Im Schatten der Wandlung (German Edition)
diesem Moment war alles andere vergessen, es gab nur noch Eric und mich.
Ich erstarrte, als mein Handy anfing zu klingeln. Das war mal wieder das absolut perfekte Timing.
„Willst du nicht rangehen?“, flüsterte Eric an meinen Lippen.
„Nein“, war alles was ich hervorbrachte.
Als der penetrante Anrufer nicht ans Auflegen dachte, löste ich mich schwerfällig von ihm. Gerade als ich drangehen wollte, hörte es auf zu klingeln. War ja klar.
„Ich sollte dann gehen. Ich werde Evan suchen und ihn zur Rede stellen.“
War ja auch klar.
In meinen Augen stand mit Sicherheit die pure Enttäuschung.
Tapfer sagte ich: „Okay.“
Doch vorher kam er noch mal her und küsste mich sanft auf die Lippen. Als ich meine Augen wieder öffnete, war er bereits verschwunden. Ich sah nur noch, wie der Vorhang durch die geöffnete Balkontür hinaus wehte.
Spiegelkabinett
Ein paar Minuten später klopfte Lori ganz vorsichtig an meine Tür.
„Kann ich rein kommen?“
„Klar. Die Tür ist offen, wie immer.“
„Oh, du bist allein? Ich hab gar nicht mitgekriegt wie Eric gegangen ist.“
„Na ja, er ist über den Balkon … gegangen.“
Ob gegangen wohl das richtige Wort war?
Sie ließ sich seufzend neben mich aufs Sofa fallen.
„Bist du sehr beunruhigt Sam?“
„Du etwa nicht?“
„Ich habe das alles mehr oder weniger schon mal mitgemacht. Mit deinem Onkel damals. Seine Vampirfreunde und seine Familie waren gegen unsere Beziehung. Sie nannten mich unwürdig, da ich keine von ihnen sei. Sie haben uns das Leben nicht gerade leicht gemacht.“
„Und dann hast du Ben in einen Menschen zurückverwandelt und alles war wieder okay?“
Sie lächelte mich gequält an.
„Ja, nein, so leicht war das nicht. Am Anfang als er wieder ein Mensch war, haben sie sich jede Nacht um unser Haus versammelt und wollten uns einschüchtern. Dann haben sie uns überallhin verfolgt. Sie wollten nicht wahr haben, dass Ben wieder ein Mensch war. Siehst du die Narben hier oben?“
Lori zog ihr Shirt über die linke Schulter.
„Da wurde ich gebissen. Hätte Ben den Vampir nicht gepfählt, wäre ich heute nicht hier. Ab da haben sie uns dann in Ruhe gelassen. Sie haben wohl nicht damit gerechnet, dass Ben einen von ihnen töten würde, nur um mich zu retten.“
„Du musst ihn sehr vermissen.“
„Mehr als du dir vorstellen kannst. Er war mein Leben.“
Sachte streichelte ich ihr über den Rücken.
„Sam, du weißt doch, dass es für dich gefährlich ist mit Eric zusammen zu sein?“
Ich nickte.
Nach einer Weile fragte sie: „Ist er es wert?“
„Ja.“
„Okay. Aber lass es auch in Zukunft so sein, die Sache wert, denn ansonsten ist mir dein Leben wichtiger als alles andere. Wahrscheinlich bin ich eine der Wenigen, die dich da verstehen kann. Wenn irgendwann mal was sein sollte, wenn du Hilfe brauchst oder nur mal reden willst, dann bin ich da.“
„Danke.“
***
Als Lori ins Bett ging, bestellte ich für meine Mom im Internet ein Weihnachtsgeschenk, das ihr pünktlich an Heiligabend geliefert werden sollte. Es war ein Kalender mit Fotos von mir und meiner Mom. Für Caitlin hatte ich bereits ein amerikanisches Koch- und Backbuch, für Lori einen Seidenschal. Für Eric hatte ich noch nichts. Ich fand es total schwer,das Richtige für ihn zu finden. Feiern Vampire überhaupt Weihnachten?
Plötzlich packte mich eine Laune und ich gab in eine Suchmaschine die Worte „Vampir“ und „Ritual“ ein. Da hatte ich mehrere tausend Treffer gelandet. Super.
Ich fing an, jede einzelne Website zu durchforsten. Das Meiste war unbrauchbar. Irgendwelche Vampirclubs in denen man Gruselgeschichten und –bildchen runterladen konnte. Was hatte ich denn auch erwartet?
Eine Seite weckte dann doch noch mein Interesse. Es war eine Seite auf Latein. Das hatte ich in der 11. Klasse abgewählt. Ein bisschen was war aber immer noch im hintersten Eck meines Gedächtnisses haften geblieben.
Die Website war von einem koreanischen Priester vor zig Jahrhunderten erstellt worden. Sie bestand nur aus einem einzigen Bericht. Aus diesem Text konnte ich die Worte „wollen, Ritual, alt, umstritten, geheim und Mensch“ raus lesen.
Ich bin die Worte immer und immer wieder durchgegangen. Sie ergaben einfach keinen Sinn. Lori meinte, in der Stadtbücherei wäre sie damals auf das Ritual gestoßen. Ich nahm mir fest vor, der Bücherei in den nächsten Tagen einen Besuch abzustatten.
Vielleicht sollte ich Eric erst mal
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