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Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Bidell
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»Machen Sie´s gut, Lady!«, rief er, hupte kurz und fuhr davon. Naomi war sich sicher, dass sie so schnell keiner mehr Lady nennen würde.
    Für einen Moment blieb sie unschlüssig stehen, bevor sie ihre Koffer zur Rezeption schleppte und eincheckte. Die Dame am Empfang bot Naomi an, ihr den Speiseraum zu zeigen, doch sie war zu müde, um sich genauer umzusehen. Dafür war später immer noch Zeit. Die Rezeptionistin nickte verständnisvoll, als Naomi ablehnte, drückte ihr den Schlüssel in die Hand und hieß sie willkommen.
    Naomi schleppte die Koffer in den ersten Stock; das Hotel hatte keinen Fahrstuhl. »Und ich dachte, in den USA geht keiner einen Schritt zu viel«, murrte sie.
    Im Zimmer waren die Vorhänge zugezogen, und das Bett sah nach der anstrengenden Reise weich und verlockend aus. Sie war seit fast dreißig Stunden auf den Beinen und sehnte sich nach einer heißen Dusche und mindestens zehn Stunden Schlaf. Sie zog die Vorhänge zurück; es verschlug ihr den Atem. Der Fluss und das gegenüberliegende Flussufer waren durch die angestrahlten Nebelfelder zwischenzeitlich in purpurne Watte gehüllt, aus der die hohen Äste der Kiefern gespenstisch in den Himmel ragten. Es mochte ein winziges Nest sein, wo sie die nächsten Monate verbringen würde – aber, es war ein wunderschönes winziges Nest. Naomi streifte sich die Schuhe ab, legte sich auf das Bett und sah auf den Fluss hinaus. Mit einem zufriedenen Seufzer schlief sie ein.

Vier
     
    Nach einer ausgiebigen Dusche fühlte sich Naomi frisch und voller Tatendrang. Ein Haufen zerknitterter Kleidung lag neben dem Bett. Sie hatte in ihren Sachen geschlafen. Ohne zu duschen oder sich wenigstens auszuziehen, hatte sie der Schlaf einfach übermannt.
    Sie schlüpfte in kurze Hosen und ein T-Shirt. Draußen lachte die Sonne, und von den Nebelfeldern war nichts mehr zu entdecken. Vor dem Frühstück wollte sie eine Runde durch den Ort laufen. Für den Nachmittag plante sie einen Besuch des Unigeländes. Sie hoffte, auch zwei Wochen vor Studienbeginn, schon jemanden im Sekretariat anzutreffen, der ihr weiterhelfen konnte. In der Uni-Broschüre stand, sie müsse trotz des angebotenen Stipendiums eine Aufnahmeprüfung vor Ort machen. An die geforderten Zeiten im Schwimmen reichte sie bei ihrer jetzigen Leistung nicht heran. Aber Schwimmen war noch nie ihre große Stärke gewesen. Wenn sie in dieser Disziplin nicht durchfallen wollte, musste sie täglich im Schwimmbad trainieren.
    Naomi spazierte in den Hotelgarten hinaus. Sie ging am Hotelpool vorbei, der zwar zum Planschen ausreichte, für ihr geplantes Training aber viel zu klein war. Sie hoffte, jetzt schon die Sporteinrichtungen der Universität nutzen zu können.
    Mit Blick auf den Stillwater River machte sie einige Streckübungen, um ihre Muskeln zu lockern und aufzuwärmen, bevor sie sich auf den Weg nach Orono machte. Sie lief bis zur Mitte der Brücke, die das Unigelände mit dem Ort verband. Das Ufergelände war dicht eingewachsen und umwuchert von Sträuchern und Bäumen. Der Wind trug ihr den würzigen Duft der Wälder zu. Sie joggte auf der Stelle und versuchte die Baumsorten zu erkennen. Eichen, Kiefern, Ahornbäume und weiß blühende Sträucher säumten den Flusslauf. Alles war in sattes Grün getaucht. Der Geruch nach frischem Gras und feuchter Erde war trotz des intensiven Dufts der Holunderblüten wahrnehmbar. Sie schloss für einen Moment die Augen und genoss die fremde Geruchsmischung. Plötzlich fühlte sie sich lebendig und frei. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie für sich selbst verantwortlich. Keine mahnenden Worte von Oma, sie solle bei Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein. Niemand, der ihr Vorwürfe machte, wenn sie nicht zur vereinbarten Zeit nach Hause kam. Nicht die altbekannte Frage, mit wem sie so lange unterwegs gewesen war. Nun war sie endlich frei.
    Mit einem Lächeln auf den Lippen überquerte sie die Brücke. Sie beschleunigte das Tempo und joggte durch die Innenstadt. Zwischen den roten Klinkerbauten standen weiße Holzhäuser, eine Apotheke, Krämerläden und Restaurants, die kaum als solche zu erkennen waren, hätte nicht ein kleines Schild einen Hinweis darauf gegeben. Sie betrachtete eines der Holzhäuser. Der Gedanke an den Winter ließ Naomi unwillkürlich erschauern. Sie hatte gelesen, dass die Winter hier stürmisch und eiskalt waren. Der Gedanke daran, einen Schneesturm in einem solchen Holzhaus zu erleben, ließ sie jetzt schon frieren. Wie hielten die

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