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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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gleichgültigen Tonfall, als ginge sie das alles nichts an.
    »Tiagos älterer Bruder Guillermo ist verunglückt. Bei einem Autounfall. Vor drei Tagen«, erklärte Valentina schlicht.
    Pepe verdrehte die Augen. »Mich wundert es gar nicht, dass man sich in diesen Ungetümen das Genick brechen kann. Es sollte verboten sein, dass …«
    Ein strenger Blick seiner Mutter ließ ihn verstummen, wenngleich er mit derselben bockigen Miene schwieg, die nun auch Victoria aufsetzte.
    »Was geht mich das an?«, fragte sie schnippisch. »Aurelia hat mich Tiago nie offiziell vorgestellt – geschweige denn ihrem Schwager.«
    »Nun, es geht Aurelia etwas an. Guillermo hat den Unfall nicht überlebt, und das wird weitreichende Folgen für sie haben …«
    »Nämlich welche?«
    Valentina seufzte. »So wie es aussieht, hat William Brown Tiago dringend gebeten, nach Hause zurückzukehren. Wie William nunmehr zu Tiagos Ehe mit Aurelia steht, weiß ich nicht, aber es gibt nur zwei Möglichkeiten: Er pocht auf Scheidung oder akzeptiert sie als neues Familienmitglied. So oder so, finde ich, ist der Zeitpunkt gekommen, wieder mit ihr zu sprechen. Was war noch einmal der Grund für euren lächerlichen Streit?«
    Dass erneut dasselbe Wörtchen fiel, erboste Victoria. »Es war nicht lächerlich, es war …« Sie brach ab, denn im Grunde genommen hatte sie Aurelia in den letzten Wochen oft schmerzlich vermisst. Es ärgerte sie nach wie vor, dass diese Tiago geheiratet hatte, aber manchmal, wenn sie selbst mit klopfendem Herzen an Jiacinto dachte, fragte sie sich, ob es nicht ein Unrecht war, der anderen ausgerechnet die Liebe zu einem Mann vorzuwerfen. Auch wenn er der falsche Mann war, zumindest in Victorias Augen – die Liebe war doch ein tiefes, echtes, ehrliches Gefühl!
    Ehe sie etwas hinzufügen konnte, ertönte hinter ihnen schrilles Gelächter. Victoria hatte nicht bemerkt, dass Rebeca nachgekommen war und offenbar ebenfalls von Guillermo Brown y Alvarados’ Tod erfahren hatte.
    »Nun, da hat es einmal den Richtigen getroffen«, rief sie und lachte weiterhin schallend.
    Victoria hatte zwar selbst wenig Mitgefühl mit einem Mann, der sich mit seinem Auto leichtsinnig zu Tode fuhr, aber begriff nicht, was daran lustig sein sollte, wenn ein Mensch in so jungen Jahren aus dem Leben gerissen wurde. Auch Valentina verzog missbilligend die Stirn, während Rebeca inzwischen so heftig lachte, dass sie sich nach vorne beugte und Speicheltröpfchen von ihrem Mund sprühten.
    »Warum lachst du?«, fragte Valentina.
    »Weil Geld eben doch nicht alles ist!«, rief sie schrill. »Weil auch die Reichen sterblich sind!«
    Offenbar dachte Rebeca an ihre toten Eltern, die ausgemergelte Mutter, den hilflosen Vater, und an die als Kinder gestorbenen Geschwister und hielt es für ausgleichende Gerechtigkeit, dass sich auch die canalla dorada nicht immer einem zu frühen Tod entziehen konnte.
    So abrupt, wie es begonnen hatte, riss ihr Gelächter hab. »Im Übrigen gebe ich Doña Valentina recht«, erklärte sie nüchtern. »Ich finde auch, dass du dich mit Aurelia versöhnen solltest.«
    Victoria starrte sie verwundert an. Sie hatte mit den Carrizos so gut wie gar nicht über ihre Freundin gesprochen und auch den Streit nur vage erwähnt.
    »Aber ja doch!«, rief Rebeca bekräftigend. »Falls Tiago sich weiterhin zu ihr bekennt und sie offiziell in die Familie aufgenommen wird, ist sie jetzt eine reiche Frau. Und du kannst sie sicher dann und wann um Geld bitten. Wir können es brauchen.«
    Sprach’s, zuckte die Schultern und wandte sich um. »Außerdem würde Jiacinto das auch so sehen«, erklärte sie abschließend mit einem Grinsen.
    »Also gut«, gab Victoria nach, nachdem sie gegangen war, »wir werden Aurelia besuchen und ihr beistehen. Aber wir sollten nichts überstürzen. Es reicht, wenn wir morgen zu ihr fahren. Oder nächste Woche.«
    »Das heißt, wir können jetzt doch noch essen!«, frohlockte Pepe, dem die Aufregung zumindest nicht auf den Magen geschlagen war.
    »Die Suppe ist längst kalt geworden«, stellte Valentina etwas mürrisch fest, nahm jedoch trotzdem wieder am Speisetisch Platz und zog die Schüssel zu sich.

14. Kapitel
    S ein einstiges Zuhause wirkte zwar düster und bedrückend wie stets, aber es war für Tiago erträglicher als sonst, es zu betreten. Jener Widerspruch zwischen augenscheinlichem Reichtum und gleichzeitiger Leblosigkeit hatte ihm stets zugesetzt – zu einem Haus, in dem getrauert wurde, passten jedoch

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