Im Schatten der Burgen: Ein historischer Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
Anhaltspunkte zu erhaschen.
Also ging Nikolaus den Hohlweg von Niedermanderscheid nach Pantenburg hoch. Als er den Ort durchquert und nach kurzer Zeit den Platz erreicht hatte, an dem die Vettern die Leiche gefunden haben wollten, wandte er sich nach links. Der Weg zwischen den Feldern führte zu ein paar Häusern mit Scheunen und Ställen. Er gab einem Stallburschen Bescheid, und schon wurde Hans Hecken geholt.
Nach einer kurzen Begrüßung fragte Nikolaus: »Wo ist Euer Vetter?«
Grinsend antwortete Hans: »Wolf ist heute hier noch nicht aufgetaucht. Sein alter Herr ist deswegen schon ziemlich sauer.«
»Ist etwas passiert?«
»Ich glaub´ schon.« Dabei zwinkerte er anzüglich. »Er wollte gestern Abend noch zu einem Mädchen. Da ist er wohl noch immer. Er war ganz aus dem Häuschen, nachdem sie ihn gestern angesprochen hatte. Schade, dass sie mich nicht gefragt hat. Mir gefällt sie nämlich auch.«
»Ist Euch noch etwas zum Mord an Wilhelm eingefallen? Wer ihn besonders gehasst haben könnte?«
»Klar. Darüber habe ich gestern noch mal mit Wolf gesprochen. Da Wilhelm seit dem letzten Jahr das Eintreiben der Steuern von seinem älteren Bruder übernommen hat, hat er sich mit ein paar Leuten angelegt, die im Verzug mit ihren Zahlungen waren. Im Allgemeinen waren das arme Schlucker, die es sowieso nicht wagen würden, aufmüpfig zu werden. Aber einer, der alte Roden aus Buchholz, der hat andauernd quergeschossen. Einmal zweifelte er die Größe seines Landes in den Unterlagen an, dann behauptete er, die zu besteuernde Getreidemenge sei viel zu hoch angesetzt. Und schließlich bat er um Aufschub der Zahlung, weil eine Missernte ihn fast ruiniert hätte.«
»Und?«
»Ach, alles Lügen! Der hat mehr Zaster als alle seine Nachbarn zusammen. Sein Korn steht besser als bei anderen, da er sich die besten Äcker unter den Nagel hat reißen können. Wenn man wüsste, wie viel Getreide er beim Rüth unten im Tal mahlen lässt, käme man ihm bestimmt schnell auf die Schliche. Aber wer weiß schon, ob die Abrechnungen auch entsprechend geführt werden? Rüth muss nur weniger aufschreiben als angeliefert, und schon ist Roden aus dem Schneider. Und durch Wilhelms Tod ist der Nachweis einer Gaunerei vorläufig gleich mit gestorben. Wer weiß schon, wann ein neuer Beauftragter für die Steuern eingesetzt wird.«
Nikolaus war hellhörig geworden. Das passte ja noch besser als geplant! Er bat Hans Hecken, ihn zum Bauer Roden zu führen. Der war sofort einverstanden. Und so zogen die beiden Männer los in Richtung Pantenburg. Der Großbauer wohnte in Buchholz, das auf halber Strecke nach Eckfeld lag.
Unterwegs konnte sich der ungebetene Ermittler nicht mehr zurückhalten. Zu sehr beschäftigte ihn das, was er bei Christina erfahren hatte: »Wie habt Ihr Euch denn mit Wilhelm verstanden?«
Hans stammelte: »Wie … äh … was meint Ihr denn?«
Ein Lächeln huschte über Nikolaus´ Gesicht. »Gab es denn auch mal Missverständnisse oder Probleme? Oder herrschte immer eitel Sonnenschein zwischen Euch dreien?«
»Das lief immer ganz gut. Wir waren auch fast jeden Tag zusammen.«
»Es gab also nie Streit?«
»Ja, nun.« Er suchte nach den richtigen Worten. »Streit? … Ja, nun … Ab und zu waren wir nicht einverstanden, dass er sich schon wieder das schönste Mädchen nahm. Aber wir waren ihm lieber nicht in Wege. Er war immerhin der Sohn unseres Herrn.«
»Ich habe gehört, dass Ihr wegen einer Wette Streit hattet?«
Hans Hecken wurde unruhig. »Das ist schon längst alles geklärt. Wie gesagt: Was soll unsereiner schon gegen den Sohn des Herrn unternehmen?«
»Aber sonst gab es keine Probleme?«
Nun wurde Hans langsam gereizt. »Ihr wollt uns doch nicht etwa unterstellen, wir hätten einen Grund gehabt, Wilhelm schaden zu wollen?«
»Tja, für einige Leute in der Umgebung sieht es aber danach aus.«
Hans Hecken blieb stehen. Seinen Grimm konnte er kaum noch verbergen. »Wenn Ihr mich beleidigen wollt, können wir das hier und jetzt klären.«
Nikolaus hob entschuldigend die Arme. »Gott bewahre! Ich wiederhole nur, was man im Tal hinter vorgehaltener Hand hört. Ich habe Euch nicht angeklagt.« Noch nicht, fügte er in Gedanken hinzu.
»Es ist aber äußerst unhöflich von Euch, mir diese … diese… Verleumdungen vorzuwerfen. Ich dachte, ich sollte Euch helfen? Oder wollt Ihr, dass ich gleich wieder gehe?«
»Schon gut, schon gut«, versuchte Nikolaus die Wogen zu glätten. »Ich wollte Euch nicht
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