Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
Roman und ich haben uns getrennt, und erst später merkte ich, dass ich schwanger war. Deswegen bin ich nach Hause gefahren. Viel mehr gibt es da nicht zu erzählen.«
Sechzehn
Roman stand vor dem Check-in-Schalter und nahm seine Bordkarte entgegen. Ein Fensterplatz nach Amsterdam. Pilar hatte nach ihrem Gespräch darauf bestanden, ihn wenigstens zum Flughafen zu bringen, so war ihm nichts anderes übrig geblieben, als tatsächlich nach Holland zu fliegen, damit sie keine Fragen stellte. Für die Reststrecke von Amsterdam nach Hamburg würde er mit dem Zug fahren müssen. Pilar begleitete ihn bis vor die Sicherheitsschleuse. Er spürte ihren Blick in seinem Rücken, als er durch die Personenkontrolle ging, nach seinem Rucksack griff und sich zu ihr umdrehte. Er lächelte ihr zu, winkte kurz und nahm seine Hand zum Ohr, den Daumen und den kleinen Finger gestreckt, um ihr zu signalisieren, er würde sich telefonisch bei ihr melden. Sie nickte. Ihre Schultern hingen trotzdem, und ihre ganze Haltung zeigte, dass ihr seine Reise nicht gefiel. Fast so, als ahnte sie, dass er sie belogen hatte. Nach einem letzten Gruß drehte Roman sich weg, atmete schwer aus und presste die Lippen aufeinander, bevor er sich nach den Hinweisschildern umsah, die ihn zu seinem Gate leiteten.
Die innere Unruhe ließ ihn in der Wartehalle immer wieder aufstehen und umhergehen. Einerseits wollte er endlich Gewissheit, andererseits schimpfte er sich selbst einen Idioten, weil er dieser Naomi nachrannte, obwohl sie ihn ohne ein Wort verlassen hatte. Was erwartete ihn dort? Es wäre durchaus möglich, dass sie überhaupt nicht mit ihm sprechen wollte. Oder schlimmer noch, sie könnte ihm Dinge an den Kopf werfen, die er überhaupt nicht hören wollte. Möglich wäre es, und es würde auch seinen Blackout erklären. Verdrängung.
Sein Magen rebellierte und krampfte sich immer wieder schmerzhaft zusammen. Vielleicht wäre es besser, gar nicht erst zu fliegen. Er könnte in Barcelona bleiben und dieses Mädchen vergessen. Viel wusste er sowieso nicht über sie. Warum eine solche Dummheit begehen? Trotz seiner Überlegungen bemerkte er, wie sich die anderen Passagiere von ihren Plätzen erhoben und sich zum Ausgang begaben.
Wollte er nun fliegen, oder nicht? Roman schüttelte den Kopf. Das war keine Frage von wollen. Er musste fliegen und Naomi wenigstens einmal sehen, wenn er wieder zur Ruhe kommen wollte. Sollte sie ihn zum Teufel schicken, würde er damit fertig werden. Vielleicht konnte sie ihm aber erklären, was damals vorgefallen war.
Während des Flugs nach Amsterdam überlegte Roman, was er sagen sollte, wenn er bei Naomi plötzlich vor der Tür stünde. Ihm fiel nichts Eloquentes ein, auch nichts Witziges oder Charmantes. Überhaupt nichts fiel ihm ein, da er keine Vorstellung von diesem Mädchen hatte.
Nun saß er im Zug nach Hamburg und jede Minute brachte ihn näher zu ihr. Zeitgleich wuchsen seine Zweifel. Er schimpfte sich selbst einen Trottel, der erwartete, dass seine Erinnerung mit einem Blick auf Naomi wiederkäme und er tatsächlich alles in ihr fände, was er sich jemals erträumt hatte. Daran war Bertram schuld. Er hatte ihm eingeredet, Naomi sei die richtige Frau für ihn, er müsse nur mit ihr sprechen, und alles Weitere würde sich von alleine regeln.
In Hamburg stieg er in einen Regionalzug, der in die Lüneburger Heide fuhr. Dreißig Minuten später saß er in einem Taxi. Er kaute auf seiner Unterlippe, bis er Blut schmeckte. Sie durchfuhren einen kleinen Ort, bis das Taxi vor einem Haus am Ortsrand hielt und der Fahrer ihn wissen ließ, dass sie angekommen seien.
Roman nickte, bezahlte und stieg aus. Das Haus wirkte gemütlich. Ein gepflasterter Weg führte zur Eingangstür. Rechts und links davon lag ein gepflegter Vorgarten, in dem Rosen und Sommerblumen blühten. Die Mauern schienen frisch gestrichen und an den Fenstern hingen leichte Vorhänge. Roman schluckte mehrmals und sah nach oben in den ersten Stock. Es dämmerte bereits, trotzdem brannte nirgendwo Licht. Er hörte seinen Puls in den Ohren und atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Die Schultern gestrafft, öffnete er die Gartenpforte, die in den Angeln quietschte, als er sie wieder schloss. Jeder Schritt kostete ihn Überwindung. Vor der Tür überprüfte er den Namen am Briefkasten. Roberts. Die Adresse stimmte. Nun gab es kein zurück mehr. Seine Hand zitterte, als er sie zögernd zur Klingel führte.
Ein melodisches Läuten drang nach
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