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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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hinten. Sie ging in die Hocke und holte ihn mit gestrecktem Bein von den Füßen. Krachend landete er im Staub. Eine Sekunde später hatte Carya mit der Linken das Messer aus Jonans rechtem Stiefelschaft gezogen. Sie wirbelte auf den am Boden liegenden Soldaten zu und rammte es ihm mit einem kraftvollen Stoß mitten ins Herz.
    »Licht Gottes«, japste Jonan.
    »Schnell«, sagte Carya, während sie, bereits wieder im Aufstehen begriffen, das Messer aus der Brust des Toten zog, es an seiner Jacke abstreifte und dessen Revolver an sich nahm. »Wir müssen hier weg.«
    »Das kannst du wohl sagen.« Jonan warf zwei rasche Blicke nach links und rechts. Zu ihrem Glück schien niemand die Wahnsinnstat mitbekommen zu haben.
    Eilig zogen sie sich über den Weg zurück, den sie gekommen waren. Alle Gedanken an Proviant oder eine Unterkunft waren vergessen. Caryas Herz hämmerte bis zum Hals, und sie spürte, wie Adrenalin durch ihren Körper rauschte.
    Es war schon wieder geschehen! Irgendetwas hatte von ihr Besitz ergriffen, die Kontrolle über ihr Handeln übernommen und sie dazu gebracht, einen Mann blitzschnell und mit furchtbarer Effizienz umzubringen. Gut, er war im Begriff gewesen, sie zu enttarnen – und das in Rufweite seiner Kameraden. Jonan und sie hätten leicht in Gefangenschaft geraten können. Dennoch schüttelte es sie bei dem Gedanken, wie ihre Handkante den Kehlkopf des Mannes eingedrückt und ihre Faust das Messer in seinen Brustkorb gerammt hatte. Eine Frau in ihrem Alter sollte solche Dinge nicht können – zumal wenn sie zehn Jahre lang nichts als ein nettes, eher schüchternes Mauerblümchen gewesen war.
    Jonan schienen ähnliche Gedanken durch den Kopf zu gehen, denn als sie das Stadttor passiert hatten und die Gasse zurück zum Lastwagen liefen, fragte er: »Was, bei allen Heiligen, war das denn?« Er wirkte richtiggehend erschrocken.
    Kein Wunder , dachte Carya. Er hat mich noch nie kämpfen sehen. »Das wüsste ich selbst gerne«, antwortete sie. Verspätete Reue brach über sie herein, wie eine Flutwelle, die über einen Damm spült. Plötzlich wurde ihr schlecht.
    »Du hast diesen Burschen einfach so ausgeschaltet«, fuhr Jonan fort, »fast schneller als jeder Elitesoldat.«
    »Ich weiß.« Sie warf ihm einen unglücklichen Seitenblick zu. »Es tut mir so leid. Ich wollte ihn nicht umbringen. Das musst du mir glauben. Aber ich konnte nicht anders. Diese Gaben, die immer wieder in mir erwachen, ließen mir keine andere Wahl. Außerdem durfte ich doch nicht zulassen, dass er uns verrät.«
    Jonan schwieg einen Moment. »Ja, wahrscheinlich hast du recht«, pflichtete er ihr dann etwas ruhiger bei. »Es herrscht Krieg zwischen dem Lux Dei und uns. Und ein Krieg bringt auch Opfer mit sich, so gerne ich sie vermeiden würde. Aber du hast mich ganz schön überrascht. Ich hatte ja keine Ahnung, was alles in dir steckt.«
    »Verstehst du jetzt, warum ich unbedingt herausbekommen will, was es mit meiner Vergangenheit auf sich hat?«, hielt ihm Carya entgegen.
    Jonan nickte grimmig.
    Sie deutete auf den Schockstab in Jonans Hand. »Warum hat uns der da eigentlich im Stich gelassen?«
    Er verzog das Gesicht. »Der Energiespeicher ist leer. Daran hätte ich auch früher schon denken können. Wir haben ihn während der Ereignisse in Arcadion so häufig gebraucht, dass er irgendwann den Geist aufgeben musste.«
    »Er hat sich jedenfalls einen wunderbaren Zeitpunkt dafür ausgesucht. Kann man ihn wieder reparieren?«
    »Mal sehen. Dazu brauchen wir eine Ladestation. Und die werden wir in der Wildnis kaum finden. Womit unser Leben hier draußen soeben noch ein bisschen hässlicher geworden ist, denn nun können wir unsere Feinde nur noch mit scharfer Munition bekämpfen. Aber das ist ein Problem, über das wir später nachgrübeln können. Erst mal müssen wir aus Firanza verschwinden. Dieser Ort ist für uns nicht mehr sicher.«

Kapitel 8
    A ls sie ihre Reise fortsetzten, hatten sie das Gefühl, von gleich zwei Feinden gejagt zu werden. Zum einen vom Lux Dei, dessen Diener Carya in Firanza getötet hatte. Zum anderen von der Nacht, die mit jeder Handbreit, die die Sonne dem westlichen Horizont entgegensank, näher rückte.
    Jonan und sie hatten entschieden, Caryas Eltern einen Vorwand zur Weiterfahrt zu nennen. Daher hatten sie zu den Soldaten auf dem Platz noch ein paar Steckbriefe hinzugedichtet – Grund genug, der Stadt schleunigst den Rücken zu kehren. Den Mord hielt Carya vor ihrem Vater und ihrer Mutter

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