Im Schatten des Dämons
Schauspieler und Stimmen-Imitator. Besonders
das kann er gut: Stimmen nachahmen. Er hat mir seine Visitenkarte gegeben.“
Karl verstand offenbar nicht, weshalb
Tim sich darüber ausließ.
„Und den willst du mitnehmen nach
Mallorca?“
„Warum nicht? Mallorca ist für alle
da.“
Kathi stand auf.
„Ich habe noch Tee in der Küche.“
„Ich helfe Ihnen beim Tragen“, meinte
Tim und latschte hinterher, als sie in die Küche entschwand.
Kathi schloß die Tür.
„Mein Gott! Du hast also mit ihm
geredet!“
„Ein ganz schön abgefeimtes Spiel.“
„Bitte, verrat mich nicht, Tim. Ich muß
Robert zu seinem Glück zwingen. Siehst du nicht, wie froh und entspannt er
jetzt ist? Es ist auch richtig für ihn. Gerade für ihn.“
„Mich fuchst, daß der Obergangster
Bonzemann nun doch zum Ziel kommt.“
„Laß ihn. Der wird über irgendwas
anderes stolpern.“
„Kähling sagt, er habe die Reifen nicht
zerstochen.“
„Das muß irgendwer in Bonzemanns
Auftrag getan haben“, nickte Kathi. „Wardi war’s nicht, und ich auch nicht.“
Tim trug die große Teekanne hinüber.
Als Kathi Platz nahm, fiel ihr Blick
auf die Wanduhr.
„Oh! Ich muß los. Sonst verpasse ich
meine Hypnose bei Dr. Prunk.“
Klößchen verschluckte sich an der
dritten Honigsemmel. „Sie... gehen zu Dr. Prunk?“ fragte Karl erstaunt.
Kathi nickte. „Ein sehr guter HNO-Arzt.
Kennt ihr ihn?“
„Wir waren bei ihm, bevor wir
herkamen“, nahm Tim das Wort. „Im übrigen brauchen Sie sich nicht zu ihm zu
bemühen. Er hat seine Praxis zugemacht. Für heute. Weil im Hause der Teufel los
war.“
Tim berichtete. Und die Wiholds
entsetzten sich wegen Kolbes verrücktem Bombenanschlag. Noch während Tim
erzählte, betrat ein Kunde die Musikalien-Handlung. Wihold ging nach vorn und
begann ein Verkaufsgespräch wegen einer Heimorgel.
„Schade“, sagte Kathi, „daß ich Dr.
Prunk heute nicht mehr sehe. Er ist mehr als ein Arzt für mich. Er berät mich
auch in anderen Dingen. Ich vertraue ihm sehr.“
„Hat er Sie schon häufig hypnotisiert?“
fragte Tim.
„Fünfmal. Ich leide nachts unter Ohrensausen.“
„Und wobei berät er Sie?“
„Nun“, sie lächelte und wischte mit
einem Blick über Karl und Klößchen, die ihre Anspielung nicht verstehen würden,
„auch bei dem abgefeimten Spiel jetzt, wie du es nennst, Tim, hat er mich
beraten.“
„Dann waren Sie gestern noch bei ihm?“
„Am späten Nachmittag in der Praxis.“
„Prunk hat zugestimmt?“
„Er fand, daß ich richtig handele. Er
hat sich auch nach dem Preis erkundigt, den Bonzemann uns bietet. Dr. Prunk ist
sehr besorgt. Er wollte sogar wissen, ob wir eine seriöse Bank haben und ob ich
das Geld auch allein abheben kann. Oder ob nur Robert über das Konto verfügt.“
Tim klingelten beide Ohren. „Aber Sie
haben Konto-Gewalt?“
„Selbstverständlich. Ich habe Zugang zu
unserem Gemeinschaftskonto.“
„Es ist wirklich erstaunlich“, meinte
Tim und trank von seinem Tee, „um was sich dieser Dr. Prunk alles kümmert. Der
ist nicht nur Arzt. Der ist ein geradezu dämonischer Menschenfreund.“
„Ist er, hähähähäh“, knöterte Klößchen.
Eine Weile herrschte Schweigen.
Kathi lächelte still vor sich hin.
Offensichtlich schweiften ihre Gedanken
über die sonnige Mittelmeerinsel.
Karl warf Tim einen Blick zu und hob
die Brauen hinter der Nickelbrille.
Was ist gemeint mit abgefeimten Spiel?
hieß das.
„Später“, sagte Tim wie im Selbstgespräch
und griff nach der Teekanne.
Seit etwa einer halben Minute
entwickelte sich ein Gedanke unter seinen braunen Locken, der einerseits
aberwitzig, andererseits durchaus logisch war.
Das Verkaufsgespräch draußen war
beendet.
Der Kunde unterschrieb die Bestellung.
Tim stand auf, ging hinaus und schloß
die PRIVAT-Tür hinter sich.
Der Kunde stieg schon in seinen
parkenden Wagen, ein Mercedes-Spitzenmodell.
Wihold legte die Heim-Orgel-Bestellung
in das Schubfach eines englisch-aussehenden Schreibsekretärs.
„Herr Wihold“, sagte Tim, „warum haben
Sie Ihre eigenen Autoreifen zerstochen?“
Der Musikalien-Händler verharrte, eine
Hand in der Lade.
Das Gesicht wurde blaß — jedenfalls auf
der Tim zugewandten Seite.
„Wie... wie... kommst du auf sowas?“
„Weil es alle andern, die es gewesen
sein könnten, nicht waren. Ich habe sie überprüft. Nur Sie, Herr Wihold,
bleiben übrig. Mein Ehrenwort, daß ich nicht darüber rede, wenn Sie jetzt
eingestehen!“
„Ich...“ Wihold
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