Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters
ist das denn für ein komischer Erpresser?«, brach Margot das Schweigen. »Der Absender ist doch zu ermitteln.«
»Und woher hat der Ihre Telefonnummer?«, sprach Frau Hofmann meinen Gedanken aus.
»Das ist doch jetzt unwichtig. Er hat sie eben. Lass uns lieber den Computer starten.« Margot eilte in den Büroraum.
»Verdammter Werbemüll«, knurrte sie, nachdem sich die Mailbox aufgebaut hatte. »Da ist sie. Komm, öffne du sie. Das halten meine Nerven nicht aus.« Sie machte mir den Platz frei.
Ich wehrte ab. »Bloß nicht. Ich kenne mich mit eurem System nicht aus. Lade sie irgendwohin, wo wir sie wiederfinden.«
Sie sah mich verzweifelt an. »Das habe ich noch nie gemacht. Wie öffnet man einen Anhang?«
Es war zum Verzweifeln. Zwei erwachsene Menschen mussten in einer womöglich über Leben und Tod entscheidenden Situation zugeben, dass sie nicht viel mehr Kenntnisse zum Bedienen eines Computers besaßen, als ihn ein-oder auszuschalten.
»Was habt ihr denn für ein Problem?« Frau Hofmann, die bisher weiter in der Küche hantiert hatte, schaute uns kopfschüttelnd an und setzte sich vor den Bildschirm.
»Möchte nur wissen, wie ihr Journalisten an eure Informationen kommt«, murmelte sie und klickte ein paar Mal im Programm. »Fertig. Da hängt eine größere Datei dran. Dauert etwas, bis das gedruckt ist.« Sie verschwand mit dem Blick »wenn ihr mich nicht hättet« wieder in der Küche.
Es dauerte quälend lang, bis der Drucker das Ergebnis ausgespuckt hatte.
Zuerst kam ein Foto, gefolgt von der eigentlichen Mitteilung, die aus nur wenigen Zeilen bestand.
Das Farbbild zeigte Lisa, die eine französische Tageszeitung hielt, auf dem das Datum von heute zu erkennen war.
Beschaffen Sie von Pater Lutz die Dokumente.
Sie haben 48 Stunden. Melde mich.
»Entweder ist der verrückt oder sich seiner Sache verdammt sicher«, kommentierte Margot die Mail.
»Ich fürchte, er weiß, was er will. Und ich auch. Schau dir mal das Foto an.« Ich hielt es ihr in doppeltem Zeitungsabstand hin.
»Ich sehe nichts. Außer einer Zeitung und einem Mädchen.«
»Lisa sieht nicht aus, als ob sie Angst hätte.«
Sie nahm das Bild und hielt es unter die Tischlampe. »Das ist ein schlechtes Papier für Fotos. Ich finde, dass sie verbissen kontrolliert aussieht.«
Frau Hofmann besah sich das Bild ebenfalls. »Da muss ich Margot recht geben. Irgendwie wirkt das Mädchen verkniffen.«
Ich beugte mich der Mehrheit, obwohl mein Kobold anderer Meinung war.
Wenn die französische Zeitung auch ein Bluff sein konnte, um den wahren Aufenthaltsort von Lisa zu verschleiern, so war das Datum ein handfester Beweis, dass der Unbekannte sie hatte.
Aber war er mir wirklich unbekannt? Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich zumindest ahnte, wer er war.
»Ich werde aus dieser Art der Erpressung nicht schlau«, flüsterte Margot für sich und warf die Mail auf den Tisch. »Was sind das für Dokumente, und was hat dieser Pater damit zu tun? Ich kann da keine Verbindung zu Lisa herstellen.«
Frau Hofmann war seit dem Anruf seltsam wortkarg. Nachdem es in der Küche nichts mehr aufzuräumen gab, saß sie weltentrückt über einer Flasche Cognac.
»Mutter. Du trinkst sonst das ganze Jahr nichts. Was ist los?« Margot zog die Flasche auf ihre Seite des Tisches. »Wozu musst du dich seit gestern besaufen?«
Die Seniorin kippte den Schnaps hinunter und schüttelte sich, wie man versucht, ein lästiges Tier vom Rücken zu bekommen.
Sie beugte sich über den Tisch, zog die Flasche wieder an sich und schenkte sich ein. Nachdem sie auch dieses Glas geleert hatte, atmete sie tief durch.
»Seit Gerd erzählt hat, dass dieser Pater auch ein Este ist«, begann sie stockend, »ist mir klar, dass sich die Prophezeiung des Professors erfüllen wird. Es geht alles um diese verdammten Dokumente. Ich hatte gehofft, dass er nicht recht gehabt hätte. Aber es scheint keine Ruhe zu geben. Ich werde morgen an Simonte verkaufen. Ich sehe keine andere Möglichkeit mehr.«
»Hat das mit dem verschwundenen Urteil aus Ihren Unterlagen zu tun?«, fragte ich betont leise, der Neugier meines Kobolds folgend, dem die Verhaltensweise der alten Dame nie geheuer gewesen war.
Sie schaute mich mit müden, fast verzweifelten Augen an.
»Ja. Der Professor hatte anhand der Urteilsbegründung etwas herausgefunden, was so eine Art Umkehrung der Besitzrechte zugunsten der Urbesitzer am Münsterplatz bedeuten könnte, wenn ... ja, wenn was? Darüber ist er
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