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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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haben. Dein Name wird hoch geachtet.«
    Magnus nickte nur. »Nun möchte ich den Brautpreis für Zarabeth wissen.«
    Olav wünschte, er hielte einen Dolch in der Hand. Er wünschte, er könnte den unverschämten Kerl mit seinen bloßen Händen erwürgen. In diesem Augenblick kümmerte er sich nicht um die verfluchten Vogelfedern, er hatte nur das innige Verlangen, diesen Kerl zu töten. Doch er hatte keine Waffe, noch besaß er die Kraft, den Wikinger mit bloßen Händen zu erwürgen. Er spielte um Zeit. »Zarabeth ist meine einzige Tochter, und obgleich mein Blut nicht in ihr fließt, ist sie mir sehr ans Herz gewachsen, und ich halte große Stücke auf sie. Ich achte sie so hoch, daß ich ihr freie Wahl lasse, sich ihren Lebensgefährten zu wählen. Was den Brautpreis betrifft, übersteigt er das, was die meisten Männer bezahlen können, denn sie ist nicht nur mir wertvoll, sie soll auch von dem Mann hochgeschätzt werden, der sie mir wegzunehmen wünscht.«
    »Wie hoch ist ihr Brautpreis?«
    Olav hob eine dichte, blonde Augenbraue. »Zunächst, Magnus Haraldsson, soll sie mir bestätigen, daß sie dich heiraten möchte. Ich werde keinen Brautpreis nennen, bevor ich nicht weiß, daß sie ernste Absichten hat.«
    »Zarabeth will mich haben, zweifle nicht daran. Ich lüge nicht. Wie hoch ist ihr Brautpreis?«
    Olav wußte genau, daß der Brautpreis für einen Wikinger wenig Bedeutung hatte. Wenn ihm der Preis zu hoch war, würde er die Frau einfach rauben, ohne Vorwarnung und ohne großes Aufheben. Olav schüttelte den Kopf. Er wollte nicht riskieren, daß der Wikinger Zarabeth entführen und mit ihr nach Norwegen segeln würde. »Nicht so eilig, Magnus Haraldsson. Zuerst muß ich mit meiner Stieftochter sprechen. Wenn sie mir sagt, daß sie dich will — ohne deine Gegenwart, um ihr deinen Willen aufzuzwingen oder sie zu beeinflussen —, so können wir über den Brautpreis sprechen.«
    Magnus wurde ungeduldig wegen der Hinhaltetaktik des alten Mannes, vermutete allerdings, daß ein anderer Vater sich nicht anders verhalten würde. Ein Mann, der seine jüngere Schwester Ingunn heiraten wollte, würde bei seinem Vater ebenfalls auf Vorbehalte stoßen. Doch Ingunn hatte vor einigen Jahren beschlossen, nicht zu heiraten und stattdessen bei Magnus zu leben und ihm den Haushalt zu führen. Er erinnerte sich schwach an die Gespräche zwischen seinem Vater und Dallas Vater, wie beide Männer sich aufgeplustert und mit den Tugenden ihrer jeweiligen Sprößlinge geprahlt und die Mängel verschwiegen hatten. An die Gefühle der jungen Leute dachte dabei keiner der Männer, daran erinnerte Magnus sich noch genau.
    Er lächelte in der Erinnerung und sagte: »Sehr wohl, Olav. Ich werde morgen wiederkommen, nachdem du mit ihr gesprochen hast.« Magnus ging ohne ein weiteres Wort und ohne sich noch einmal umzudrehen. Olavs Finger krümmten sich um einen nicht vorhandenen Dolch. Gleichzeitig kribbelte es ihm in den Fingern nach den Vogelfedern. Er hätte gerne gesehen, wie der Dolch zwischen den Schulterblättern des Wikingers stak, vibrierend von der Wucht seines Wurfes. Und er hätte gerne gesehen, wie König Gunthrams Haupt auf weichen Kissen ruhten, gefüllt mit den von Olav gelieferten weichen Federn — und sich selbst hätte er gern als noch reicheren Mann gesehen. Er hätte den Wikinger nicht gehen lassen dürfen, denn er zweifelte, daß er am nächsten Morgen seine Federn an ihn verkaufen würde. Andere würden ihm sagen, wie kostbar sie waren.
    Olav ging nicht direkt zu Zarabeth, um mit ihr zu sprechen, denn er würde sie möglicherweise töten, so groß war sein Zorn, sein Gefühl, betrogen worden zu sein.
    Was war zu tun?
    Sie gehörte ihm und würde bei ihm bleiben, daran gab es keinen Zweifel. Aber dieser Wikinger, dieser Magnus Haraldsson war ein Mann, der mit Vorsicht zu genießen war, denn er war keineswegs der Sohn eines einfachen Händlers, den man so ohne weiteres an der Nase herumführen oder mit Ausreden abspeisen konnte. Er war ein Mann von Entschlossenheit und Macht. Olav ging seiner Arbeit nach, verhandelte mit anderen Händlern, führte seine Waren möglichen Käufern vor und ging aus den meisten Verhandlungen als Sieger hervor, denn er verstand sich glänzend aufs Verhandeln, war von schnellem Verstand und vermochte seine Taktik rasch zu wechseln. Er wartete bis zum Nachtmahl.
    Als er vom Laden nach hinten in den Wohnbereich ging, sah er Zarabeth mit gerötetem Gesicht vor dem
    Herd stehen. Ihre Augen

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