Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters
zu halten. Er hat Sie unglücklicherweise dazu ausersehen. Mehr tun Sie nicht. Halten Sie mich zu jeder Tageszeit auf dem Laufenden. Ich gebe Ihnen meine Handynummer.«
Er zog die Stirn zu einer scharfen Falte über der Nasenwurzel zusammen und wartete auf eine Regung von mir.
»Drei Tote, ein entführtes Kind, ein verunfallter Gerster, und Sie verlangen, dass ich den Beobachter spiele? Ich bin nicht der Handlanger von irgendjemand. Nein. Tut mir leid.«
Er zog die Hände aus dem Latz und stützte sich auf die Tischplatte.
»Habe ich Sie nicht frühzeitig gebeten, sich und Frau Solvay nicht in Gefahr zu bringen? Der Tod des Professors war ein Unfall, der Bankdirektor hat sich selbst umgebracht, und Gerster ist ein Schwachkopf. Also haben wir es hier nur mit dem einem vielleicht herbeigeführten Tod der Frau und der Entführung ihres Kindes zu tun. Und wer hat beide mit seinen journalistischen Vermutungen in die Schusslinie gebracht?« Er deutete mit dem Zeigefinger auf mich und richtete sich auf. »Ich hoffe, dass Sie mal darüber nachdenken.«
Er kritzelte seine Telefonnummer auf die Schreibtischunterlage und verabschiedete sich mit einem »Grüß Gott«.
»Habt ihr euch geprügelt?«, weckte mich Margot aus meinen Betrachtungen, die sich mehr damit beschäftigten, meinen verletzten Stolz zu pflegen, als sich um die Sachlage zu kümmern.
»Nein. Sehe ich so aus?«
»Na ja. Es gibt auch moralische Prügel. Und Jesuiten sind berühmt dafür, dass sie verbal sehr geschult sind.«
»Danke. Hättest mich vor dieser Spezies auch früher warnen können? Die ist ja waffenscheinpflichtig«, knurrte ich verärgert und suchte nach dem Schlüssel des Bankfachs und der Telefonnummer von Eibel.
Wenn ich mein Gesicht wahren wollte, musste ich den Kommissar vor dem Pater über Lisas Entführung informieren.
26
»Zeigen Sie mal her«, empfing mich Eibel.
Er studierte die beiden Blätter und rief einen Kollegen.
»Finden Sie heraus, von wo diese Mail geschickt wurde«, und zu mir gewandt: »Jetzt gehen wir beide die Unterlagen holen.«
Meine Laune verschlechterte sich mit jeder Minute und zeigte erste Anzeichen von Resignation, die bald in eine Depression übergehen würde.
Eigentlich war ich ein in der nationalen Presse anerkannter und geachteter Journalist. Aber diese Stadt verstand es, mich zu demontieren. Seit dem Tag, an dem ich den Professor flüchtig kennen gelernt hatte, wurde mein berufliches Interesse an seinem Umfeld mit einer ans Mystische grenzenden Perfidität missbraucht.
Die Leute, die ich aus eigenem Antrieb recherchiert zu haben glaubte, entpuppten sich bald als Spieler, die nur darauf gewartet hatten, mich als Marionette weiter zu führen. Oder ich war zu einem Stab in einem Stafettenlauf geworden. Jeder reichte mich dem anderen weiter. Mit jeder Übergabe wurde mir schwindliger, und der Läufer, der mich gerade in der Hand hatte, wurde sicherer, sein Ziel zu erreichen.
»Was ist?«, fragte Eibel, »unser Staatstaxi wartet. Haben Sie den Schlüssel?«
»Verdient ein Kommissar so schlecht, dass er einen Nebenjob bei der Schweizergarde haben muss?«, konnte ich mir den zynischen Unterton nicht verkneifen.
»Wie soll ich das verstehen?« Er machte ein Gesicht wie ein Basset, dem man das Futter weggenommen hatte. »Soll das auf eine Beamtenbeleidigung hinauslaufen?«
»Weil Sie sich wie ein Söldner der Kirche verhalten. Ich brauche keinen Aufpasser.«
»Söldner der Kirche ...«, knurrte er. »Jetzt ist es Beamtenbeleidigung. Betrachten Sie meine Begleitung als Objektschutz. Wobei ich mir noch nicht sicher bin, ob es das Objekt oder das Subjekt ist, welches Schutz verdient hat.«
Er prüfte seine Waffe und ließ sie unter der Jacke verschwinden.
»Brauche ich eine schusssichere Weste?«, frotzelte ich angesichts der Überbewaffnung für einen Gang zum Banksafe.
»Gehört zur Dienstkleidung, Sie studierter Intelligenzbolzen. Wenn Sie mir noch erzählen, was die Schweizergarde ist, sind wir quitt«, grinste er.
»Hat noch jemand einen Schlüssel?«, fragte Eibel die Frau, die uns in den Tresorraum geführt und mit dem Zweitschlüssel sozusagen »gegengeöffnet« hatte.
Sie überprüfte die Schlüsselkartei und schüttelte den Kopf.
»Nein. Es gibt nur den einen. Aber das Fach ist auf einen Otto Este und einen Pater Michael Lutz eingetragen. Beide Unterschriften sind hinterlegt.«
»Wann wurde der Safe das letzte Mal geöffnet?«
Sie schüttelte wieder den Kopf und versteckte die
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