Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
ungebetener Gast war die Aussicht auf Erfolg denkbar gering. Vielleicht würde der Pater in Obermanderscheid ihm helfen können, so von Geistlichem zu Geistlichem – oder jedenfalls Beinahe-Geistlichem. Seinen hochgeschätzten Bruder im Herrn sollte er als Nächstes besuchen.
Doch kaum hatte Nikolaus den Hof verlassen und war auf die Straße getreten, öffnete sich bei einem der von Isabe bezeichneten Häuser die Tür, und drei Frauen mittleren Alters kamen heraus. Sie sahen nicht so aus, als hätten sie schwer gearbeitet. In einem Durchschnittshaushalt war während der Woche zur Mittagszeit bestimmt genug zu tun. Miteinander tuschelnd kamen sie auf ihn zu. Waren das die Frauen, die so abfällig über Christina gesprochen hatten? Die mussten hinter der Tür gewartet haben, bis er den Hof verlassen hatte.
Plötzlich rief eine Frau zu ihm herüber: »Seid Ihr der Bursche, der hier ungefragt herumschnüffelt?«
Wie sollte er reagieren? Sollte er die Provokation erwidern und alles nur noch schlimmer machen? Oder hielt er lieber seinen Mund? Er atmete tief durch und versuchte, so sachlich wie nur möglich zu antworten. »Ich suche Wilhelms Mörder.«
Die drei Weiber kicherten hämisch. Eine antwortete: »Da habt Ihr aber was falsch verstanden. Die Mörderin ist doch schon längst geschnappt worden!«
»Nur leider war es Christina nicht.«
»Habt Ihr Euch auch schon in sie verguckt? Hat sie Euch so schnell um den Verstand gebracht?«
Nikolaus war kurz vor dem Platzen. Aber was sollte man von solchen Frauenzimmern erwarten? »Wie kommt Ihr überhaupt darauf, dass ich hier herumschnüffele?«
Die Zweite sagte: »Mein Schwager ist Soldat auf der Burg und hat ganz genau mitbekommen, wie Ihr mit dem blonden Biest gequatscht habt.«
»Meint Ihr, wir bekommen nicht mit, wenn Ihr mit den Heckens redet?«, ergänzte die Dritte. »Wir haben auch gut sehen können, wie Ihr bei der dummen Schnepfe dort drüben wart.«
Er nickte nur. Isabe hatte sie treffend als Tratschtanten bezeichnet. Die drei wussten bestimmt haargenau, was wann in welchem Haus vor sich ging, welche Nachbarn sich gut verstanden und wo es Streit gab. So gesehen wären sie sicherlich sehr hilfreich für seine Nachforschungen – wenn sie nicht solche Furien wären.
Jetzt grölte die Erste, die die Anführerin zu sein schien: »Trierer sind hier nicht gern gesehen. Wir Luxemburger können unsere Angelegenheiten auch allein regeln. Wir brauchen keine Fremden, die unschuldige Leute belästigen.«
Nikolaus konnte sich nun nicht mehr zurückhalten: »Ach, so nennt man das hier! Was wolltet Ihr denn regeln, als Ihr Christina mit Pferdeäpfeln beworfen habt?«
Die Frauen lachten wieder. »Das können wir auch mit Euch machen! Nur zu! An uns soll es nicht liegen.«
»Das wird Ulrich von Manderscheid aber keineswegs gefallen.«
»Was hat der denn damit zu tun?«
»Ich kenne ihn aus Köln. Er wird sich sicherlich dafür interessieren, wieso die Leibeigenen seines Vaters seinen Freund so behandeln. Wollt Ihr das riskieren?«
Mit einem Schlag wurden die drei sehr still. Nikolaus konnte die Zweifel in ihren Gesichtern erkennen. Sagte der Fremde die Wahrheit? Kannte er den Sohn des Herrn wirklich? Oder war das nur eine dreiste Lüge? Aber wer wollte das Risiko eingehen?
Nikolaus´ Stimmung hob sich beträchtlich, und er fragte: »Was habt Ihr gegen Christina, dass Ihr sie so behandelt?«
Die Erste, die Hagere, trat wieder vor. Ihre Stimme war voller Verachtung und Abscheu. »Sie hat es verdient! Sie ist eine schamlose Hure, die unsere Männer verführt! Die Kerle stehen bei ihr doch Schlange. Genauso wie bei ihrer Mutter früher. Sie ist eine Fremde, eine Unruhestifterin. Das Miststück gehört hier nicht hin.«
»Christina wurde doch auch hier geboren. Oder ist sie für Euch nur deshalb eine Fremde, weil Ihr sie nicht mögt?«
Wieder betretenes Schweigen. Statt einer Antwort drehten sich die drei Weiber um und verschwanden im Haus.
Fassungslos schüttelte Nikolaus nur seinen Kopf. Die armen Ehemänner, die solche Biester zur Frau hatten. Die drei waren für Nikolaus das lebende Beispiel, warum er nicht heiraten wollte. Ob eine verheiratete Christina mit der Zeit auch so werden würde? Er wollte es lieber nicht darauf ankommen lassen.
Auf dem Marktplatz
Kaum hatte Nikolaus in Obermanderscheid den Marktplatz betreten, erblickte er den Amtmann Thies im Gespräch mit einigen anderen Männern. Oder eher gesagt: Er redete auf sie ein, während die anderen
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