Im Schatten Der Wälder: Roman
schwebte auf ihren manikürten und massierten Füßen förmlich zu ihrer Villa zurück. Drinnen wurde sie von Blumenduft und den leisen Klängen von New-Age-Musik empfangen. Durch das Wohnzimmer mit seinen weichen Polstermöbeln
und dem glänzenden Holzfußboden glitt sie direkt auf die blumenumstandene Terrasse, auf der Sylvia sich sonnte.
»Ich bin verliebt.« Verträumt seufzend sank Fiona auf einen Sessel. »Ich habe mich in eine Frau namens Carol verliebt, die mit ihren magischen Händen mein Herz gestohlen hat.«
»Du siehst entspannt aus.«
»Entspannt? Ich bin schlaff wie eine gekochte Nudel. Die glücklichste Nudel im pazifischen Nordwesten. Und du?«
»Ich bin entgiftet, geschrubbt, gepeelt und frisch lackiert. Die größte Entscheidung, die ich im Moment zu treffen habe, ist die Frage, was ich zu Abend essen soll. Ich habe mir schon überlegt, dass ich für den Rest meines Lebens hier einziehen will.«
»Brauchst du noch eine Mitbewohnerin? Gott, Syl, warum haben wir das eigentlich früher nie gemacht?«
Sylvia warf ihr über die rosa getönten Gläser ihrer Brille einen Blick zu. Sie legte das Modemagazin, in dem sie geblättert hatte, beiseite. »Wir sind in die Falle geraten, dass berufstätige Frauen sich nichts leisten dürfen. Jetzt sind wir aus dem Käfig ausgebrochen. Und ich verfüge hiermit, dass wir während unseres wohlverdienten Urlaubs nur Hochglanzmagazine und/oder unterhaltsame Romane lesen dürfen.«
Sie tippte auf das Cover der Zeitschrift, die sie gerade weggelegt hatte.
»Wir schauen uns nur leichte, lustige Filme im Fernsehen an – wenn wir das überhaupt möchten. Wir werden alle Gedanken an Arbeit, Sorgen und Verantwortung aus unseren Köpfen verbannen. Die einzigen Entscheidungen, die wir treffen werden, drehen sich um Zimmerservice oder Restaurant und die Farbe des Nagellacks nach der Pediküre.«
»Ich bin dafür. Ich stehe absolut dahinter. Ist Mai noch nicht wieder da?«
»Wir sind einander im Entspannungsraum begegnet. Sie sagte, sie wolle schwimmen gehen.«
»Wenn ich das jetzt versuchen würde, würde ich wahrscheinlich wie ein Stein untergehen und ertrinken.« Fiona räkelte sich, merkte aber schnell, dass sie das viel zu viel Energie kostete. »Carol hat mein Chi ausbalanciert, oder vielleicht hat sie meine Chakren wieder auf die Reihe gebracht. Auf jeden Fall hat sie damit fantastische Ergebnisse erzielt.«
Mai kam in einem der weichen Bademäntel, die den Gästen zur Verfügung standen, auf die Terrasse und ließ sich auf eine Liege sinken. »Meine Damen, ist das ein Traum? Ist das alles nur ein Traum?«, fragte sie.
»Es ist für drei glorreiche Tage unsere Realität«, erklärte Sylvia und ging hinein.
»Ich bin vollkommen erneuert, ich hatte die Geist-Seele-Körper-Erneuerung. « Mai schloss die Augen. »Ich möchte jetzt für den Rest meines Lebens jeden Tag erneuert werden.«
»Syl und ich werden hier einziehen, und ich werde Carol heiraten.«
»Gut, dann bin ich euer ständiger Gast. Wer ist Carol?«
»Carol hat ihre magischen Hände bei meinem Chi oder Chakra – möglicherweise bei beidem – eingesetzt, und ich werde ihr auf ewig dankbar sein.«
»Richie hat mich erneuert. Ich könnte ja Richie heiraten, dann bräuchte ich auch nicht mehr im Internet zu suchen.«
»Ich dachte, der Zahnarzt hat dir gefallen.«
»Kieferorthopäde. Anfangs ja, aber dann haben wir uns ein zweites Mal getroffen, und er hat über eine Stunde nur von seiner Ex-Frau geredet. Sie war ein Luder, hat ständig etwas an ihm auszusetzen gehabt, hat viel zu viel Geld ausgegeben und ihn bei der Scheidung bis auf die Unterhose ausgezogen und so weiter und so fort. Der Kieferorthopäde Sam
verschwindet ebenso von der Bildfläche wie der Psychologe Robert, der Versicherungsvertreter Michael und Cedric, der Anwalt und unveröffentlichte Schriftsteller.«
»Da bist du mit Richie besser dran.«
»Ich wusste es doch.«
Sie blickten beide zur Tür, und Fiona riss die Augen auf, als Sylvia mit einem Silbertablett hereinkam.
»Champagner! Ist das Champagner?«
»Champagner und Schokoladenerdbeeren. Ich dachte, es müsse gefeiert werden, wenn drei schwer arbeitende Frauen und Freundinnen sich endlich einmal etwas gönnen.«
»Wir trinken Champagner auf der Terrasse unserer Suite im Spa!« Fiona klatschte in die Hände. »Es ist ein Traum.«
»Haben wir uns das nicht verdient?«
»Genau.« Mai applaudierte, als Sylvia die Flasche entkorkte.
Als Sylvia allen eingeschenkt hatte,
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