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Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters

Titel: Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe , luebbe digital
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Informationen, aber auch mit Geld, soweit das ging.
    Nun gibt es im Orden ein Zentralarchiv, das Fremden nicht zugänglich ist. Da habe ich mich schlau gemacht.«
    Wenn ich das richtig verstand, gab es, sozusagen parallel zur offiziell verlaufenden Geschichte, eine Art Geheimdossier des verbotenen Ordens.
    »Sie können es so sehen«, bestätigte Pater Lutz und zog einen Block aus der Tasche. »Ich habe mir die wahrscheinlich wichtigsten Informationen herausgeschrieben, wobei ich nicht unbedingt für ihre Richtigkeit garantieren möchte. Trotzdem, sie zeigen, wonach hier einige suchen könnten.«
    In Ermangelung einer anderen Schreibgelegenheit zweckentfremdete ich eines der neben der Orgel aufgestapelten Notenhefte (ausgerechnet die Feuerwerksmusik von Händel) und schrieb fleißig mit, was der Pater mit Akribie recherchiert hatte.
    Was am Ende herauskam, war das Profil und das mögliche Motiv einer immer noch unbekannten Person, die ihre Wurzeln im Stamm der Este hatte.
    »Tut mir leid«, meinte er und kraulte seinen Bart, »aber die Auflösung steht leider nicht in der Geschichte ... Es liegt jetzt in Ihrer Hand.«
    »Warum tun Sie das?«, fragte ich, als die Tür des Südportals hinter uns zufiel und der Regen um uns herumfegte.
    »Die Jesuiten sind nie die geliebten Schoßkinder der Kirche gewesen. Uns hat man gebraucht, wenn es galt, Kriege im Namen der Kirche zu führen oder wilde Völker zu domestizieren. Wenn wir unsere Schuldigkeit getan hatten oder nicht in ihrem Sinne gehandelt haben, wurden wir kurzerhand zur persona non grata erklärt. Das ging bis 1917 so. Denken Sie mal darüber nach. Sie haben jetzt Informationen, die nur noch der große Unbekannte haben kann. Nutzen Sie das. Spielen Sie das Spiel der Glaubenskriege nach.«
    Er verschwand mit wehendem Mantel wie ein dunkles Fanal im Regen.
    Etwas benommen lehnte ich mich im Schutz eines Pfeilers an die nasskalte Mauer. Ich kam erst wieder in die Realität zurück, als mich eine krähende Stimme darauf aufmerksam machte, dass ich langsam nasse Füße bekommen würde.
    »Na, wo ist Lisa?«
    Otto trug eine gelbe Mülltüte als Regenhaut.
    »In Sicherheit. Sie ist in Gefahr.« Mehr hatte ich keine Lust zu sagen.
    »Wer bringt sie in Gefahr? Los, sagen Sie schon!«, und nachdem ich auch darauf keine befriedigende Antwort gab: »Sie sind mir für die Kleine verantwortlich.«
    Damit hinkte er in Richtung der Arkaden.
    Ich folgte ihm. Er verbarg seine bei diesem Wetter bescheidene Beute unter einem Müllsack im Karren.
    »Tut mir leid. Ich habe die Kiwis vergessen.«
    Er schaute an mir hoch. Der Regen kroch an seinen Bartstoppeln entlang und vereinte sich am Kinn zu einem kleinen Rinnsal.
    »Brauche keine mehr. Mehr gehen nicht hinein.«
    Damit verschwand er, mit der linken Hand den Stock, mit der anderen den Wagen führend.
 
    Die neuen Informationen mussten sich erst einmal setzen, bevor ich mit ihrer Analyse und Zuordnung begann.
    Dazu brauchte ich etwas Abwechslung, die ich in einer Studentenkneipe in der Altstadt zu finden hoffte.
    Das Lokal war gut besucht, aber nicht voll, die Musik gewöhnungsbedürftig, aber nicht zu laut. Ich fand einen Platz am Fenster, von dem ich den Gastraum wie auch die Straße überblicken konnte.
    Der Lokalteil der Zeitung beschäftigte sich mit dem Tod des Sparkassendirektors und erging sich in allerlei Vermutungen, die, wenn sie zu hypothetisch wurden, journalistisch fragwürdig, aber korrekt, mit einem Fragezeichen versehen waren.
    Ein Schatten vor dem Fenster nahm mir das ohnehin spärliche Licht zum Lesen.
    Zwei Männer unterhielten sich unter einem Regenschirm, wandten mir aber den Rücken zu.
    Verärgert rief ich die Bedienung und bat sie, die Beleuchtung einzuschalten. Als Ergebnis brachte sie mir eine Kerze, die es mir gerade erlaubte, zwei Todesanzeigen nicht zu übersehen. Die des Bankers, ausgestattet mit allen Insignien der Verlogenheit, und die des dicken Wirts.
    Die Männer trennten sich und gaben das Restlicht des Tages wieder frei. Eine Sekunde hatte ich Zeit, ihre Gesichter unter dem Schirm zu erkennen. Es waren Dr. Simonte und einer der jungen Journalisten.
    Der Doktor entfernte sich, der Zeitungskollege betrat das Lokal.
    »Hab ich doch gleich gedacht, dass Sie das sind«, sagte er, als er auf meinen Tisch zusteuerte. »Was war denn gestern los?«
    »War das nicht Dr. Simonte?«, konterte ich.
    Er zog seinen nassen Mantel aus und setzte sich übers Eck an den Tisch.
    »Kennen Sie ihn?«
    »Nicht näher.

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