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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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    Während er sich einen weiteren Brandy einschenkte, wünschte Linnley sich, einmal im Leben etwas machen zu können, das nichts mit seiner Frau zu tun hatte. Etwas ganz alleine schaffen! Er lehnte sich mit geschlossenen Augen auf der Chaiselongue zurück und begann nachzudenken. Vielleicht gab es ja die Möglichkeit, ein gewinnbringendes Geschäft abzuschließen? Dann würde er vor seiner Frau und seinem Sohn dastehen und sagen können: »Seht her, das habe ich, ich ganz alleine, euch eingebracht!«
    Ja, es musste einen Weg geben, den er allein beschreiten konnte. Und er würde erfolgreich sein!

8. Kapitel
    Bothy Castle, Loch Melfort, April 1781
    M aureen war von Archibald McCorkindale enttäuscht. Obwohl sie keinen Grund hatte, diesen Mann, der trotz allem ihr Großvater war, auf die eine oder andere Art zu bewundern, hatte Maureen sich einen Mann vorgestellt, der trotz seines Alters noch etwas von seiner einstigen Stärke erkennen ließ. Jetzt saß sie ihm gegenüber, und der einst mächtige Clanchef war alt, krank und gebrechlich, sein Körper ausgemergelt, das Rückgrat gebeugt und das Gesicht von tiefen Furchen durchzogen. Sein Haar stand in wenigen weißen Büscheln von einem sonst kahlen Schädel ab. Vielleicht war Maureen auch darüber enttäuscht, dass diese schmächtige Erscheinung so rein gar nichts an sich hatte, vor dem sie sich fürchten musste. In den letzten Monaten hatte sie sich ein völlig anderes Bild von McCorkindale gemacht, und sie empfand nicht die kleinste Gefühlsregung für ihn.
    »Sie haben mir meine tote Tochter gebracht.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Das Einzige, das an McCorkindale nicht wie ein lebender Leichnam wirkte, war seine Stimme. Sie war trotz seines Alters noch tief und kräftig.
    »Es war ihr Wunsch, in Degnish ihre letzte Ruhestätte zu finden«, erwiderte Maureen kühl.
    Eine Tür öffnete sich, und die Frau, die Maureen bei ihrer Ankunft vor einer knappen Stunde misstrauisch beäugt und zu McCorkindale geführt hatte, betrat den kleinen Raum und stellte einen Krug und drei Holzbecher auf den wackligen Tisch. Sie schenkte ein, reichte dem Alten und Maureen je einen Becher und nahm dann selbst einen tiefen Schluck. Durstig ließ Maureen das kühle Bier durch ihre trockene Kehle rinnen. Die Reise war anstrengend und staubig gewesen, denn ausnahmsweise hatte es an keinem Tag geregnet. Sie musterte die Frau, die jetzt sorgsam das Plaid, das McCorkindale von den Knien gerutscht war, wieder über ihn breitete.
    »Geht es dir gut, Archie?«, fragte sie und strich ihm zärtlich über die faltige Wange. »Wenn das Gespräch dich zu sehr aufregt, schicke ich die Frau fort.«
    Maureen schnappte nach Luft. Was bildete sich dieses Weib eigentlich ein? Offensichtlich lebte sie hier bei und mit McCorkindale. Welche Stellung bekleidete sie? War sie eine Art Pflegerin für den alten Mann? Die Frau, von McCorkindale zärtlich Ellie genannt, war kaum älter als Maureen. Zugegeben, mit ihren vollen roten Locken, der üppigen Figur und den sinnlichen Lippen war sie in den Augen der meisten Männer eine Schönheit, und Maureen fragte sich, was Ellie ausgerechnet in dieser verlassenen Gegend bei dem alten Mann hielt. Dass sie aus Liebe zu McCorkindale in der zugigen, schmutzigen und jeden Komfort vermissenden Burg die besten Jahre ihres Leben verschwendete, konnte Maureen sich nicht vorstellen. Auch auf sein Geld konnte Ellie nicht aus sein, denn dass Archibald McCorkindale bitterarm war, sah man auf den ersten Blick. In der Burg wurden nur noch die unteren Räume bewohnt, die Fensterscheiben der oberen Stockwerke waren gesprungen oder fehlten zum Teil ganz. In der Eingangshalle türmte sich Schmutz in alten, stinkenden Binsen, die in Cornwall seit Jahrzehnten keine Verwendung mehr fanden. Maureen vermisste jeglichen Zierrat wie Vorhänge oder Wandteppiche. Die Burg wirkte, als wäre das Mittelalter hier stehen geblieben. In dem kleinen Raum neben der Halle, in den sie geführt worden war, brannte zwar ein Torffeuer im Kamin, das den Raum aber lediglich mit beißendem Qualm, und nicht mit Wärme erfüllte. Was Maureen bisher von der Einrichtung gesehen hatte, war abgewohnt oder kaputt. Vielleicht war McCorkindale auch ein Geizhals, der nach außen das Leben eines Bettlers führte, während sein Keller mit Goldstücken angefüllt war? Diesem Mann würde sie alles zutrauen.
    »Sie waren also eine Nachbarin meiner Tochter aus Edinburgh?«, unterbrach der

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