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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Dudleys hinwies. Ich dachte an Felton und seine Unschuldsbeschwörungen.
    »Den Teufel kann man nicht hängen«, sagte ich, »aber bei dummen Knechten ist das kein Problem. Wenn Harkness tatsächlich nur altes Geschwätz nachgeplappert hat und sein Tod in keinem Zusammenhang damit steht, dann wird man den Kerl hängen, der als Letzter mit ihm sprach, und ich kann mir nicht helfen, ich glaube, er ist unschuldig. Zumindest am Tod dieses Knechtes.«
    Campion schob seinen Fisch beiseite. »Ein Zusammenhang kann durchaus bestehen«, erklärte er energisch. »Es ist, wie ich gerade sagte: Niemand plappert aus heiterem Himmel von Teufelserscheinungen, wenn er nicht etwas damit erreichen oder etwas verbergen will. Nur kann es mehr als eine Erklärung geben, was das gewesen sein könnte. William von Occam sagt, dass unsere Welt nur eine unter einer unbegrenzten Zahl von möglichen Welten ist, die Gott hätte schaffen können. Demnach gibt es eine unbegrenzte Anzahl von Möglichkeiten, warum Euer Knecht so handelte, wie er es tat, und …«
    »Er ist nicht mein Knecht«, sagte ich heftig, immer noch das verängstigte Gesicht dieses Tölpels vor Augen, »und er ist kein philosophischer Leitsatz eines toten Schwätzers. Er ist ein Mensch, um dessen Hals es geht.« Woher dieser Ausbruch kam, war mir selbst nicht klar. Schließlich war mir dieser Campion nicht verpflichtet und erhoffte sich, anders als Frobisher, nichts von mir. Er tat nur, was er angekündigt hatte, und durchdachte meine vorgetragenen Probleme. Warum war ich also auf einmal wütend? Es musste an der Luft hier liegen, schloss ich, der dünnen Gelehrtenluft, die mich störte. Oder vielleicht hegte ich auch noch Groll gegen das Schwein.
    Campion betrachtete mich nachdenklich. »Der Hals des Knechtes ist nicht der einzige, der in Gefahr schwebt, nicht wahr?«, fragte er leise.
    »Wie meint Ihr das?«
    »Man lehrt uns wirklich das logische Denken in dieser Stadt. Ihr kommt heute aus Abingdon und sprecht von alten Teufelsgeschichten und toten Knechten, aber von dem Tod, der gerade in aller Munde ist, von dem sprecht Ihr nicht.«
    Ich widmete mich wieder meinem Fisch. »Vielleicht, weil ich dazu nichts zu sagen habe.«
    »Wenn dem so wäre«, versetzte Campion, »dann hättet Ihr mich gemeinsam mit dem Schwein am Nordtor zurückgelassen. Ihr müsst auch nicht darüber sprechen, wenn Ihr nicht wollt, aber Euer Schweigen ist sehr beredt.«
    O nein, dachte ich. Ich bin kein Grünschnabel, der zum ersten Mal zur Beichte geht. Solche Schliche fangen bei mir nicht. Nicht mit mir. Ich aß weiter.
    »Ich bin kein Rechtsgelehrter«, sagte Campion nach einer Weile, als ich nichts erwiderte, »aber ich kenne deren mehrere, und nicht alle plagt die Not so sehr, dass sie nicht hin und wieder etwas nur um der Gerechtigkeit willen täten. Ich könnte einen überreden, nach Abingdon zu gehen und sich des Knechtes anzunehmen, der nicht der Eure ist und wahrscheinlich gehängt wird.«
    Das mochte die Art sein, wie er eine Verhandlung eröffnete. »Wenn ich Euch mehr über my ladys Tod erzähle?«, fragte ich bitter.
    »Nein«, entgegnete Campion. »Es reicht, wenn Ihr mir den Namen des Knechtes verratet und des Hofes, auf dem er arbeitete, damit ich meinen Freund dort hinschicken kann.«
    Ich nannte ihm beide Namen und wartete darauf, dass er trotzdem die Rede wieder auf Amy, auf Robin oder beide brachte, doch er tat nichts dergleichen. Stattdessen aß er den Rest seines Fisches auf, dankte mir und versprach, dass er sich nach jungen Frauen, die vor zwei Jahren nach Oxford gekommen seien, erkundigen würde.
    »Manchmal geschieht ein Wunder«, sagte er, »und man findet Nadeln, selbst in einem Heuhaufen.«
    »Ihr könntet Euch einen schlechten Ruf einhandeln, wenn Ihr Euch nach jungen Frauen erkundigt«, entgegnete ich trocken und wartete immer noch auf das Anknüpfen von Bedingungen oder die nächste Frage.
    »Ich bin erst ein Fellow, also eigentlich fast noch ein Student«, sagte er lächelnd. »Es wird geradezu von uns erwartet, dass wir uns nach jungen Frauen erkundigen. Gibt es sonst noch etwas, was ich für Euch tun kann?«
    »Welche Kirche ist Eurer Meinung nach die schönste in Oxford?«, fragte ich, und er erwiderte, ohne zu zögern: »Die Marienkirche, wo wir unsere Examen ablegen und unsere Titel erhalten.«
    »Dann lasst uns dort hingehen.«
    Wieder stellte Campion keine Fragen nach dem Warum. Stattdessen erzählte er etwas über sich selbst; er war der Sohn eines

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