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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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tragen Sie die falschen Farben. Außerdem gibt es in Arcadion keine Raketenflugzeuge. Aber es heißt doch, dass der Ketzerkönig … also, ich meine der Herrscher von Austrogermania … über allerlei Technik aus der Zeit vor dem Sternenfall verfügen soll. Also dienen Sie vielleicht ihm.«
    Als Carya das Raketenflugzeug erwähnte, verengten sich Cartagenas Augen leicht. »Eine naheliegende Schlussfolgerung«, gab er zu. »Allerdings falsch. Ich komme aus einem Land, das Sie nicht kennen. Sein Name würde Ihnen nichts sagen.« Er nahm einen Bissen vom Lamm und kaute genüsslich. »Und wie sieht es mit Ihnen aus? Sie sprechen die Sprache der Machtsphäre des Lux Dei. Außerdem haben Sie Arcadion, den Hauptsitz des Ordens, erwähnt. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie eigentlich dort leben?«
    »Das war früher«, sagte Carya. »Heute nicht mehr.«
    »Was hat Sie hinaus in die Wildnis gezogen, wenn ich fragen darf? Oder sind Sie eine Ausgestoßene?«
    »Ich …« Sie zögerte. Wie viel durfte sie Cartagena gegenüber preisgeben? Er hatte sie vor dem Tod bewahrt und versuchte nun, ihr den Aufenthalt auf Château Lune so angenehm, ja luxuriös, wie möglich zu gestalten. Seine Motive blieben jedoch weiterhin unklar. Und ob er ein Freund oder Feind des Lux Dei war, der sie womöglich ausliefern würde, wenn er erfuhr, was sie für Männer wie Aidalon wert war, wusste sie auch nicht.
    Andererseits sah er nicht so aus, als brauche er Geld. Und wenn er ihr etwas Böses wollte, musste er sich nicht so viel Mühe geben, diese Absichten durch Geschenke und schöne Worte zu verbergen. Schließlich befand sie sich in seiner Hand.
    »Es ist kompliziert«, sagte Carya ausweichend.
    »Sind Sie eine Invitro auf der Flucht vor der Inquisition?«, fragte Cartagena.
    »Nein!«, entfuhr es Carya. »Natürlich bin ich keine Invitro.«
    Der Botschafter zuckte mit den Schultern. »Und wenn schon. Sie müssten sich deswegen keine Sorgen machen. In Francia ist man nicht so fanatisch wie unter dem Banner des Lux Dei. Ob Sie eine Künstliche sind oder nicht, spielt hier kaum eine Rolle. Gut, es gibt immer gehässige Stimmen, gerade bei Hofe, die Invitros als Sklaven bezeichnen. Wirklich laut sind sie allerdings nicht. Der Mondkaiser duldet das nicht. Er hat sogar einen seiner Ministerposten mit einer Invitro besetzt. Vermutlich, um den Gesandten des Lux Dei zu ärgern.« Cartagena gluckste fröhlich.
    Carya blinzelte überrascht. »Das ist wirklich ungewöhnlich.«
    »In Francia wird vieles anders gehandhabt als in Ihrer Heimat. Das heißt nicht, dass hier alles besser wäre. Die Fäulnis findet sich nur an anderen Stellen des Apfels.« Cartagena schob sich ein weiteres Stück Lamm in den Mund. »Was haben Sie zusammen mit Ihren zwei Freunden eigentlich da draußen auf dem Flughafen gemacht?«
    Der Themenwechsel kam so abrupt, dass sich Carya einen Moment überrumpelt fühlte. »Wir … Wieso fragen Sie?«
    »Weil sich dort für gewöhnlich niemand herumtreibt.«
    »Es war reiner Zufall, dass wir vor Ort waren, als Sie mit Ihrem Raketenflugzeug gelandet sind«, verteidigte sich Carya. »Wir haben uns in der Anlage nur umgeschaut. Unsere Wanderung führte uns daran vorbei, und weil sie interessant aussah, sind wir hingelaufen.«
    Der Botschafter musterte sie mit prüfendem Blick. Sie bezweifelte, dass er mit ihrer Antwort zufrieden war, aber er zuckte nur mit den Achseln. »Ein seltsamer Zufall.«
    »Ja, das fanden wir auch«, gestand Carya ihm. »Wir hätten keineswegs damit gerechnet, jemanden vorzufinden – außer vielleicht ein paar Obdachlose.«
    »Wandern Sie schon lange durch die Welt? Der Weg von Arcadion hierher ist enorm weit und alles andere als leicht.«
    »Ja, das kann man wohl sagen. Einfach war es nicht.« Vor Caryas Geist stiegen die Bilder ihrer Passage durch die Meerenge von Gibral-Taar auf.
    »Und wieso sind Sie ausgerechnet nach Paris gekommen?«, wollte Cartagena wissen. »Denn machen wir uns nichts vor: Die Stadt ist ein Trümmerhaufen. Es gibt zweifellos schönere Ziele, die man erreichen kann, wenn man bereit ist, mehr als tausendfünfhundert Kilometer zu Fuß quer durch die Wildnis zurückzulegen.«
    Er gibt einfach nicht auf , dachte Carya mit zunehmendem Unwillen. So langsam bekam sie den Eindruck, nicht zu einem Abendessen eingeladen worden zu sein, sondern zu einem Verhör. Sie beschloss, ihr Gegenüber zu zwingen, die Karten auf den Tisch zu legen. »Hören Sie«, sagte sie mit einer gewissen Schärfe in der

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