Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters
die Augen und schüttelte sich. »Brrr. Ich glaube zu träumen. Ein paar mikroskopisch kleine Viecher machen uns die Existenz kaputt. Das darf doch nicht wahr sein. Jetzt braucht Simonte nur noch zu warten. Dann muss ich um jeden Preis verkaufen. Toll.«
»Können die Salmonellen von außen eingeschleust worden sein?«
»Nein. Es kann nur an der Kühlung gelegen haben. Der Hersteller schickt mir morgen einen Fachmann, der das klären soll, warum die ausfallen kann, ohne dass es registriert wird. Und warum fällt die ausgerechnet nachts aus und springt dann wieder an, als sei nichts geschehen? Tagsüber wäre es ja aufgefallen.«
»Sabotage?«
Margot seufzte.»Habe ich auch schon dran gedacht. Aber darum sollen sich andere kümmern. Jetzt ist es zu spät. Schlimm ist noch, dass nicht auf den Tag genau zu sagen ist, wann der Ausfall war. Verstehst du? Wenn es der Teufel will, habt ihr, du und der Erzbischof, im Omelette genau die verdorbene Charge erwischt. Die Inkubationszeit beträgt mindestens drei Tage. Wenn es dir also bald schlecht wird, kann ich die Zeit einkreisen.«
»Sehr beruhigend«, schmollte ich und befragte meine Gedärme nach ihrem Befinden. »Mir ist jetzt schon kotzübel.«
Margot lachte. »Zu früh, mein Lieber. Noch ist es Einbildung. Bist du wenigstens weitergekommen?«
Ich verneinte. »Der Pater spielt ein Spiel, und der Kommissar scheint die Angelegenheit bis zu seiner Pensionierung hinausziehen zu wollen.«
Margot steckte sich ein Zigarillo an und schaltete die Beleuchtung in den Vitrinen aus.
»Die stecken hier alle unter einer Decke. Wird dir nichts anderes übrig bleiben, als morgen Nacht auf weitere Anweisungen des Entführers zu warten. Wenn es dieser Enrico ist, dann hat Lisa ja nichts zu befürchten.«
»Wenn nicht ...?«, fragte ich mich und ging den mir bekannten Personenkreis durch.
Dann war noch jemand im Spiel, der bisher noch nicht aufgetreten war.
»Was hältst du von der Theorie, dass dieses Chaos unter uns Gastronomen, die Toten und die Entführung zusammenhängen?«, fragte Margot und ließ das Wasser aus der Kaffeemaschine.
Mit dieser Möglichkeit hatte ich mich auch schon beschäftigt, sie aber als unwahrscheinlich verworfen. Es waren zu viele Fäden, die ein Einzelner nicht führen konnte. Simontes Interesse war klar. Auch Pater Lutz machte, zumindest mir gegenüber, keinen Hehl aus seinem Vorhaben, das Eigentum der Familie zurückzugewinnen.
Nein. Ohne Ottos Testament war jeder Ansatz zur Lösung zum Scheitern verurteilt. Was hatte dieser Eigenbrötler an seinem Bruder und somit eigentlichem Erben eines ohnehin hoch strittigen Besitzes vorbei verfügt?
Nachdem Margot das Personal in Zwangsurlaub geschickt und ein Schild »Betriebsferien« an die Tür gehängt hatte, saßen wir beim Abendbrot.
Eine bleierne Stimmung hing im Raum, die es uns schwer machte, ein Gespräch aufkommen zu lassen. Jeder von uns hing seinen Gedanken nach und vermied es, den anderen anzuschauen.
»Ich verstehe das nicht«, durchbrach die Seniorin das Schweigen. »Selbst zu der Zeit, als Kühlmaschinen noch die Ausnahme waren, ist uns so etwas nie passiert. Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Das bedeutet einen Einkommensverlust von mindestens zwei Wochen. Vom Imageverlust ganz zu schweigen.«
»Mutter, damals haben wir noch kein Eis gemacht«, warf Margot ein. »Und wenn du dich an der Börse verspekuliert hast, sind wir noch lange nicht pleite. Denn ich habe nicht gezockt. Also gib bitte Ruhe.«
»Woher weißt du das?« Die alte Dame schaute dabei mich an.
»Nicht von Gerd. Halt mich bitte nicht für blöd. Ich kenne doch unsere Finanzen«, ärgerte sich Margot. »Kapier endlich mal, dass ich das Geschäft führe. Und geh mir nicht dauernd mit deinen alten Kamellen aus dem letzten Jahrhundert auf die Nerven. Ich bin es leid, wie ein kleines Kind behandelt zu werden. Leg endlich dieses Gutsherrinnengehabe und deine Raffsucht ab. Ich führe den Laden, wie ich es für richtig halte, und ich werde schwanger, wenn es mir passt. Haben wir uns verstanden?«
Sie schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Tassen schwappend einen Teil ihres Inhaltes freigaben.
Einen Moment herrschte betretenes Schweigen.
Die Blicke der Frauen kreuzten sich wie Degenklingen.
Mein Handy gab Laut und lenkte die Spannung um.
»Eibel. Ihr Sanitäter ist tatsächlich mit Enrico identisch. Er wohnt im Elsass unter einem anderen Namen. Ist aber verschwunden. Pater Lutz ist übrigens auch nicht zu
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