Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters
Tabakkrümel vom Tisch.
»Tut mir leid. Das sind vertrauliche Informationen.«
Ich rief Giacco und bezahlte.
»Wo wollen Sie hin?«
»Gehen. Sie haben mich nicht überzeugt.«
Als ich aufstand, huschte ein zynisches Lächeln über sein Gesicht.
»Es ist dunkel. Wollen Sie mit den kostbaren Schriften da hinaus?«
»Sie glauben doch nicht ...«
» ... dass Sie sie dabeihaben?«, ergänzte er mit einem süffisanten Lächeln. »Sie haben sie dabei. Ihre Spur heute Nachmittag war leicht zu verfolgen.«
Einen Moment lang war ich verunsichert. Die Übersetzung schoss mir durch den Kopf. Was enthielt sie, was ich nicht sah?
»Wollen Sie mich auch vor die Bahn stoßen?«
Er wurde ernst und steckte sich betont umständlich eine Zigarette an. »Bitte setzen Sie sich wieder. Ich fürchte, hier liegt ein Missverständnis vor. Ich werde Sie überzeugen ... unter der Bedingung, dass Sie sich dann sofort entscheiden, wo die Schriftstücke hingehören.«
Dr. Simonte verstand sein Geschäft. Nach einer Stunde glaubte er mir klargemacht zu haben, dass er mit dem Tod des Professors nichts zu tun hatte, das Dokument für jeden wertlos war außer für seinen Klienten und mit der Übergabe an ihn weder ich noch Gerda etwas zu befürchten hätten. Im Gegenteil. Er würde sogar dafür bezahlen.
Mein »Trüffelschwein«-Instinkt warnte mich. Ich musste jetzt auf Zeit spielen.
»Geben Sie mir Ihre Telefonnummer. Ich sage Ihnen morgen, wo Sie die Dokumente in Empfang nehmen können.«
»Sie haben Mut«, nickte er. »Aber gut, hier können Sie mich erreichen.«
Er kritzelte eine Telefonnummer auf einen Bierdeckel.
»Passen Sie auf sich auf«, flüsterte er. »Es könnte jemand geben, den die Schriften auch interessieren, und der darf sie nicht zurückbekommen.«
»Meinen Sie die Kirche?«, denn wer sollte sonst die Unterlagen zurück haben wollen.
»Wer weiß«, orakelte er.
Er war sehr geschickt, mir noch einen zweiten Gegner einreden zu wollen. Wer war nicht daran interessiert, sein Eigentum wiederzubekommen. Aber unter Gewalt, und dann noch die Kirche? So viel Aussagekraft hatten die Schriften nun wirklich nicht. Es sei denn ... In mir kroch eine Ahnung hoch.
Die Schriften konnten ein Teilstück zu einem Ganzen, vielleicht sogar der Schlüssel sein. Daher waren sie nur für den von Wert, in dessen Informationskette sie passten.
»Dann gebe ich der Kirche ihr Eigentum zurück,und Sie bekommen die Kopien. Dann ist doch jedem gedient«, versuchte ich einen letzten Vorstoß.
Das vordergründige Lächeln verschwand aus seinem Gesicht.
»Mein Klient braucht die Originale, keine Kopien. Verstehen wir uns?« Es klang wie das Fauchen einer Raubkatze.
»Ist das eine Drohung? Oder eine Warnung?«
»Ein Rat aus Sorge und Vorsicht.«
Auf dem Weg zum Taxistand vermied ich es, außerhalb der Straßenbeleuchtung zu gehen. Wohl war mir nicht, und ich wartete abwehrbereit, wenn mir jemand folgte, bis die Person an mir vorbei war.
Mein Blutdruck normalisierte sich erst wieder, als das Taxi von einer Frau geführt wurde, die ich bat, einen Umweg über den Bahnhof zu machen.
Dort kaufte ich im Zeitungsladen ein Couvert und Briefmarken. Ich war mir zwar nicht sicher, ob mein Entschluss richtig war und welche Konsequenzen sich daraus ergeben würden,aber froh, die Dokumente in Sicherheit zu wissen, als sie im Briefkasten verschwanden.
Auf dem Küchentisch fand ich eine Nachricht von Gerda, dass sie mich, wenn ich Lust hätte, in der Kneipe erwarten würde, in der die Journalisten verkehrten.
So richtig war mir nicht danach. Aber ein wenig Ablenkung konnte nicht schaden.
Ich setzte noch eine E-Mail an die Redaktion ab und machte mich auf den Weg. Warum ich den Laptop mitschleppte, war mir nicht klar, aber ich bemerkte es erst, als ich bereits im Auto saß. Ich hatte mir das Ding reflexartig unter den Arm geklemmt, wie man den Wohnungsschlüssel einsteckt, ohne darüber nachzudenken, so wie ich es tat, wenn ich die Redaktion zu einem Außentermin verließ.
»Alte Berufskrankheit«, brummte ich für mich.
»Machst du mir jetzt schon Konkurrenz?«, fragte ich Gerda, die sich imKreise der Kollegen von der Lokalpresse bestens zu amüsieren schien.
»I wo«, kicherte sie. »Will nur wissen, wie man zum Trüffelschwein wird.«
Die Striche auf ihrem Deckel verkündeten, dass sie bereits einiges intus hatte.
Ich zog sie zur Seite. »Was soll das? Ich denke, du musst sparen? Warum besäufst du dich?«
Sie deutete schwankend mit
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