Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters
anders. Da zählt die Zeit. Aber wir wissen das ja erst seit ein paar Stunden von Ihnen, und ...« Rauchwolken nebelten ihn ein, » ... und wenn dieser Enrico vielleicht doch Lisas Vater ist, dann ... ja dann haben wir ein juristisches Problem. Sie verstehen?«
Ich verstand. Er benutzte nur eine andere Plattform als der Pater, um mir klarzumachen, dass ich mich nicht einmischen sollte.
Hartmann brachte die Unterlagen und schüttelte den Kopf. »Wir haben noch nicht einmal ein Foto von diesem Enrico.«
Eibel blätterte kurz in der Mappe und warf sie auf den Tisch.
»Verdammt wenig. Enrico hat mal Simonte wegen Betrug angezeigt. Simonte hat auf die gleiche Weise geantwortet. Beide haben die Anzeige zurückgezogen. Seither ist er unbekannt verzogen. Frau Solvay hat eine Vermisstenanzeige erstattet, aber auch die wurde widerrufen. Das war’s.«
»Ich habe die französischen Kollegen informiert, dass wir ihn suchen«, nahm Hartmann die Mappe wieder an sich. »Wenigstens haben wir jetzt einen Namen: Di Piemont. Ist ja nicht sehr häufig.«
Eibel nuckelte lautstark an seiner Pfeife.
»Scheiße. Erinnern Sie sich, wem Sie Ihre Handynummer gegeben haben? Los, strengen Sie Ihre Gehirnzellen an«, forderte er mich missmutig auf.
Mir fiel nur der Sanitäter ein, der mich in der Klinik darum gebeten hatte.
»Hartmann. Sofort in die Uni. Der muss es sein. Die haben auch Fotos von ihrem Personal. Lassen Sie sich die Personalakte geben. Dalli. Das Ultimatum läuft.«
Margot klang verzweifelt. »Kannst du mal im Café vorbeikommen? Es eilt.«
Mehr sagte sie nicht.
Ich legte die Unterlagen in den Koffer und verabschiedete mich.
»Moment mal ...«, rief Eibel hinter mir her, »Sie lassen das Zeug gefälligst hier.«
»Sie waren nur Beobachter und Leibgardist. Offiziell gibt es diese Unterlagen nicht. Und mich hat der Entführer als Kontaktperson auserkoren, nicht Sie. Finden Sie lieber heraus, warum Ihr Pater die Papiere ausgetauscht hat.«
»Mistkerl, verdammter«, hörte ich ihn noch fluchen, als ich die Bürotür hinter mir schloss.
27
Die Sitzplätze vor dem Café waren zu dieser Tageszeit ungewöhnlich dünn besetzt, und die Bedienung war dabei abzukassieren.
Margot saß mit einem hageren älteren Mann an einem Tisch. Sonst war der Raum menschenleer.
»Was ist denn hier los?«, ließ ich mich neben ihr nieder. »Ist eine Seuche ausgebrochen?«
Margot verzog die Mundwinkel zu einem flüchtigen Lächeln.
»So ähnlich. Das ist Dr. Halbach«, stellte sie mir den Herrn ihr gegenüber vor, der flüchtig nickte und weiter in einer Akte blätterte.
»Das Gesundheitsamt hat mir das Café geschlossen ...«
»Bis auf Weiteres«, bestätigte der Doktor und notierte sich etwas.
»Einige meiner Stammkunden sind an Salmonellen erkrankt. Jetzt läuft die Untersuchung.«
»Wahrscheinlich das Eis«, brummte der Doktor, ohne von den Unterlagen aufzusehen.
»Machst du denn dein Eis selbst? Das wusste ich nicht.«
»Ja«, antwortete Dr. Halbach für Margot. »Genau das ist das Problem. Die Kühlung muss ausgefallen sein, ohne dass es jemand gemerkt hat. Aber laut Aufzeichnung ist die Kühlung nicht ausgefallen.«
»Verstehe kein Wort«, musste ich zugeben.
»Das gesamte Kühlsystem im Keller wird elektronisch überwacht«, klärte mich Margot auf. »Wenn es nur die geringste Temperaturschwankung gibt, wird das aufgezeichnet. Wenn etwas total ausfällt, werde ich sogar über Handy informiert. Aber die Aufzeichnung sagt, dass die Anlage anstandslos funktioniert hat. Trotzdem muss sie für mehrere Stunden ausgefallen sein.«
»Nach spätestens drei Stunden ist das Eis hinüber«, murmelte Halbach.
»Das merkt man doch, wenn das Zeug geschmolzen ist«, warf ich ein.
»Laut Aufzeichnung und der Aussage von Frau Hofmann war es aber nicht geschmolzen«, brummte Dr. Halbach. »Wenn ich nicht mit der Seniorchefin befreundet wäre, ginge mich das auch alles nichts an. Café zu, dicke Strafe, noch mehr Auflagen, basta! Aber als Freund des Hauses habe ich selbst Interesse daran, dass dieses Rätsel geklärt wird. Wer hat Zugang zu den Räumen?«
»Ich und die Konditoren – und die Firma, die die Wartung macht.«
Halbach nickte. »Die Wartungsintervalle sind eingehalten worden. Verstehe ich nicht. Tut mir leid. Wir müssen die Untersuchung der Proben abwarten. Das kann ein paar Tage dauern. Ich gebe Ihnen sofort Bescheid.«
Damit erhob er sich und verabschiedete sich mit einer angedeuteten Verbeugung.
Margot rieb sich
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