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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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schreien? Um Hilfe rufen? Schon kann sie die Kakophonie der Brighton Road hören– Geheul und Gelächter und gackernde Weiber. Jeder Atemzug, den sie aufs Schreien verschwendet, wird unbemerkt bleiben.
    » SCHEISSE !«, schreit sie trotzdem gellend, und spürt eine Hand scharf am Riemen ihrer Tasche ziehen. Fühlt, wie er sich strafft und sie zurückreißt.
    Ihre Reaktion ist Wut. Auch Angst, ja, aber überlagert von wilder, animalischer Wut. Sie stößt einen Schrei aus, wirbelt mit ausgestrecktem Arm herum und schlägt wild mit den Schlüsseln um sich. Sie treffen auf Kopfhaut, und sie spürt dichtes, raues Haar unter den Fingern. Dann hört sie ein Grunzen, und seine andere Hand greift nach ihrem Kopf.
    Sie lässt den Riemen über ihre Schulter gleiten und schüttelt den Kopf wie ein Pony. Noch nie ist sie so dankbar für ihre praktische Frisur gewesen; es ist einfach nicht genügend Haar vorhanden, dass er sich eine ordentliche Handvoll krallen könnte. Starke, unnachgiebige Finger pflügen sich hindurch, verhaken sich in einem Knoten, und dann, als er ein Büschel samt Wurzel herausreißt, entwischt sie ihm. Sie stößt ihm die Tasche ins Gesicht und rennt los. Rast die Straße entlang und kann zunehmend deutlicher den Asphalt erkennen, als allmählich Lichter in die Finsternis vordringen.
    Sie gibt immer noch Vollgas, obwohl sie schon weiß, dass er nicht mehr hinter ihr ist, dass der letzte Griff sein Schwanengesang war. Doch sie rennt und rennt, springt über ein Loch von der Größe eines Lastwagenreifens, selbst überrascht von der katzenhaften Anmut, mit der sie wieder auf den Boden kommt. Sie wird nicht langsamer, auch dann nicht als sie– endlich im Licht– in einen Trupp junger Männer hineinprallt, der einen Junggesellenabschied feiert.

KAPITEL 28
    Amber ist schockiert, wie leicht ihr die Umstellung fällt, nachdem sie erst einmal damit angefangen hat. Sie hat solche Angst vor ihrer Wut gehabt, vor der Unfähigkeit, sie zu kontrollieren, wenn sie ihr jemals freien Lauf lässt, dass sie verblüfft ist, wie beherrscht sie sein kann, wenn sie sie auslebt.
    Statt fieberhaft Müllsäcke vollzustopfen, Klamotten aus den Fenstern im oberen Stock zu werfen, statt dieses Fegefeuers der Eitelkeit, dem sich nur Schwächlinge hingeben, ist sie ruhig nach Hause gegangen, hat gewartet, bis Vic aufwacht, und ihm erklärt, es sei Zeit für ihn zu gehen. Kein Geschrei, kein Gezeter, keine Tränen: lediglich die gleichmütige Äußerung der Tatsache. Die Hypothek läuft auf ihren Namen, und ausnahmsweise einmal hat sie sich, statt wegzulaufen, wenn es schwierig wird, behauptet und einfach nur ihren Fall dargelegt. Sie hat ihn nicht mit einem Koffer hinausgeworfen, die Schlösser nicht ausgetauscht – obwohl sie glaubt, dass sie es tun wird, sobald er seine Sachen weggeschafft hat – oder die Bankkonten leergeräumt. Sondern ihm einfach nur erklärt, er müsse eine andere Regelung für sich finden und anschließend gehen. Und dann ist sie, vollkommen ruhig, zu Bett gegangen.
    Erst zur Mittagszeit wacht sie auf. Sie hat nur ein paar Stunden geschlafen, dafür aber tief, traumlos und auf eine Weise erholsam, wie sie es kaum kennt. Sie fühlt sich wach und lebendig, stark und entschlossen. Das Haus ist still. Mary-Kate und Ashley liegen zusammengerollt und aneinandergekuschelt auf der Tagesdecke, das Kinn auf den Pfoten, und schauen sie an. Als sie sich aufsetzt, klopfen sie mit den Schwänzen auf das Bett, und als sie nach unten geht, springen sie herunter und folgen ihr.
    Er sitzt immer noch am Küchentisch, wo sie ihn zurückgelassen hat, und stiert vor sich hin. Sein Gesicht ist völlig ausdruckslos, als müsse er erst wieder neu booten, die Hände liegen flach, mit den Handflächen nach unten, auf dem Tisch. Sie hat das unheimliche Gefühl, dass er die ganze Zeit hier gesessen hat, wie abgeschaltet, und darauf gewartet hat, dass ihn irgendjemand wieder zum Handeln animiert. Er nimmt sie nicht zur Kenntnis, als sie eintritt, und blinzelt nicht mal, als sie den Raum durchquert und den Kessel aufsetzt. Die Hunde meiden ihn weiträumig, die Augen auf seine starren Schultern gerichtet, als rechneten sie damit, dass er plötzlich wie eine große Katze aufspringt. Sie öffnet die Hintertür, um sie hinauszulassen, und geht zum Kühlschrank, um die Milch herauszuholen.
    Als hätte eine unsichtbare Hand den EIN -Schalter gedrückt, ist er mit einem Satz auf den Beinen. » Lass mich das machen«, sagt er.
    » Nein, geht

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