Im Schatten des Fürsten
manchen Stellen war Max’ Kleidung versengt oder sogar verbrannt. Dennoch erhob er sich offensichtlich unverletzt auf die Beine und ging auf Brencis zu. »Da musst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen«, sagte Max leise.
Brencis wandte Tavi den Rücken zu und knurrte Max an. Auf eine Handbewegung hin lösten sich die Pflastersteine vom Boden und flogen Max als schwere, tödliche Wolke entgegen.
Max hob mit grimmiger Miene die linke Hand und ballte sie zur Faust. Eine der Mauern der Gasse verflüssigte sich und spannte sich vor ihm als Schutz. Die Steine krachten gegen diese Wand und zersprangen in Splitter. Einen Moment später zog sich die Mauer wieder an ihren ursprünglichen Platz zurück. Max nahm den Arm herunter und ging weiter.
Brencis knurrte erneut, und wieder lösten sich Steine aus dem Boden, mehr noch als beim ersten Mal. Doch Max deutete auf einen niedrigen Stapel Feuerholz, und ein Dutzend Scheite, jeder so groß wie Tavis Oberschenkel, bogen sich und prasselten auf Brencis ein.
Brencis kümmerte sich nicht mehr um die Steine, die er in die Luft geworfen hatte. Er ließ das Schwert wirbeln und zerlegte die Holzscheite in saubere Scheibchen, die zu Boden fielen. Max preschte mit dem Schwert in der Hand vor. Brencis stieß einen Schrei aus, in dem sich Wut und Furcht mischten, und warf sich Max entgegen. Die Klingen krachten aufeinander, Stahl klirrte, und Funken sprangen wie Regen durch die Luft. Die beiden stürmten aneinander vorbei, wirbelten herum und stürzten sich erneut aufeinander, und wieder und wieder. Dabei bewegten sie sich anmutig und geschmeidig wie Tänzer.
Auf Max’ Miene zeichnete sich Sorge ab, als sie sich so zum zweiten und dann zum dritten Mal aneinander vorbeischoben. Er war ein hervorragender Schwertkämpfer, aber Kalare Brencis
hatte er offensichtlich unterschätzt. Der andere Junge konnte sich durchaus mit ihm messen, und wieder und wieder prallten die Klingen aufeinander, ohne dass Blut floss.
Aber dann grinste Brencis, der nun Tavi zugewandt war, hinterhältig, hob die Hand und zeigte auf Tavi. Feuer löste sich von den Fingerspitzen und zischte heulend auf den hilflosen Jungen zu.
»Nein!«, brüllte Max. Er fuhr herum und riss die Hand hoch, woraufhin eine Woge aus Wind vor Tavi aufstieg und die Flammen zurückhielt, um den Jungen aus dem Calderon-Tal vor ihnen zu schützen. Trotzdem wurde die Luft so heiß, dass sie in den Lungen brannte.
»Max!«, schrie Tavi.
Brencis stieß Max die glitzernde Klinge in den Rücken, bis die Spitze vorn im Bauch wieder zum Vorschein kam.
Max erbleichte und riss die Augen weit auf.
Brencis drehte die Klinge in der Wunde, dann zog er sie wieder heraus.
Max atmete leise aus und ging auf Hände und Knie. Plötzlich herrschte Stille in der Gasse.
»Ja«, sagte Brencis keuchend. Seine Augen glänzten. »Ja. Endlich.« Er riss den Arm hoch, als würde er mit einer Peitsche ausholen, und eine Windböe traf Max’ Rücken, durchtrennte das Hemd und zog eine lange, blutige Linie über die Haut. »Du Arschloch. Du bist ja so schlau. Und so selbstsicher.« Brencis bewegte den Arm, immer wieder, und jedes Mal sprang eine der schrecklichen Narben auf Max’ Rücken auf und begann zu bluten.
Max stöhnte, jeder Hieb trieb ihn dem Boden näher. Aber als er Tavi anblickte, sah dieser nicht nur Schmerz und Furcht im Gesicht des Freundes, sondern auch Trotz. Entschlossenheit. Tavi spürte, wie sich seine Fesseln an Händen und Füßen lockerten. Angst und Zorn erreichten einen neuen Höhepunkt, als er Max’ Absicht begriff.
Brencis beachtete Tavi nicht mehr, er war vollkommen damit
beschäftigt, Max auszupeitschen und zu beschimpfen. Mit einem leisen Stöhnen ging der Gepeinigte beinahe vollständig zu Boden, und plötzlich war Tavi vom Stein befreit.
Er sprang auf, warf das Messer in die Luft, fing die Klinge mit geübten Fingern auf und schleuderte es auf Brencis’ Hals. Es flog durch die Luft, und Brencis bemerkte es erst im allerletzten Augenblick. Da wich er aus, allerdings zu spät. Die Klinge traf ihn an der Wange und schnitt das Ohr auf, und Brencis begann zu schreien.
Tavi blieben nur Sekunden, wenn überhaupt, bis Brencis sich wieder gefangen und sie beide umgebracht hätte. Er stürzte vorwärts, sprang über Max hinweg und rammte Brencis die Schulter in die Brust. Beide gingen zu Boden. Brencis griff nach seinem Dolch, doch Tavi stieß dem Gegner in seiner Verzweiflung den Daumen ins Auge, und wieder brüllte
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