Im Schatten der Wandlung (German Edition)
führte sie an seine Lippen und küsste sie. Bei jedem anderen hätte diese Geste äußerst kitschig gewirkt. Doch nicht bei Eric. Er war der perfekte Gentleman.
Ich wusste nicht wie ich mich verhalten sollte. Solche Gesten war ich einfach nicht gewohnt.
„Hast du jetzt irgendwas vor, wegen Evan?“
„Ich werde versuchen mit ihm zu reden. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht so leicht sein wird. Immerhin wollte er mich bei unserer letzten Begegnung umbringen.“
Eric sagte das in einem heiter klingenden Ton, dennoch blieb mir die Niedergeschlagenheit in seinen Augen nicht verborgen.
„Kann ich dir irgendwie helfen?“
„Das tust du bereits. Mit deiner Anwesenheit.“
Er schaffe es immer wieder aufs Neue, mich aus dem Konzept zu bringen. Dabei war ich sonst wirklich nicht auf den Mund gefallen. Nur ist das alles eben keine alltägliche Situation. Ich meine, wer gerät schon in die Machtkämpfe von Vampiren und verliebt sich dann auch noch in einen von ihnen? Vor meinem geistigen Auge erschien ein Bild von mir, in dem ich wie in der Schule meinen Arm strecke und mich melde.
Ich darf gar nicht daran denken, was meine Mom davon halten würde. Bei dem Gedanken fing ich leise an zu lachen.
„Darf ich mitlachen?“
„Oh äh, ich hab nur gerade an meine Mom denken müssen. Ist nicht wichtig.“
„Sam?“, ich hörte Caitlins Stimme leise und vorsichtig nach mir rufen. Sie kam mit halbgeschlossenen Augen die Treppe runter.
„Kann ich die Augen aufmachen oder seid ihr nackt?“
„Caitlin!“ Ich wurde knallrot.
Eric lachte amüsiert auf. Mir war das äußerst peinlich. Am liebsten hätte ich sie gegen die Wand geklatscht.
„Was gibt’s denn?“, brachte ich mit zorniger Stimme hervor.
„Hey, reg dich ab. Das war ein Scherz, okay?“
Ich nickte ungeduldig. Von ihren Scherzen hatte ich für heute genug.
„Als ich oben gerade meine Yogaübungen gemacht habe, fiel mein Blick zufällig auf den Waldrand.“
Sie senkte ihre Stimme, ließ es mysteriöser klingen als sie weiter sprach:
„Da liegt irgendwas. Genau da wo der Wolf verschwunden ist. Es ist irgendwie gruselig.“
Die Worte lösten eine Gänsehaut in mir aus.
„Was ist es?“, wollte Eric wissen.
„Keine Ahnung. Ich habe keine Vampiraugen, somit konnte ich es nicht erkennen.“
„Dann lasst uns nachsehen“, schlug ich vor.
„Nein. Ihr bleibt beide im Haus. Ich werde nachschauen“, sein Tonfall ließ keine Widerrede zu.
Während Eric zum Wald ging fragte ich mich, was wohl als nächstes kommen würde. Vielleicht ist es ja auch gar nichts Schlimmes was da draußen liegt. Vielleicht nur ein Müllsack. Gefüllt mit Leichenteilen? Oder ein altes Fahrrad das jemand da abgestellt hat? Oder der es nicht mehr gebrauchen kann, weil er jetzt tot ist?
Ich zwang mich, meine Gedanken unter Kontrolle zu bringen und nicht gleich vom Schlimmsten auszugehen. Das fiel mir im Moment jedoch nicht ganz so leicht. Da kam mir ein schrecklicher Gedanke. Vielleicht war es unser Pizzabote? Der nur sterben musste, weil wir Lust auf Pizza hatten. Er hätte eigentlich schon längst hier sein müssen. Ich merkte, wie mir immer mehr die Farbe aus dem Gesicht wich. Warum sollte Evan, oder einer von denen, jemanden einfach so umbringen? Waren die wirklich so kaltblütig? Könnte Eric genauso sein? Nein, nie. Niemals!
„Zwanzig Dollar für deine Gedanken“, hörte ich Cait sagen.
„Kauf dir dafür lieber den neuen Roman von Stephen King oder John Grisham, das müsste in etwa hinkommen.“
Eric kam mit einer Pizzaschachtel in der Hand zurück.
„Sag bloß, das war unsere Pizza die ich gesehen habe?“
Erics Gesicht war wie versteinert. Ich konnte weder erkennen was er dachte, noch was er gesehen hatte.
„Die habe ich gerade dem Lieferanten vor der Tür abgenommen.“
Er stellte die Pizza auf dem Esszimmertisch ab. Caitlin nahm sich ein Stückchen und biss hinein. Als ich den Geruch wahrnahm, knurrte mein Magen. Eric hielt mir daraufhin ein Pizzastück entgegen. Ich nahm es dankbar entgegen und fing an zu essen. Es gibt einfach nichts Besseres als Pizza.
Mir kam es irgendwie unhöflich vor, vor Eric zu essen. Ich aß genüsslich mein Stückchen Pizza, während er sie nie wieder würde schmecken können. Aber ich konnte ihm ja auch nichts davon anbieten, es war ja kein Blut.
„Du brauchst wegen mir kein schlechtes Gewissen zu haben Sam.“
Ich war wieder mal ein offenes Buch für ihn.
„Es ist nur irgendwie gemein vor dir zu essen,
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