Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
sprang auf die Beine. Auf der Küchentheke lag sein Handy. Der Sache musste er auf den Grund gehen. Eine Reise für knapp fünfhundert Dollar hatten sie ihm abgeknöpft. Wütend tippte er die Telefonnummer in sein Display und wartete, bis sich jemand meldete. Dann machte er seinem Ärger Luft. Als er seine Schimpftirade beendet hatte, fragte die Frau am anderen Ende der Leitung nach der Rechnungsnummer, um die Angelegenheit nachzuprüfen. Die Erklärung der Frau ließ ihn sprachlos zurück. Ohne ein weiteres Wort legte er auf.
Was zum Teufel war hier los? Er sollte eine dreitägige Reise nach Cape Cod gebucht haben? Eine Flugreise und zwei Übernachtungen. Die Flugtickets waren auf die Namen Roman Barton und Naomi Roberts ausgestellt worden. Und – sie hatten die Reise weder angetreten noch storniert. Schon wieder Naomi.
In seinem Kopf pochte es und er hörte sein Blut in den Ohren rauschen. Warum erinnerte er sich nicht daran?
Mit der Faust schlug er sich gegen die Stirn, als könne er damit die Erinnerungen in seinen Kopf zurückprügeln. Sein Onkel Bertram hatte recht. Diese Naomi musste ihm etwas bedeutet haben, wenn er mit ihr ans Meer fahren wollte. Was war nur geschehen?
Rücklings ließ er sich auf das Bett fallen und starrte zur Zimmerdecke. Nun konnte er nicht einfach so tun, als sei nie etwas gewesen; als hätte es diese Beziehung, oder was auch immer es gewesen war, nicht gegeben. Doch, warum erinnerte er sich nicht? Der Arzt sagte, mit ihm sei alles in Ordnung. Was für ein Blödsinn. Überhaupt nichts war in Ordnung. Sein Körper straffte sich, und mit einem Ruck stand er wieder auf den Beinen. Er griff zum Telefon.
»Rob, du musst mir helfen.«
Er hörte seinen ehemaligen Kollegen aufstöhnen. »Roman. Was willst du? Mich noch mehr in Schwierigkeiten bringen?«
Robert hatte bei der Unileitung für ihn vorgesprochen. Mit seiner Hilfe hatte er trotz seines Verschwindens den Job behalten, allerdings unter der Bedingung sich ärztliche Hilfe zu suchen. Jetzt hatte er den Job hingeschmissen, was Robert ihm ziemlich übel nahm, weil er sich für ihn weit aus dem Fenster gelehnt hatte.
»Es ist wirklich wichtig.«
Robert schwieg.
»Bitte.«
»Schieß los.«
In knappen Worten erzählte Roman, was er eben entdeckt hatte. »Ich muss wissen, was vorgefallen ist. Und dazu brauche ich Naomis Adresse in Deutschland. Ich räume schon mein Apartment und kann nach meiner Kündigung nicht einfach so ins Uni-Sekretariat marschieren. Aber du, du könntest das. Außerdem warst du ihr Tutor. Und wenn du behauptest, du müsstest ihr die Prüfungsergebnisse nachschicken, dann ...«
»Das wird vom Sekretariat erledigt und nicht von mir«, unterbrach Robert ihn und seufzte. »Aber ich könnte eventuell in ihrer Akte nachsehen. Vermutlich steht dort ihre deutsche Adresse vermerkt. Versprechen kann ich dir aber nichts.«
*
Naomi rubbelte sich gerade die Haare trocken, als es an ihrer Zimmertür klopfte. »Seit wann wird hier denn angeklopft?«, fragte sie durch die geschlossene Tür.
Luna streckte den Kopf herein und zuckte mit den Schultern. »Gute Frage.«
»Gib´s zu, du hattest mein Zimmer untervermietet.« Naomi grinste ihre Mutter an.
»Dir geht es eindeutig wieder besser. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass das Essen auf dem Tisch steht und du herunterkommen sollst, bevor es kalt wird.«
Naomi ging an ihrer Mutter vorbei und schnupperte in den Flur. »Danke, Mama«, sagte sie, als sie den würzigen Geruch nach Pizza erkannte. »Noch einen Tag länger diese Suppen und du hättest das Zimmer tatsächlich untervermieten können, weil ich nämlich verhungert wäre.«
Sie stürmte an ihrer Mutter vorbei und flitzte in die Küche. Der Anblick der Pizza auf dem Tisch ließ Naomi sofort nach dem Pizzaroller greifen. Mit der Gabel zog sie sich ein großes Stück auf ihren Teller. Erst dann entdeckte sie zwei Briefumschläge, die für sie neben dem Besteck lagen. Sie griff danach. Kein Absender. Einer trug den Poststempel von Stillwater, der andere von Barcelona. Ihr Appetit war mit einem Mal verschwunden und einem merkwürdigen Druck im Magen gewichen.
Am liebsten hätte sie die Umschläge sofort aufgerissen, nur die Schritte auf der Treppe hielten sie davon ab. Leandra betrat noch vor ihrer Mutter die Küche und musste an ihrem Gesichtsausdruck erkannt haben, dass etwas nicht stimmte. Ihre Augen suchten in ihrem Gesicht nach einem Hinweis und ihre Großmutter folgte Naomis Blick, der immer noch
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