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Im Reich des Vampirs

Im Reich des Vampirs

Titel: Im Reich des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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riss, taumelte ich rückwärts gegen die Felswand, aber das Amulett ließ ich nicht los.
    Einen Augenblick starrte mich Mallucé verständnislos an; seine behandschuhte Hand legte sich an den Hals, und ich wusste, dass er überlegte, wie ich das Amulett an mich gebracht hatte, während er den letzten Besitzer geköpft hatte, um es ihm herunterzureißen. Dann verzerrte sich sein grausiges Gesicht vor Wut. Er stürzte sich mit gefletschten Zähnen und fliegenden Fäusten auf mich und versuchte, mir das Amulett wegzunehmen, ehe ich seine Magie einsetzen konnte.
    Ich krümmte mich, hielt es fest, beschützte es und konzentrierte mich mit aller Macht.
    Nichts passierte.
    Ich zog mich an den heiß glühenden Ort in meinem Gehirn zurück und setzte all meine Willenskraft in das Amulett. Vernichte ihn, befahl ich. Zerfetze ihn. Töte ihn. Rette mich. Bring ihm den Tod. Lass mich am Leben. Hindere ihn daran, mich zu schlagen. Halte ihn auf. Halte ihn auf.
    Weitere Schläge prasselten auf mich nieder. Ich hatte überhaupt keinen Einfluss auf die Realität.
    Das Amulett war kälter als der Tod und die Kälte fuhr meinen Arm hinauf. Es verströmte dunkles Licht, bot mir seine grausige ungeheure Macht an. Es hatte eine Art Schattenleben, dieses arktische Ding in meiner Hand. Ich spürte, wie es pulsierte, das Pochen eines ungeduldigen dunklenHerzens. Ich spürte, dass es mir zu Diensten sein wollte. Es hungerte nach einer Aufgabe, aber etwas verstand ich nicht; ich müsste irgendwas tun, um es zu meinem Amulett zu machen. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich die Kette nicht zerrissen hatte; sie war aus eigenem Antrieb zu mir gekommen, hatte sich aus freiem Willen dazu entschieden, weil es spürte, dass ich seine Magie nutzen konnte.
    Jetzt musste ich herausfinden, wie ich es aktivieren konnte.
    Was musste ich tun?
    Mallucés Zähne bohrten sich in meinen Hals und rissen Fleisch heraus. Seine behandschuhte Hand boxte mich mit Wucht in die Seite, wollte mich zwingen, mich aufzurichten und das Amulett freizugeben. Der Schmerz wurde so überwältigend, dass ich nicht mehr denken konnte.
    Das dunkle Heiligtum war nutzlos.
    Wenn ich Zeit hätte zu lernen, wie ich es einsetzen konnte, dann hätte ich eine Chance.
    So war es mir nur gelungen, Mallucé zur Weißglut zu bringen: Ich hatte besondere Kräfte bewiesen, die er nicht besaß.
    Während er weiter auf mich einschlug, hatte ich einen unverhofften Einblick in seinen Charakter: Hinter der Fassade des grässlichen, schurkischen Vampirs steckte ein verweichlichter, verwöhnter Tyrann. Er war kein Soziopath, sondern ein unbeherrschtes, trotziges Kind, das es nicht aushalten kann, wenn ein anderes Kind schönere Spielsachen, mehr Reichtum, mehr Macht oder – in meinem Fall – mehr Kraft hat. Alles, was er nicht haben, tun oder sein konnte, zerstörte er. Meine Gedanken schweiften zu den Toten im Palast des Walisers, zu der schrecklichen Brutalität, mit der er gemordet hatte.
    Niemand kam mir zu Hilfe. Ich konnte das Amulett nichtfür mich wirken lassen. Gleichgültig, wie verwest Mallucé war, körperlich konnte ich ihm niemals Paroli bieten. Für mich gab es keinen Ausweg. Das war die bittere Wahrheit.
    Wenn man jede Kontrolle über das eigene Leben verliert und der Tod unausweichlich ist, wenn man vielleicht nur noch beeinflussen kann, ob man schnell oder langsam stirbt, dann schrumpft das Dasein zu einer bitteren Pille zusammen. Die Schmerzen erleichterten es mir, sie zu schlucken.
    Ich würde nicht zulassen, dass Mallucé mich langsam lähmte und mir das Bewusstsein raubte. Manches ist fürchterlicher als der Tod.
    Er war in blindwütiger Rage und kurz davor, die Beherrschung vollkommen zu verlieren. Ich wappnete mich innerlich, ihn noch mehr gegen mich aufzubringen.
    Ich erinnerte mich an das, was mir Barrons über die Vergangenheit von John Johnstone, Jr., erzählt hatte. Über den mysteriösen »Unfalltod« seiner Eltern, davon, wie schnell er sich von allem getrennt hatte, wofür seine Eltern gelebt hatten. Und mir fiel ein, wie Barrons Mallucé mit Anspielungen auf seine Herkunft provoziert hatte und der Vampir wütend geworden war und seinen irrationalen Hass auf seinen Geburtsnamen offenbart hatte. »Wie lange bist du schon geistesgestört, J.J.?«, keuchte ich zwischen seinen Schlägen. »Warst du bereits so, bevor du deine

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