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Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Titel: Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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Familien erwählte er sich all jene, die er gerade wollte. Wie die Erfahrungen von Christina gezeigt hatten, hielt er sich anfangs noch zurück und versuchte, die Frauen zu verführen. Wenn aber alle Überredungskunst nicht nützte, nahm er sich mit Gewalt, was ihm verwehrt wurde. Der Tod hatte sich mit Wilhelm bestimmt nicht den Falschen geholt. Die Zahl der Personen, die bei der Nachricht über seinen Tod erleichtert gewesen waren, musste sehr hoch sein.
    Den Männern am Tisch war das Thema inzwischen unangenehm geworden. Wie auf Kommando leerten alle schnell ihre Krüge, bezahlten ihre Zeche und machten sich schweigend auf den Weg. Der Wirt räumte die Krüge fort und verschloss dann den Eingang.
    Nikolaus war mit dem Abend sehr zufrieden. Als stiller Zuhörer hatte er wieder viel Neues erfahren können. Normalerweise würde sich kein Einheimischer einem Fremden gegenüber so frei äußern, aber die Gruppe hatte völlig vergessen, dass da jemand mit gespitzten Ohren in der Ecke saß. Oder sie hielten Nikolaus für harmlos.
    Auch für den jungen Mann war nun die Zeit zum Schlafen gekommen. Nach einem kurzen Gruß an den Wirt verschwand er nach oben in seine Kammer.

Nächtliche Gedanken
    Warum hatte er sich bloß eingemischt? Nikolaus schlug wütend mit der Faust auf den Tisch. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte er aufhören sollen. Da hätte er noch alle Zeit der Welt gehabt, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Es wäre nichts weiter passiert – außer vielleicht, dass eine Unschuldige hingerichtet worden wäre. Aber auf ihn wäre kein Verdacht gefallen. Er wäre einfach auf und davon gewesen.
    »Aber hätte ich das ertragen können?«, fragte er laut.
    Niemand antwortete. Bis auf die Eule, die seit Kurzem um die Mühle flog und ab und zu ihren Ruf erschallen ließ. Sie machte Jagd auf unvorsichtige Mäuse, die dachten, hier noch einige danebengefallene Körner zu finden. Kaum waren sie aber so übermütig und liefen über den graslosen Platz vor dem Haus, da war es schon zu spät. Starke, scharfe Krallen gruben sich in das törichte Mäuschen. Jedes aufgeregte Fiepen war umsonst. Keiner konnte es mehr retten. Was die Eule einmal gefangen hatte, ließ sie nicht wieder los.
    Wem war Nikolaus in die Fänge geraten? Wer war die Eule? Christina? Er fühlte sich tatsächlich so, als hätte sie ihn mit ihrem Lächeln betört, mit ihren wunderbaren Haaren gefesselt, um ihm nun ihre spitzen Finger in den Rücken zu graben.
    Bisher hatte er sich immer gut unter Kontrolle gehabt. Hübsche Mädchen hatten ihn nie aus der Fassung bringen können. Er hatte auch schon einige kennengelernt, aber niemals hatte er dabei eine Leidenschaft verspürt. Ihm war immer klar gewesen, dass das nicht in seinen Lebensplan passte. Noch nie hatten ihn sein Verstand oder seine Beherrschung im Stich gelassen. Aber nun musste er ständig an Christina denken. An ihre missliche Lage, die Qualen, die sie zu ertragen hatte, und daran, wie bezaubernd sie war.
    Ärgerlich stand Nikolaus auf. Er musste sich ablenken, an etwas anderes denken. Er nahm eine kleine Öllampe, um das Haus des Müllers zu durchstöbern. Vielleicht fand er ja noch etwas, das ihm weiterhelfen konnte.
    Nikolaus schaute sich die Mühle genauer an und streifte durch alle Räume. Neben dem Bau mit dem Mahlwerk schloss sich der Wohnbereich an. Zuerst kam die Stube mit der Feuerstelle und einigen Pfannen und Kesseln an der Wand, dazu eine einfache Einrichtung aus Tisch, Stühlen und Regalen. Daneben lag die Schlafkammer des Müllers. Neben dem schmalen Bett gab es nur eine Kiste für Kleidung und persönliche Sachen. Von Katharinas Sachen war nichts mehr zu finden; entweder hatte Christina die gesamte Kleidung ihrer Mutter übernommen oder die Sachen waren weggegeben oder entsorgt worden sein.
    Im oberen Stockwerk hatte Christina ihr Zimmer. Neben der üblichen Einrichtung – Bett und Kleiderkiste – stand hier ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen genau vor dem Fenster. Nikolaus wurde neugierig und setzte sich an den Tisch. Darauf lagen einige leere Pergamentblätter, daneben ein kleines Tintenfass und zwei angespitzte Federkiele. Nirgends waren beschriebene Blätter zu finden, aber nach den Flecken zu urteilen, wurden hier fleißig schriftliche Aufzeichnungen gemacht. Isabe hatte erzählt, dass Christina für ihren Vater die Getreideabrechnungen führte und deshalb ganz genau wusste, wer wie viel Korn mahlen ließ. Das musste hier geschehen. Wo waren dann die

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