Im Schatten der Blutrose - Vampir-Roman (German Edition)
meiner
Seite war.
„Warum bist du weggegangen?“, fragte er mich fast
schon vorwurfsvoll.
„Ich wollte keinen Streit provozieren. Und da du
offensichtlich keinerlei Intention gehabt hast, die Sache zum Wohle des
Zusammenhalts unter den Vampiren auf sich beruhen zu lassen, habe ich das eben
getan“, antwortete ich schlicht.
„Mir ist klar, dass wir alle zusammenhalten müssen, um
diesen Feind zu besiegen, aber was Antonius da gesagt hat, war einfach unter
der Gürtellinie“, rauchte der Schwarzhaarige noch immer vor Zorn.
„Ich wiederum kann seinen Standpunkt verstehen. Er
denkt eben an alle Eventualitäten, anders, als ein bestimmter junger Mann, der
eher impulsiv handelt.“ Der junge Phynix schien ein wenig zu schrumpfen, wirkte
aber gleichzeitig gekränkt. „Heißt ja nicht, dass es etwas Schlechtes ist.“
Ayden lächelte nur und schüttelte sanft den Kopf, sodass sich seine Haare
wiegten.
„Ich versteh schon“ war das Einzige, was er dazu
sagte. „Sag mal: Wo willst du eigentlich hin?“ Ich konnte ein Grinsen aus
seinen Worten heraushören und ich wusste auch warum. Ich war völlig ziellos mit
ihm durch das Haus gewandert, nur um jetzt festzustellen, dass ich am Ende
eines langen Flures in einer Sackgasse angekommen war.
„Ehm ...“, machte ich verlegen und sah einfach mal aus
dem Fenster direkt vor mir.
„Wo wolltest du denn hin? Fragen wir mal so“, schlug
Ayden versöhnlich vor.
„Ich hatte kein wirkliches Ziel. Ich wollte einfach
nur weg von ihnen ...“
„Das hast du gründlich hinbekommen. Wir sind quasi am
anderen Ende des Hauses.“
„Ich mache eben keine halben Sachen“, verteidigte ich
mich eher kläglich und lehnte mich an die Wand direkt am Fenster, sodass ich
ungesehen hinausblicken konnte. In meinem Rücken ziepte es, aber nicht nur da.
Mein ganzer Körper fühlte sich irgendwie fremd an. Als wäre ich darin nur zu
Gast und nichts weiter. Es war ein befremdliches Gefühl, das mir zugleich einen
Schauer den Rücken hinab jagte.
„Ayden, Leyla?“, ertönte es auf einmal hinter uns,
sodass wir uns umdrehten. Kenneth kam auf uns zu. „Das gerade tut mir außerordentlich
leid. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist.“
„Nicht schlimm. An seiner Stelle hätte ich wohl auch
so gedacht. Es ist kein Verbrechen, sich zu sorgen“, beschwichtigte ich den
aufrichtig zerknirschten Mann.
„Das schon, aber auf der anderen Seite sollte man
niemanden verurteilen, den man noch nicht wirklich kennt.“
„Ich nehme an, auf beiden Seiten sind Fehler gemacht
worden“, schaltete sich Ayden unverhofft ein. Dazu musste man nichts mehr
antworten, weil es wohl den Nagel auf den Kopf traf.
Ich spürte, wie mein Geist wieder abdriftete. Wollte
der Wolf mit mir reden? Aber seit wann tat mein Kopf so weh, wenn er es
versuchte? Ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, ihn zu sehen, aber
letztlich gab ich nach und unterbrach meinen Versuch. Allein schon, weil
Kenneth mit mir redete und ich bereits den Anfang nicht mitbekommen hatte, aber
auch weil ich diese seltsame Migräne nicht ertrug. Mir reichte das befremdliche
Gefühl in meinem Körper, da mussten nicht auch noch Kopfschmerzen dazukommen.
Kurz darauf lief ich seltsamerweise dem Kopf der Familie Phynix hinterher – zum
Wohnzimmer. Er wollte, dass sich die anderen Vampire an mich gewöhnten, am
besten noch mit mir redeten, um zu sehen, dass von mir keine Gefahr ausging.
Ich persönlich glaubte nicht, dass das klappen würde, aber ich tat es trotzdem,
um es zumindest zu versuchen.
Einige der anderen Vampire schienen entgegen meinen
Befürchtungen doch an mir interessiert zu sein und es entwickelten sich
unbefangene Gespräche, zum Beispiel auch über Familienverhältnisse. Das Thema
war mir eigentlich zuwider, trotzdem spielte ich mit. Antonius beobachtete mich
und Ayden, der meine Seite niemals verließ, aufmerksam von einer Ecke des
Raumes aus, in der ein Sessel neben einem Bücherregal stand. Er hielt zwar ein
aufgeschlagenes Buch in den Händen, das er vorgab zu lesen, aber seine Augen
waren kaum auf die Seiten gerichtet. Die Vampire, die mir jedoch von Anfang an
extrem skeptisch und ablehnend gegenübergetreten waren, machten keinerlei
Anstalten, daran etwas zu ändern, sodass ich nach einer Weile unbefangener
Gespräche den Gedanken nicht loswurde, dass das alles, was ich hier tat, doch
irgendwie witzlos war. Den Falten auf der Stirn Antonius' nach zu urteilen,
schien dieser meine stillen Bedenken zu bemerken und
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