Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
mir alles vorbei.«
Leandra schüttelte den Kopf. »Hörst du dir eigentlich zu? Mag sein, dass dann Kai davon befreit wäre. Trotzdem würde sich für dich nichts ändern. Und was ist, wenn Roman sich eigene Kinder wünscht?«
Darüber hatte Naomi auch schon nachgedacht. Roman würde irgendwann eigene Kinder haben wollen; nach ihrem Studium. Doch diese Entscheidung würde sie alleine treffen. Bislang gingen ihre Überlegungen kaum über einige Monate hinaus. Konnte sie von Roman verlangen, keine eigenen Kinder großzuziehen? Würde er es verstehen? Er musste einfach. Das Risiko, dass sie ihre Gene an das Kind weitergäbe, war zu groß. Ein Leben in ständiger Gefahr, vielleicht sogar ein Leben ohne Liebe. Niemals würde sie das bewusst ihrem Kind antun.
»Ach Oma, warum ist alles so verflucht kompliziert? Ich will gar nicht über andere Kinder nachdenken, solange Sammy noch lebt und hinter uns her ist. Ich wünschte, er wäre tot.«
»Was sagt Romina zu der ganzen Angelegenheit?«, hakte Leandra nach.
»Im Grunde gar nichts. Sie nimmt die Tage und die Ereignisse, wie sie kommen. Erst dann überlegt sie sich eine Lösung. So kurzfristig zu planen, das schaffe ich nicht. Unmöglich.«
Mit einem Satz sprang Naomi auf die Beine. »Ich hole mir ein Glas Wein. Soll ich dir eines mitbringen?«
Leandra nickte bestätigend.
Mit zwei Gläsern Rotwein kehrte Naomi ins Wohnzimmer zurück. »Was würdest du an meiner Stelle tun?« Sie stellte die Weingläser auf den Couchtisch.
»Ich weiß es nicht, Kind.« Leandra drehte das Glas in Händen. »Wirklich nicht. Wenn du deine Vorfahren suchen willst, helfe ich dir gerne. Es interessiert mich ja selbst brennend. Jedenfalls solltest du deinen Spanischunterricht fortsetzen und lernen, damit du bald mit deinem Studium beginnen kannst. Nach deiner Ausbildung könntet ihr wegziehen. Irgendwohin, wo ihr in Sicherheit seid.«
»Und was ist mit Sammy? Er wird uns finden.«
Ihre Großmutter schwieg, und in ihren Augen schimmerten Tränen.
Im selben Moment bereute Naomi, ihre Sorgen bei Leandra abgeladen zu haben. Wenn sie sich selbst nicht zu helfen wusste, wie sollte es ihre Großmutter tun? Noch bevor sie aufstehen konnte, um Leandra zu sagen, sie würde alles in den Griff bekommen, flog die Tür zum Wohnzimmer auf.
Romina stürmte herein, blickte sich Hilfe suchend um, bevor sie kurzerhand nach Leandras Weinglas griff und es in einem Zug leerte.
»Was ist denn passiert?«, rief Naomi aus.
»Katie hatte einen Nervenzusammenbruch.« Romina tigerte ruhelos im Raum auf und ab. »Eigentlich ist es noch schlimmer. Sie versuchte, sich umzubringen!«
Naomi sprang auf die Beine, während Leandra die Schultern hängen ließ und zwischen den Sofapolstern zu verschwinden schien.
»Ich dachte, sie seien gläubige Katholiken!«, rief Naomi.
Romina sah sie überrascht an. »Sie sind Christen und keine Katholiken.«
»Naja, auch da wird Selbstmord zu den Todsünden zählen«, erwiderte Naomi. »Aber warum hat sie das getan?«
»Jason hielt sie davon ab, mit Brenda über die Verwandlung zu sprechen. Katie fühlt sich wie der leibhaftige Teufel, seitdem sie weiß, was sie ist.«
»Brenda. Das ist doch die Nonne, oder?«, hakte Leandra nach.
»Ja. Und Jason ist klar, dass Brenda es nicht verstehen würde. Er versuchte Katie davon zu überzeugen, dass sie kein Teufel oder Dämon sei ... sie hat trotzdem Schlaftabletten genommen.«
»Und jetzt ist alles aufgeflogen?« Naomi trank einen Schluck Wein. »Weiß diese Nonne jetzt über uns Bescheid?«
»Nein. Jason kam nach Hause, fand seine Schwester rechtzeitig und brachte sie in die Klinik. Dort überzeugte er Katie davon, ihre Verzweiflung auf Liebeskummer zu schieben. Zumindest so lange, bis ich dort ankomme.« Romina rannte immer noch wie ein aufgescheuchtes Huhn auf und ab und raufte sich die Haare. »Wenigstens waren ihre Eltern verreist und Brenda glaubte die Geschichte mit dem Liebeskummer, weil sie seit einigen Monaten kaum noch zu Katie durchdrang, obwohl sie vorher ein inniges Verhältnis gehabt hatten. Es wäre ein schrecklicher Fehler, wenn Brenda oder die Eltern etwas davon erfahren würden.«
»Wird Katie dichthalten?«, wollte Naomi wissen.
Romina schüttelte den Kopf. »Jason sagte, er sei nicht in der Lage, sie lange davon abzuhalten, mit Brenda zu sprechen.«
Leandra erhob sich schwerfällig. »Wie wird eine Nonne darauf reagieren? Sie wird veranlassen, dass Katie in eine Klinik eingewiesen wird. Und wenn sie sich
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