Im Schatten der Akazie
erfüllter Tag seinem Ende zu. Die Katze schnurrte auf Tanits Schoß.
Da erklang das Geräusch eines Hufschlags … Uriteschup kehrte zurück!
Der Hethiter tauchte auf, sichtbar bester Stimmung.
»Komm, meine Schöne!«
Tanit warf sich in die Arme ihres Geliebten, der ihr das Kleid vom Leib riß und sie auf die Kissen warf.
»Mein Liebling … habe ich dich endlich wieder!«
Seine Hemmungslosigkeit machte Tanit überglücklich, denn Uriteschup verschlang sie geradezu.
»Welcher Kummer hat an dir genagt?«
»Ich glaubte mich allein gelassen … Aber Malfi lebt noch und bemüht sich nach wie vor, die libyschen Stämme miteinander zu verbünden. Einer seiner Boten hat Verbindung mit mir aufgenommen, damit ich die Zuversicht nicht verliere.
Der Kampf geht weiter, Tanit, und Ramses ist nicht unverwundbar.«
»Vergib mir, daß ich es dir noch einmal sage, Liebster …
Aber dieser Malfi macht mir angst.«
»Die Hethiter ziehen sich in ihre Feigheit zurück. Allein die Libyer können sie aus dieser Erstarrung aufschrecken, und Malfi ist der Mann der Stunde. Uns bleibt keine andere Wahl als Gewalt und ein Kampf auf Leben und Tod … Und verlasse 307
dich darauf, daß ich ihn gewinnen werde!«
Tanit, deren Sinnenlust gestillt war, schlief bereits, indes Uriteschup, den Kopf voll blutrünstiger Träume, noch auf einem mit einem Binsengeflecht bespannten Stuhl im Garten saß, den aufgehenden Mond betrachtete und ihn um Beistand anflehte.
»Ich werde mehr bewirken als dieses Gestirn«, murmelte hinter ihm eine Frauenstimme.
Der Hethiter wandte sich um.
»Du, Maat-Hor … Du setzt dich großen Gefahren aus!«
»Die Königin wird wohl noch gehen dürfen, wohin sie will.«
»Du siehst enttäuscht aus … Hat Ramses dich verstoßen?«
»Nein, natürlich nicht!«
»Weshalb bist du dann hier, so still und heimlich?«
Die schöne Hethiterin hob die Augen zum sternenbesäten Himmel empor.
»Du hast recht gehabt, Uriteschup. Ich bin Hethiterin und werde es bleiben … Nie wird Ramses mich als seine Große königliche Gemahlin anerkennen. Und nie werde ich so geachtet werden wie Nefertari.«
Maat-Hor konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Als Uriteschup sie in die Arme schließen wollte, entzog sie sich ihm jedoch.
»Ich bin töricht … Weshalb weine ich eigentlich über eine Niederlage? So verhalten sich Schwache! Eine hethitische Prinzessin darf nicht Mitleid mit sich selbst haben und ihr Schicksal beklagen.«
»Du und ich, wir sind zum Siegen geboren.«
»Ramses hat mich gedemütigt«, gestand Maat-Hor. »Er hat mich wie eine Dienerin behandelt! Ich liebte ihn, ich war 308
bereit, eine große Königin zu werden, ich habe mich seinem Willen gebeugt, aber er hat mich voller Verachtung mit Füßen getreten.«
»Bist du entschlossen, dich zu rächen?«
»Ich weiß es nicht … Ich weiß nichts mehr.«
»Bewahre einen klaren Kopf, Maat-Hor! Eine Demütigung hinzunehmen, ohne dich zu wehren, hieße Feigheit und wäre deiner unwürdig. Daß du hier bist, bedeutet doch, daß du bereits eine Entscheidung getroffen hast.«
»Schweig, Uriteschup!«
»Nein, ich werde nicht schweigen! Hatti ist nicht besiegt, es kann noch immer seinen Stolz wiedererlangen. Ich habe mächtige Verbündete, Maat-Hor, und wir haben einen gemeinsamen Feind: Ramses.«
»Ramses ist mein Gemahl.«
»Nein, er ist ein Tyrann, der dich verachtet und der bereits vergessen hat, daß es dich überhaupt gibt. Handle, Maat-Hor, handle, wie ich es dir vorgeschlagen habe. Das Gift steht zu deiner Verfügung.«
Ihren Traum töten … Konnte Maat-Hor die Zukunft zerstören, die sie so sehr ersehnt hatte, und dem Leben des Mannes ein Ende setzen, für den sie unbändige Leidenschaft empfunden hatte, des Pharaos von Ägypten?
»Entschließe dich«, verlangte Uriteschup.
Die Königin floh in die Nacht.
Mit einem Lächeln auf den Lippen stieg der hethitische Krieger zum Dach des Hauses hinauf, um auf der Terrasse dem Mond näher zu sein und ihm zu danken. Plötzlich vernahm er hinter sieh Schritte.
»Wer schleicht mir nach?«
»Ich bin es, Tanit.«
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Der Hethiter packte die Phönizierin an der Kehle.
»Hast du uns belauscht?«
»Nein, ich …«
»Du hast alles gehört, nicht wahr?«
»Ja, aber ich werde es für mich behalten, ich schwöre es.«
»Gewiß, mein Liebling, du wirst doch nicht einen tödlichen Fehler begehen. Sieh nur, meine Schöne, sieh dir das an!«
Uriteschup zog einen eisernen Dolch aus seinem Gewand und richtete
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