Im Schatten der Giganten: Roman
atmete erleichtert auf, als ich den Lastkahn, mit dem wir gekommen waren, an der Anlegestelle sah. Der Kapitän saß am Heck, ließ die Beine über dem Wasser baumeln und rauchte seine Pfeife.
»Da ist er«, sagte ich. »Estrada hat mir gesagt, dass sie Kapitän Anterio zu wenig bezahlt hat, und sie hat mich gebeten, ihm den Rest zu geben. Ich schlage vor, du wartest hier. Ich glaube, der alte Narr hat ein wenig Angst vor dir.«
Das schien den Riesen ein wenig zu verletzen, aber er blieb an Ort und Stelle und schuf mit seiner Präsenz sofort eine große Insel im Hafenverkehr.
Als der Kapitän uns sah, stand er nervös auf, was aber vermutlich nichts mit Salzleck zu tun hatte. Ich näherte mich dem Laufsteg, und er konnte nirgendwohin fliehen, es sei denn in den Fluss. Diese Möglichkeit schien er tatsächlich in Erwägung zu ziehen.
»Kapitän Anterio!«, rief ich herzlich. »Du brauchst nicht besorgt zu sein.«
»Besorgt? Ich? Du bist ein Schurke und Halunke, und ich würde mich freuen, wenn ich dir das Leben auch nur ein bisschen schwerer machen könnte.«
»Zweifellos. Aber du bist falsch informiert, Kapitän.« Ich schritt über den Laufsteg, und als ich nahe genug herangekommen war, zeigte ich ihm den Ring. »Easie Damasco, Offizier der Palastwache von Altapasaeda, zu deinen Diensten.«
Es war ein kalkuliertes Risiko. Anterios abgetragener Mantel teilte mir mit, dass er einst in der Stadtwache gedient hatte, und es war allgemein bekannt, wie sehr die Stadtwächter die Gardisten des Palastes fürchteten, die nur Panchetto gegenüber verantwortlich waren und sich immer wieder in Angelegenheiten der Justiz einmischten. Nach seiner anfänglichen Verblüffung musterte mich Anterio skeptisch und sah sich dann den Ring aus der Nähe an.
Bevor er etwas sagen konnte, fuhr ich fort: »Die Frau, die du heute Morgen mitgenommen hast, ist Eigentümerin eines gewissen Etablissements in Muena Palaiya, und man legt ihr zur Last, ihre Freier im Schlaf bestohlen zu haben. Ein Freund des Prinzen ist … sagen wir, auf diese Sache aufmerksam geworden. Da es in jenem Schlammloch weder Recht noch Gesetz gibt, haben wir die Frau hierher gebracht, damit sie … verhört werden kann.«
Anterio mochte noch nicht überzeugt sein, aber ich hatte seine Aufmerksamkeit.
»Der Riese ist so etwas wie ein Haustier Seiner Hoheit. Eingepfercht im Palast wird er unruhig, und deshalb darf er uns gelegentlich helfen.« Ich deutete auf Salzleck. »Für einfache Aufgaben ist er klug genug, und deshalb habe ich ihn gebeten, die Frau zu begleiten, während ich die Reise flussabwärts fortsetzen wollte, um mich um eine andere Angelegenheit zu kümmern. Damit sie ihre Würde wahren konnte, gestatteten wir ihr, so zu tun, als hätte sie das Kommando. Natürlich fand die verdammte Hure einen Weg, unsere Pläne zu ruinieren, und jetzt können gewisse Feinde des Prinzen ungestört ihre unheilvollen Pläne gegen ihn schmieden, weil ich hier festsitze. Das konntest du natürlich nicht wissen.«
»Warum hast du mir dies nicht sofort gesagt?«
»Um ehrlich zu sein: Die Pause kam mir gelegen. Die Angelegenheit, um die ich mich kümmern muss, ist ziemlich scheußlich. Wie dem auch sei, ich bin nur ein demütiger Diener Seiner Hoheit und muss mich auf meine Pflichten besinnen.«
»Das glaube ich nicht.« Anterio sagte es mit fester Stimme, aber ich hörte einen Hauch von Zweifel.
»Ich bitte dich, Käpt’n«, sagte ich. »Du hast doch bestimmt gesehen, wie wir die Frau heute Morgen mithilfe der Stadtwache abgeführt haben. Wir wollten kein Aufsehen erregen, aber die Dirne hat dafür gesorgt, dass uns im Marktviertel alle sahen. Halb Altapasaeda weiß, dass sie in Eisen gelegt wurde. Hat nicht den geringsten Anstand, diese Frau.«
Anterio schüttelte den Kopf. »Und sie schien eine richtig feine Dame zu sein …«
»Du bist nicht der Erste, der sich von ihrem hübschen Gesicht täuschen ließ«, sagte ich und klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. »Jetzt, da du die Wahrheit kennst, können wir vielleicht auf unsere frühere Vereinbarung zurückkommen. Da ich schon einmal hier in Altapasaeda bin, erledige ich das eine oder andere, aber ich muss bald wieder aufbrechen.«
Wir regelten alles, und ich gab Anterio die vier Onyxe zurück, wandte mich dann zum Gehen. Die Versuchung war groß, dem Kapitän vorzuschlagen, dass wir sofort aufbrechen sollten, aber ich wusste, dass ich nicht weit kommen würde. Inzwischen war ich ganz sicher, dass man mich
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