer der Höhlen aufbewahrte und Barrons ihn schlieÃlich aufspüren und mich finden würde. Der Schmerz hörte sicher irgendwann auf. Ich würde nicht hier unten sterben. Mein Leben war noch nicht vorbei.
Dann lieà er die Bombe platzen.
Er schob sein Gesicht mit einem schwielig leprösen Grinsen so nahe an meins, dass mich der Gestank nach Verwesung schier erstickte, und versenkte mein Rettungsboot auf den Meeresgrund. Er riet mir, Barrons zu vergessen, falls ich noch auf Rettung durch ihn hoffte und mich der Gedanke an ihn vor der blinden Panik bewahrte. Barrons würde mich hier niemals suchen. Dafür habe Mallucé selbst gesorgt, als er mir den »schlauen kleinen Peil-Armreif« abgestreift und zusammen mit meiner Handtasche und denKleidern in der öden Gasse inmitten von Glasscherben und Abfall zurückgelassen hatte.
Jäger hatten uns hierhergeflogen; wir hatten keine Spuren hinterlassen, denen man folgen könnte. Sie waren reine Söldner, und Mallucé hatte ihnen mehr geboten als der Lord Master, um sich vorübergehend ihre Dienste zu sichern. Es gab keine Möglichkeit, dass mich Jericho Barrons oder irgendjemand sonst finden und retten könnte. Ich war vergessen und verloren. Das hieÃ: er und ich â ganz allein im Bauch der Erde bis zum bitteren Ende.
Begriffe wie »Bauch der Erde« gingen mir richtig an die Nieren. Der Gedanke an den Armreif, der nutzlos in der Gasse lag, machte mir noch mehr zu schaffen. Ich war Stunden von Dublin entfernt unter tonnenschweren Felsen.
Mallucé hatte recht; ohne den Armreif würde man mich nie finden, weder lebend noch tot. Alinas Leichnam hatten Mom und Dad wenigstens wiederbekommen. Meiner würde für immer verschwunden bleiben. Konnten sie es überhaupt verkraften, wenn die zweite Tochter plötzlich wie vom Erdboden verschluckt war? Der Gedanke an sie war unerträglich.
Barrons war mir keine Hilfe. Und auf Vâlane konnte ich nicht bauen. Wäre er
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