Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)
Stroud, stützt ihr Kinn auf die Hand und starrt in ihre Zeitschrift.
Bel sieht zu ihr hinüber. Dreht ihr den Rücken zu und stellt ihre Tasche quer über das Regalbrett, um ihre Hände zu verbergen. Sie nimmt ein Curly Wurly und legt es so auf den Becher mit ihrer Süßigkeitenmischung, dass es nicht herunterrollt. Dann schnappt sie sich schnell und verstohlen einen Schokoriegel und lässt ihn in die Tiefen ihrer Tasche fallen.
» Was kosten die Fliegenden Untertassen?«, fragt sie beiläufig.
» Zwei Pence«, sagt Mrs Stroud, ohne aufzusehen.
Zwei? Das ist einer mehr als im Laden drüben in Great Barrow. Gute Güte, Mrs Stroud weiß, wie man Leuten, die noch nicht Auto fahren können, den letzten Penny aus der Tasche zieht. Bel wählt einen in jeder Farbe und wirft sie in den Becher, dann geht sie zur Verkaufstheke hinüber, um zu bezahlen. Das Kitkat erzeugt Hitzewellen, die durch die Taschenwände dringen. Sie hat das Geld dafür, aber darum geht es nicht.
Draußen im stillen Dorftag – zu früh für Teenager, die Erwachsenen bei der Arbeit oder mit irgendwelchen Verschönerungsarbeiten an ihren Häusern beschäftigt – stößt sie auf das Walker-Mädchen, das auf der Bank sitzt und mit den Fersen mürrisch herumtrommelt. Sie setzt sich neben sie.
» Hallo«, sagt sie.
Das Mädchen ignoriert sie.
Bel kramt in ihrer Tasche – außer einem Exemplar von Jackie und ihrem Geldbeutel ist nichts weiter drin –, bis sich ihre Finger um den gestohlenen Schokoriegel schließen. Sie zieht ihn heraus und bietet ihn ihr an.
» Was ist?«, fragt das Mädchen.
» Das hab ich dir besorgt.«
Das Mädchen schaut misstrauisch. Starrt Bel an.
» Wofür?«
» Egal. Willst du’s oder nicht?«
» Wie viel?«, fragt sie skeptisch.
» Red keinen Quatsch.«
» Ich hab Geld«, sagt sie aggressiv. » Ich bin kein verdammter Fürsorgefall.«
» Tja«, sagt Bel, » aber ich hab nichts dafür bezahlt, verstehst du?«
Das Mädchen blickt verblüfft. Dann bewundernd. Schließlich neugierig.
» Blöde Kuh«, sagt Bel.
Das Mädchen lacht. » Ja«, sagt sie. » Blöde Kuh.«
Sie nimmt den Schokoriegel, findet eine Einkerbung in der Verpackung und fährt mit dem Daumennagel daran entlang. Bricht ein Stück ab. » Willst du auch was?«, fragt sie gelangweilt. Jemandem etwas anzubieten verunsichert sie. Sie hat nicht viel Gelegenheit, es zu üben.
» Nein, danke«, sagt Bel leichthin und zeigt ihr die Papiertüte mit ihren Süßigkeiten. » Ich hab genug.«
Das Mädchen ist erleichtert, sagt es aber nicht. Eine Weile sitzen die beiden schweigend im gleißenden Sonnenlicht und genießen die doppelten Freuden von Süßigkeiten und Sommerferien.
» Ich heiß Jade«, sagt das Mädchen schließlich.
» Und ich Bel«, sagt Bel.
KAPITEL 11
Martin versucht es erneut bei Jackie. Den ganzen Tag über hat er sie angerufen und den ganzen Abend, seit sie in diesem Minitaxi verschwunden ist. Weiß, dass sie irgendwann drangehen wird; und wenn nicht, wird er wieder zu ihr nach Hause gehen und dort auf sie warten.
Er schlägt ein paar Stunden tot, indem er Kirsty Lindsay googelt, die Journalistin, die am Strand versucht hat, ihn anzuquatschen. Er hatte erwartet, dass sie in Wirklichkeit keine richtige Journalistin war– er hatte noch nie etwas von ihr gehört und fand sie ziemlich unprofessionell, diese ganze Art, wie sie ihn ansprach, ohne sich auszuweisen–, doch zu seiner Überraschung stellt er fest, dass sie tatsächlich existiert; jedenfalls gibt es Treffer bei den Autorenangaben.
Während er die Google-Treffer durchforstet, um der Sache auf den Grund zu gehen, wartet er auf Jackies Rückruf. Er weiß, dass ihr Handy wieder funktioniert, weil er sie einmal angerufen hat, als er ihr auf der Fore Street gefolgt ist. Er hat es in ihrer Tasche klingeln hören und gesehen, wie sie es herausgenommen und aufs Display geschaut hat. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie zurückruft, denkt er. Alle Frauen wünschen sich einen treuen Mann. Sagen sie jedenfalls immer. Schön, wenn sie Treue will, wird er ihr zeigen, was das ist. Egal, wie lange es dauert. Ihr Handy klingelt und klingelt. Er fragt sich, ob sie weiß, dass ihre Mailbox ausgeschaltet ist.
Und macht sich Gedanken über Journalisten, während er liest. Über ihre aufdringliche Neugier, die Art, wie sie ganze Gruppierungen mit einem einzigen Satz in Verruf bringen. Lindsay scheint weder besser noch schlechter als alle anderen zu sein. Offenbar hat sie keine speziellen
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