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Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Titel: Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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dannen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Er schaute ihr hinterher, bis sie durch das Tor verschwunden war.
    War das Leben als Leibeigener in Niedermanderscheid wirklich so schlimm, dass man alles unternahm, um dem zu entfliehen? Sich als Frau sogar einem Fremden an den Hals warf, in der Hoffnung, er würde sie heiraten und freikaufen? Dem jungen Mann fiel die Begebenheit von gestern ein, als die zwei Brüder den Amtmann anbettelten, ihrer durch Kurmund ausgebeuteten Familie zu helfen. Ja, es gab Situationen, die so aussichtslos waren, dass man bereit war, sich selbst zu verkaufen.

Pater Ruprecht
    Nikolaus wollte nun endlich mit dem hiesigen Priester sprechen. Ein Geistlicher sollte schon von Amts wegen ein Interesse daran haben, die Wahrheit und die Gerechtigkeit zu suchen. Schließlich hatte das große Vorbild Jesus Christus die Nächstenliebe als das Kennzeichen seiner wahren Nachfolger definiert. Dieser Verpflichtung konnte und durfte sich keiner entziehen.
    Frohen Mutes betrat Nikolaus die kleine Kirche. Die schmalen Fenster ließen nur wenig Licht herein, sodass man sich erst an das Halbdunkel gewöhnen musste, bevor man etwas erkennen konnte. Ein Duft von Weihrauch hing noch seit der Morgenmesse in der Luft. Der Priester schien nicht gerade sparsam mit dem kostspieligen Harz umzugehen. Nikolaus schritt leise über die von vielen Füßen glatt polierten Bodenplatten und schaute sich neugierig um. Das Gotteshaus war sehr einfach und schmucklos. Es gab weder Malereien an den Wänden noch ein Kruzifix oder eine Madonnenstatue in einer der kleinen Wandnischen. Nur ein großes Kreuz aus dunklem Holz hing über dem Altar. Alles in allem machte der Raum einen düsteren, ja geradezu bedrohlichen Eindruck. Wie konnte man in dieser Atmosphäre Gott überhaupt näherkommen? Wie sollte man hier freudige Dankeslieder singen können? Trotz der sommerlichen Wärme fröstelte es Nikolaus.
    »Kann ich Euch helfen?«
    Erschrocken fuhr der junge Gelehrte herum. Aus einer der dunklen Ecken trat ein Mann mit schwarzer Kutte hervor. Er neigte kurz seinen Kopf, sodass man seine Tonsur erkennen konnte. Er war schätzungsweise Ende fünfzig und hatte ein freundliches Lächeln, das einen angenehmen Kontrast zu der beängstigenden Umgebung bildete.
    Als sich Nikolaus wieder gefangen hatte, antwortete er freudig: »Lieber Bruder, Euch wollte ich unbedingt sprechen.«
    »Ach? Wie kommt´s?«
    Der junge Mann stellte sich als Priester und Abgesandter des Kurfürsten vor, der eigentlich auf dem Weg nach Himmerod war. Der freundliche Hausherr hieß Herrmann Ruprecht. Nikolaus erklärte sein Anliegen.
    »Jaja, mein Lieber. Ich habe schon von Wilhelms Tod gehört. Solch eine Erbarmungslosigkeit hätte ich der Tochter des Müllers nicht zugetraut. Traurig, was aus Menschen wird, wenn sie nicht richtig angeleitet werden.«
    »Wie meint Ihr das? Inwiefern wurde sie nicht richtig angeleitet?«
    »Ihre Mutter starb vor…«, Ruprecht rieb sich die Stirn, »… ja, es muss jetzt vier Jahre her sein. Und so fehlte in den letzten Jahren die mütterliche Zucht, denn ihr Vater ist alles andere als ein umgänglicher Mensch. Ich kenne ihn seit seiner Jugend, er war schon immer sehr verschlossen und ein Einzelgänger.«
    »Und woran starb die Mutter?«
    »Es kam vieles zusammen. Sie machte immer einen zarten, zerbrechlichen Eindruck. Sie war nicht für harte Arbeit geschaffen. Auch außergewöhnliche Schönheit hilft nicht bei der Erledigung der üblichen Pflichten. Die Ehe mit dem Müller soll außerdem nicht besonders glücklich gewesen sein. Sie haben sich oft gestritten. Dann bekam Katharina schweres Fieber, von dem sie sich nicht mehr erholte. Zu ihrer Beisetzung kam nur eine Handvoll Trauernder. Und einige bereuten ihr Kommen später sogar.«
    Nikolaus zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Warum?«
    Ruprecht ließ sich mit der Antwort Zeit. »Reginus hatte für Katharina einen Sarg mit Schnitzereien anfertigen lassen. Der musste Unsummen gekostet haben. Die vier Träger behaupteten später, im Sarg habe keine Leiche gelegen, sie hätten gehört, wie Findlinge beim Tragen aneinanderschlugen. Seitdem glauben einige, Katharina wäre nicht tot, sondern geistere als Hexe durch die Gegend. Man will sie sogar schon gesehen haben.«
    »Und was denkt Ihr?«
    Der Pater hob die Hände. »Es gibt so vieles zwischen Himmel und Erde, das wir nur mit dem Auge des Glaubens verstehen können.«
    Nikolaus blickte den Priester fragend an. Was sollte das denn heißen?

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