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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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du und dein Gesinde am Gottesdienst teilnehmt, wenn schon nicht, um my lady zu ehren, die morgen genau eine Woche tot ist, dann doch, um das Bußgeld für Fernbleiber zu vermeiden. Nimm Frobisher zum Gottesdienst mit, meinetwegen mit Bewachern links und rechts, die dir treu ergeben sind. Ich werde ihn nicht ansprechen oder gar«, ich zögerte kurz, »an mich reißen können, weil ich genauso wenig Aufmerksamkeit erregen möchte wie du. Aber ich werde wissen, dass er noch am Leben ist.«
    Forster kniff die Augen zusammen, dann nickte er abrupt.
    Ich wartete, bis er verschwunden war, ehe ich mich meinerseits erhob. Es mochte kindisch sein, aber ich fürchtete, dass ich mich nicht mehr so schnell aufrappeln konnte wie er, und ich hätte mir lieber die Zunge abgebissen, als ihn um Hilfe zu bitten. Natürlich lag es in meinem Interesse, dass er mich für besiegt hielt; das hieß nicht, dass er glauben durfte, ein unentschieden ausgegangener Faustkampf mit ihm habe mich in einen tatterigen alten Mann verwandelt.
    Jetzt noch Pirto hinterherzulaufen wäre sinnlos gewesen, und John Appleyard wollte ich erst gegenüberstehen, wenn ich einen vernünftigen Plan dafür geschmiedet hatte. Außerdem brauchte ich dringend frische Luft, also machte ich mich auf den Weg in den Garten und versuchte dort, zwischen Heilkräutern, die wohl seit Klosterzeiten hier wuchsen, und ein paar Hecken meine Gedanken zu ordnen.

    Der Stand der Sonne erinnerte mich daran, dass der Tag des Urteilsspruchs näher und näher rückte. Ich hatte nicht mehr viel Zeit, um Amys Briefe in die Hand zu bekommen; abgesehen von dem, was sie möglicherweise für mich bedeuteten, war zu hoffen, dass sie auch einen Hinweis darauf bargen, was tatsächlich zu ihrem Ende geführt hatte. Forster hatte Frobisher gewiss nicht weit von hier versteckt; entweder in Abingdon oder in irgendeiner Schäferhütte auf dem Weg dorthin, und wenigstens ein oder zwei Knechte aus seinem Gesinde mussten darüber Bescheid wissen. Aber sie waren Forster als ihrem Herrn verpflichtet, nicht mir, also hatte es keinen Sinn, zu versuchen, sie auszuhorchen, und für Überredungskünste fehlten mir leider die Begleiter und die schlagkräftigen Argumente. Geld half meistens, ja, aber ich befürchtete, dass Forster Vorkehrungen getroffen hatte, seine Männer gegen eine solche Versuchung zu wappnen. Frobisher aufzuspüren musste wahrscheinlich bis morgen warten. Außerdem hatte ich einen Weg zu finden, um John Appleyard, dem ich keine guten Nachrichten von Robin übermitteln konnte, dazu zu bringen, mir die Briefe zu geben – die ihm Pirto nach unserem Gespräch nun mit Sicherheit verkauft hatte –, statt seinerseits Profit daraus zu ziehen. Das war etwas, was eigentlich nur ein Zauberer fertigbringen konnte, und ich war keiner. Und schließlich gab es noch Felton und den Rechtsgelehrten aus Oxford. Beiden konnte zwar geholfen werden, wenn ich ihnen von meiner Entdeckung erzählte, was Anthony Forster und Barbara Cross betraf, und sie an meiner Vermutung teilhaben ließ, dass Harkness’ Tod damit in Zusammenhang stehen könnte. Aber gerade jetzt konnte ich Forster nicht in der Öffentlichkeit eines Verbrechens mit Todesfolge beschuldigen. Wenn er nicht so vom Verfolgungswahn geplagt wäre, dann hätte er sich das selbst ausrechnen können, statt sich Frobisher zu schnappen. Forster war Amys Gastgeber gewesen; wenn er für einen Mord verurteilt wurde, ganz gleich, an welcher Person, dann würde das gesamte Land felsenfest davon überzeugt sein, dass er auch Amy auf dem Gewissen hatte und dass Robin dahintersteckte. Andererseits hatte ich mir geschworen, Forster nicht einfach davonkommen zu lassen; auf irgendeine Art und Weise musste er seine Strafe finden, und die Gründe dafür wurden von Stunde zu Stunde mehr.
    Wenn ich für all diese Fragen und Probleme die richtigen Antworten und Lösungen gefunden hatte, dann musste ich mich außerdem noch entscheiden, ob ich Diego Vargas trotz seines Überfalls noch glaubte, dass William Cecil dem spanischen Botschafter erzählt hatte, Robin und die Königin planten, Amy umzubringen. Und ob ich es riskieren konnte, Robin schriftlich davon zu unterrichten.
    Selbst ein Mann, dem Gottes Erzengel täglich Weisheit zusangen, hätte Schwierigkeiten gehabt, all das in achtundvierzig Stunden zu lösen. Ich hatte nie behauptet, mehr als ein tapferer Sünder mit einem Maß gesunden Menschenverstand zu sein. Zaubern konnte ich auch nicht. Was also sollte ich

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