Im Schatten Der Wälder: Roman
dran«, raunte Sylvia, »dann kommt sie auch nicht drauf.«
17
I m Hinblick auf ihren Beruf und die Gartenarbeit, die fast das ganze Jahr über anfiel, war Maniküre für Fiona eigentlich Geld- und Zeitverschwendung.
Aber hier schwamm sie im Luxus.
Und es war ihr letzter Tag, rief sie sich ins Gedächtnis. Sie wollte das Beste daraus machen – und mit perfekt lackierten Finger- und Fußnägeln nach Hause fahren, auch wenn sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden schon wieder angeschlagen sein würden.
Außerdem fühlte es sich gut an.
Sie bewunderte das zarte Pink auf ihren kurzen, aber jetzt wohlgeformten Fingernägeln, als sie ihre Füße in das Becken mit warmem, sprudelndem Wasser am Fuß des Pedikürestuhls eintauchte. Ein Stuhl, dachte sie, auf dem man sich wie im Himmel vorkam, weil er unter ihrem Rücken auch noch vibrierte.
Cindy, die ihr die Hände manikürt hatte, brachte ihr ein Glas Wasser mit einer Zitronenscheibe. »Fühlen Sie sich wohl?«
»Mehr als wohl, ich bin euphorisch.«
»Das höre ich gerne. Soll ich die Fußnägel im selben Farbton lackieren?«
»Ach was, bei den Füßen nehmen wir etwas Wildes. Scharlachrote Leidenschaft.«
»Ja, super.« Sie hob Fionas Füße aus dem Wasserbad, trocknete sie ab und bestrich sie mit einer warmen, grünen Paste. »Das muss jetzt ein paar Minuten trocknen. Entspannen Sie sich einfach nur. Kann ich Ihnen irgendetwas bringen? «
»Nein, ich habe alles.«
Fiona kuschelte sich in ihren Stuhl, schlug ihr Buch auf und vertiefte sich in eine romantische Komödie.
»Gutes Buch?«, fragte Cindy, als sie zurückkam, um die Paste abzuspülen.
»Ja. Perfekt für meine Stimmung. Ich fühle mich glücklich, entspannt und hübsch.«
»Ich lese schrecklich gerne. Am liebsten verrückten Horror und grausige Krimis. Ich weiß nicht, warum ich mich dabei am besten entspannen kann, aber es ist so.«
»Vielleicht weil Sie ja wissen, dass Ihnen beim Lesen nichts passieren kann.«
»Ja.« Cindy begann, Fionas Ferse mit einem Bimsstein abzureiben. »Deshalb höre ich auch nicht gerne Nachrichten, weil sie real und einfach nur schrecklich sind. Unfälle, Naturkatastrophen, Verbrechen.«
»Oder Politik.«
»Noch schlimmer.« Cindy lachte. »Wenn Sie in einem Buch etwas Schlimmes lesen, dann können Sie immer noch hoffen, dass alles gut ausgeht und dass die Guten siegen. Der Mörder wird gefangen und kriegt seine gerechte Strafe. Das gefällt mir. Aber in der Wirklichkeit ist das nicht immer so. Ich habe echt Angst, dass sie diesen Irren, der die jungen Frauen umbringt, nie fassen. Mittlerweile sind es schon vier. Oh! Habe ich Ihnen wehgetan?«
»Nein.« Fiona zwang sich, ihren Fuß wieder zu entspannen. »Nein, Sie haben mir nicht wehgetan. Vier?«
»Ja, sie haben sie vor zwei Tagen gefunden. Sie haben wahrscheinlich nichts davon gehört. In Cascades in Oregon. Es ist zwar meilenweit entfernt, aber es macht mir wirklich Angst. Wenn ich späte Termine habe, lasse ich mich nun von meinem Mann abholen. Das ist wahrscheinlich albern, weil ich ja schließlich keine Studentin bin, aber es ist mir unheimlich. «
»Ich finde es nicht albern.« Fiona trank einen Schluck Zitronenwasser, weil ihre Kehle auf einmal staubtrocken war. »Was macht Ihr Mann beruflich?«, fragte sie, um das Thema zu wechseln. Cindy plapperte weiter, und sie konnte in Ruhe nachdenken.
Vor zwei Tagen. Da hatte Sylvia verfügt, dass es keine Zeitungen und kein Fernsehen geben sollte.
Sie hatte es gewusst, was bedeutete, dass Mai es auch wusste. Und sie hatten es vor ihr verheimlicht. Wahrscheinlich, damit sie ein bisschen zur Ruhe kam, dachte sie.
Deshalb würde sie jetzt ebenfalls nichts sagen, beschloss sie. Wenigstens für den Augenblick würde sie die Geister bannen.
Das sah ihm gar nicht ähnlich, dachte Simon und betrachtete stirnrunzelnd die Blumen auf Fionas Küchentisch. Normalerweise kaufte er keine Blumen.
Na ja, klar, ab und zu schon mal für seine Mutter. Aber aus einem Impuls heraus, ganz ohne Grund, hatte er einer Frau noch nie Blumen geschenkt.
Wenn man nach ein paar Tagen wieder nach Hause kam – na ja, okay, sie war vier Tage weg gewesen –, war das noch lange kein guter Grund.
Er wusste echt nicht, warum sie ihm so gefehlt hatte. Schließlich hatte er eine Menge Arbeit geschafft, ohne dass sie ihm ständig auf die Pelle rückte, oder? Und er hatte zahlreiche Entwürfe gemacht, weil er sich seinen Tag alleine einrichten konnte.
Er hatte es gerne ruhig. Es war ihm
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