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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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Wichtig war nur eines: der Brunnen in der Mitte des staubigen Platzes.
    Vor einer der größeren Hütten stand eine Bank, und dort saß ein älterer Mann, der eine grauweiße Hose trug, ein fleckiges Hemd und einen Hut mit breiter Krempe, tief in die Stirn gezogen. Eine Pfeife steckte in seinem Mund. Er paffte, und seine kleinen schwarzen Augen beobachteten uns durch bläulichen Rauch.
    »Ich bin Easie Damasco, und dies ist mein Gefährte Salzleck«, sagte ich. »Guten Abend.«
    »Mag sein.« Er sprach mit leiser, schnaufender Stimme, und sein Ton war unverbindlich. Wenn ihn die Ankunft eines Riesen in seinem Dorf beunruhigte, so verbarg er es gut.
    »Es ist ein guter Abend, für uns beide. Du kannst uns etwas zu essen geben, und wir haben genug Geld, dafür zu bezahlen. Doch zuerst möchten wir uns mit Wasser aus dem Brunnen erfrischen. Anschließend bin ich für jede Mahlzeit dankbar, die du entbehren kannst, während sich mein Gefährte über trockenes Gras oder Heu in ausreichender Menge freuen würde.«
    Ein halbes Dutzend Türen öffneten sich, als ich diese Worte an den älteren Mann richtete, und neugierige Gesichter spähten nach draußen. Sie alle waren entweder sehr alt oder sehr jung. Die übrigen Bewohner verbrachten den Abend vermutlich in einem nahen Dorf, das mit einer Taverne gesegnet war. Die Kinder starrten Salzleck staunend an, flüsterten miteinander und kicherten. Ihre greisen Hüter beäugten mich argwöhnisch. Stille folgte, nachdem ich gesprochen hatte, und schließlich trat einer der Dorfbewohner nach draußen. Er schien außerordentlich alt zu sein und hatte nur noch ein paar grauweiße Haare auf dem Kopf, dafür aber einen großen, schwarz gefärbten und gewachsten Schnurrbart, dessen Enden weit nach unten reichten.
    »Willkommen in Reb Panza. Leider kann dein Besuch in unserem Dorf nur von kurzer Dauer sein. Wir sind hoffnungslos arm, was uns daran hindert, großzügig zu sein.«
    Zustimmendes Murmeln kam von den geöffneten Türen.
    Ich flüsterte in Salzlecks Ohr. Er ging in die Hocke, und ich schwang mich zu Boden. Einen Augenblick später bereute ich die Akrobatik, als alle meine blauen Flecken und wunden Stellen auf einmal protestierten. Vorsichtig setzte ich mich in Bewegung, ging zum Schnurrbart-Patriarchen und versuchte, nicht allzu deutlich zu hinken.
    »Vielleicht hast du nicht richtig verstanden«, sagte ich. »Ich kann bezahlen.«
    »Wir hören vom Krieg im Norden, der morgen ein Krieg vor unserer Haustür sein könnte … Was ist dann nützlicher, Geld oder Lebensmittel?«
    »Eine unsinnige Frage. Nenn mir einfach den Preis.« Mein Magen knurrte ungeduldig, und der Mund war so trocken wie ein abgenagter Knochen, der mehrere Tage in der Sonne gelegen hatte. Für Gefeilsche oder irgendwelche Spitzfindigkeiten war ich nicht in der richtigen Stimmung. Unglücklicherweise zählte beides zu den Lieblingsbeschäftigungen der Leute in dieser Gegend. »Sag mir, welcher Preis dir für zwei Laibe Brot, etwas Fleisch oder Fisch, Wasser und eine Karrenladung Heu angemessen erscheint. Über den Rest können wir später reden.«
    Der Patriarch dachte eine Weile darüber nach, das Kinn auf die eine Hand gestützt, während die Finger der anderen über den Schnurrbart strichen. Ich wagte es nicht, ihn zu bedrängen, aber ich muss gestehen: Für diese Verzögerung hätte ich ihn am liebsten erwürgt. Es gab nicht viel zu sehen, bis auf Salzleck, der sich von den Kindern umringt gesetzt hatte. Eines war ihm tapfer aufs Bein geklettert und saß auf seinem Knie. Ich seufzte und wandte mich wieder an den Patriarchen.
    Der wählte glücklicherweise genau diesen Moment, um sein Grübeln zu beenden. »Vielleicht, nur vielleicht, sind wir in der Lage, dir zu helfen.«
    »Eine ausgezeichnete Nachricht.«
    »Du musst wissen, dass wir selbst hungern und unser Brunnen fast trocken ist. Was soll aus uns werden, wenn er kein Wasser mehr gibt? Selbst Heu ist hier auf dem Buckel Mangelware.«
    »Ihr habt mein Mitgefühl.«
    »Danke. Unter diesen Umständen bleibt uns leider nichts anderes übrig, als unsere wenigen Dinge zu ungewöhnlichen Preisen zu verkaufen. Wenn man es so sieht, scheint ein Preis von drei Onyx-Münzen gerechtfertigt.«
    Ich gebe zu, mein Mund stand ein wenig offen. Die Hütte des Patriarchen war kaum drei Onyx-Münzen wert. Dies war selbst als Startangebot skandalös, und ich hätte nur fünf Kupfermünzen übrig behalten. Trotzdem, ich hatte keine Zeit für langes Feilschen, und

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