Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)
sein. War seit Samstag nur so.«
» Nicht nur«, verbessert Blessed.
» Stimmt«, sagt sie. » Entschuldige.«
» Soll ich für dich drangehen?«
Amber zuckt die Achseln. Und Blessed nimmt das Telefon beim letzten Läuten ab.
Kirsty weiß eigentlich nicht, was sie sagen will, nur, dass sie es sagen muss. Sie erwartet den Anrufbeantworter und ist überrascht, als jemand abnimmt. Eine leise, volle Stimme, die gewissenhafte, wohlartikulierte Grammatik Zentralafrikas. » Bei Amber Gordon?«
» Oh, hallo«, krächzt sie unsicher und besorgt, zu viel von sich preiszugeben. » Ist sie da?«
» Darf ich fragen, wer dort spricht?«, erwidert die Frau.
» Hm…« Einen Moment lang ist sie perplex. Ob sie sich an meinen jetzigen Namen erinnert? Welchen soll ich benutzen? » Kirsty Lindsay«, antwortet sie schließlich.
» Kirsty Lindsay«, wiederholt die Frau und zögert. Dann fragt sie: » Und worum geht es?«
» Ich– ich wollte nur hören, ob alles in Ordnung mit ihr ist«, erwidert sie, was nur die halbe Wahrheit ist.
» Ja, es geht ihr gut«, sagt die Frau. » Möchten Sie, dass ich Ihr etwas ausrichte?«
» Ich… Kann ich nicht mit ihr sprechen?«
» Nein«, meint die Frau. » Tut mir leid, aber sie kann im Moment nicht ans Telefon kommen. Wenn ich ihr etwas bestellen soll, dann…«
Ein Rascheln und dann das Geräusch des Mobilteils, das an ein anderes Ohr wechselt. Ambers Stimme, unfreundlich, abwehrend. » Was ist? Ich vermute, du dachtest, du könntest an eine Story kommen?«
» Nein!«, beteuert sie. » Nein, Amber! Ich…«
» Ich hab dich gesehen, weißt du«, erwidert Amber. » Vor dem Polizeirevier. Mit deinen Spezis.«
» Ich war… Stimmt. Das ist mein Job. Ich hab nicht gerade damit gerechnet, dass du es sein würdest, die auftaucht.«
» Ein Job. Nett. Und was jetzt? Ich schätze, du willst einen Exklusivbericht?« Die Betonung des Worts ist sarkastisch, empört, von beißendem Zynismus.
» Ich… Nein. Natürlich nicht. Ich bin nicht mehr da. Habe meine Sachen gepackt und bin nach Hause gefahren. Ich bin auf der Stelle fort, als ich dich gesehen habe.«
» Toll. Hurra. Gratuliere.«
» Es tut mir leid, Bel.« Gedankenlos benutzt sie den Namen, während sie versucht, sich aus dem Gespräch zurückzuziehen. » Es war ein Fehler. Ich dachte, ich könnte vielleicht… Ich weiß nicht…«
» Verpiss dich«, sagt Amber. » Ich hab genug von eurer Sorte da draußen vor meiner Haustür campieren, das reicht für ein ganzes verdammtes Leben. Herrgott noch mal, Jade, was um Himmels willen hat dich bloß darauf gebracht zu meinen, es könnte nett sein, Journalistin zu werden?«
» Ich…«, beginnt Kirsty, bis ins Innerste erschüttert durch den leichtsinnigen Gebrauch ihres alten Namens. » Im Augenblick bin ich nicht Journalistin, Amber. Ich rufe nicht als solche an, sondern als–«
Mit vor Geringschätzung triefender Stimme schneidet ihr Amber das Wort ab. » Als Freundin? War es das, was du sagen wolltest? Freundin?«
» J-ja.« Sie fühlt sich klein, verachtenswert.
Höhnisches Auflachen. » Tu mir einen Gefallen«, sagt Amber. » Wir sind keine Freundinnen. Wir haben uns nur für einen einzigen Tag gekannt, du blöde Ziege. Einen Tag. Und jetzt schau, wohin mich das gebracht hat.«
13 Uhr 45
Der Laden ist geschlossen, die Rollläden sind heruntergelassen. Es ist Mittwoch, da macht er früher zu.
Chloe bricht in kindliches Geheule aus, als ihr aufgeht, dass sie weder Süßigkeiten noch etwas zu trinken bekommt, und reibt sich die Augen, als wären sie voller Rauch.
» Schsch«, macht Bel. Der Heulton geht ihr auf die Nerven, weil es der gleiche ist, mit dem ihre Schwester Aufmerksamkeit auf sich zieht – Aufmerksamkeit, die auf die eine oder andere Art immer darauf hinausläuft, dass Bel bestraft wird.
» Das hat doch keinen Zweck«, bemerkt Jade pragmatischer. » Das ändert es doch auch nicht, oder?«
» Will heim«, heult Chloe. » Ich will zu meiner Mama!«
» Los, komm«, sagt Jade. » Wir bringen dich zu deiner Schwester zurück.«
Chloe, genauso puterrot wie die Kapuze auf ihrem Kopf, bleibt zurück, als sie sich schweigend wieder auf den Weg machen.
Irgendwie hatten beide geahnt, dass Debbie und Darren fort sein würden, wenn sie zur Bank zurückkehren. Was Jade jedoch nicht davon abhält, lauthals zu fluchen, als sie sie verwaist vorfindet. » Diese arschbescheuerte Debbie!«, schreit sie. » Dieser arschbescheuerte Darren!«
» Wo sind sie hin?«, fragt Bel
»
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