Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
Gaunereien, aber …« Er zuckte mit den Schultern. »Nur Gerüchte. Er hatte jedenfalls genug Geld, um sich einen großen Hof in Obermanderscheid zu kaufen. Er wurde schnell einflussreich, sodass der Sohn dann sogar zum Amtmann ernannt wurde. Daher stammt der Streit zwischen Thies und den Herren der Niederburg. Es war nur eine Frage der Zeit, bis einer von denen auf der Strecke bleibt.«
Der Ältere fasste seinen Bruder nun am Arm und zog ihn fort. »Wir müssen weiter. Wir haben schon genug Zeit vertrödelt.«
Die beiden eilten davon. Sie waren schon einige Schritte entfernt, als der Jüngere noch einmal zurückkam. Mit gedämpfter Stimme raunte er: »Noch ein kleiner Rat: Steckt Eure Nase nicht zu tief in Dinge, die Euch nichts angehen. Sonst habt Ihr ganz schnell Probleme am Hals. Manche mögen es nicht, wenn Fremde hier herumschnüffeln.«
»Wie meint Ihr das?«
»Nur so. Macht was draus.« Und schon war er wieder fort.
Nikolaus legte die Stirn in Falten. Innerhalb weniger Stunden hatte man ihn nun schon zum zweiten Mal gewarnt. Und in beiden Fällen war es dabei um einen Verdacht in Richtung des Amtmanns Thies gegangen. Ob der so kaltblütig war und unliebsame Leute einfach aus dem Wege räumte? Nach allem, was Nikolaus bisher erlebt und gehört hatte, war der Gedanke nicht abwegig.
Nikolaus machte sich in Gedanken versunken auf den Weg zurück nach Obermanderscheid. Für ihn stand nun fest, dass er mindestens noch bis morgen hierbleiben würde. Inzwischen glaubte er nicht mehr, dass Pater Ruprecht es so einfach schaffen würde, Christina freizubekommen. Ihm war klar geworden, dass einigen Leuten daran gelegen war, einen Sündenbock zu haben, dem man alle Schuld zuschieben konnte. Selbst wenn es den meisten bewusst war, dass es eine Unschuldige traf.
Ein weiterer Abend im Gasthaus
Am Abend saß Nikolaus wieder in der Gaststube und aß eine schmackhafte, warme Mahlzeit, die ihm die Wirtin bereitet hatte. Genauso wie gestern hörte er den Gesprächen der Gäste, die sich an einem Tisch versammelt hatten, aufmerksam zu. Der Wirt saß mit in der Runde und füllte nur ab und zu die geleerten Krüge mit dem köstlichen Gerstensaft wieder auf.
Natürlich waren der Mord an Wilhelm von Manderscheid und die Verhaftung Christina Rüths nach wie vor das Hauptthema. Einige waren darüber verwundert, dass solch ein Unglück nicht schon eher passiert war, wo es doch kein Geheimnis war, dass Wilhelm andauernd hinter Röcken hergewesen war und auch vor verheirateten Frauen keinen Halt gemacht hatte. Und hatte er nicht in letzter Zeit besonders Christina auf dem Kieker gehabt? Dabei war sie immer so still und zurückhaltend gewesen, genau wie damals ihre Mutter. Wilhelm hatte wahrscheinlich gedacht, sie wäre ein leichtes Opfer.
»Aber wir haben uns alle in Christina geirrt«, fasste der Wirt zusammen. »Wenn solche stillen, scheinbar harmlosen Mäuschen bedroht werden, können auch sie gefährlich beißen.«
Aus der Runde kam allgemeine Zustimmung.
»Aber wer hätte ihr diese Kaltblütigkeit zugetraut?«, warf ein anderer Zecher ein. »Wie ich gehört habe, soll der Kerl ja ganz schön zugerichtet worden sein.«
»Das hätte ich eher seinem alten Liebchen von der Burg zugetraut. Die schlich ihm doch noch andauernd hinterher.«
Ein Gast warf plötzlich lautstark ein: »Genau! Erinnert ihr euch noch an den Krach letztens, als Wilhelm mit der kleinen Gesine zugange war und sie wie ein Burgfräulein hineinplatzte?«
Die ganze Gruppe lachte und grölte lauthals. Einige warfen deftige Sprüche in die Runde. Nikolaus schüttelte verständnislos den Kopf. Dass manche Leute obszöne Scherze und genügend Bier brauchten, um ihren Spaß zu haben! Jetzt fehlte nur noch, dass die Truppe anfing, ungehörige Lieder zu singen. Doch glücklicherweise beruhigten sich die Männer wieder. Nachdem der Wirt frisches Bier geholt hatte, kehrten sie zu ihrem ursprünglichen Thema zurück.
»Einige junge Burschen hätten Christina schon gerne zur Frau«, bemerkte einer.
Sein Tischnachbar stieß ihn mit dem Ellenbogen an. »Die Tochter eines Müllers? Spinnst du? Das ist nicht gut für den Ruf.«
»Genau!«, ereiferte sich der Nächste. »Und wenn Christina dann noch genauso wie ihr Vater wird? Reginus ist doch der größte Eigenbrötler, den man sich vorstellen kann.«
»Wie ist der überhaupt an die niedliche Katharina gekommen?«, fragte der Wirt.
»Würd´ mich auch mal interessieren. So was Süßes hatte der Griesgram doch gar
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