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Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters

Titel: Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe , luebbe digital
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massige Figur von Pater Orchus erschien in der halb geöffneten Flügeltür, und Lutz bestellte Nachschub und Getränke.
    Während der Wartezeit öffnete er eines der vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster und trat auf einen kleinen Balkon hinaus.
    »Kommen Sie. Die Nachtluft ist herrlich. Tut Ihrem vergifteten Körper gut und Ihren verpesteten Lungen auch.« Er winkte Margot und mich hinaus.
    Es war sternenklar, windstill und warm. Eine unwirkliche Ruhe umgab uns.
    »Verstehen Sie, warum ich mehr Manager als Priester bin?« Lutz machte mit dem Arm eine kreisende Bewegung über die Landschaft da draußen. »Ich hatte keine andere Möglichkeit, an Bildung zu kommen, als die, einem Orden beizutreten. Aber ich habe nie mein Ziel aus den Augen verloren, diese Bildung zu nutzen, um unabhängig zu werden. Die Anonymität des Ordens half mir dabei, meine wirkliche Identität zu verschleiern. Wie bei der Fremdenlegion. Da fragt auch niemand, wer Sie wirklich sind und woher Sie kommen. Hauptsache, Sie dienen der Sache. Aber ich habe das, was ich mir mühsam zurückgeholt habe, niemals zur Machtausübung benutzt. Alles wurde – und wird – in eine gemeinnützige Stiftung überführt, die denen hilft, denen sonst niemand beisteht. Dass ich dabei ein wenig Besitzerstolz und Lebensfreude empfinde, sozusagen als Millionär im Büßergewand, kann mir niemand zum Vorwurf machen. Und sollte der Herr trotzdem anderer Meinung sein, dann mache ich das mit ihm aus.«
    Als Orchus die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, fuhr Lutz fort.
    »Ja, Gerster hatte wohl etwas viel getrunken, als er mich in der Nacht aufscheuchte, um mit ihm die Unterlagen aus seiner Hütte zu holen. Er wollte sie um jeden Preis loswerden. Ich hatte aber keine Lust, in der Dunkelheit quer durch den Schwarzwald zu fahren, und bat Wolter, mit ihm zu gehen. Der kam drei Stunden später und berichtete mir von dem Unfall. Den Rest kennen Sie.«
    Er öffnete eine Pralinenschachtel, schenkte uns Mokka ein und schwenkte eine Cognacflasche.
    »Diese Pralinen sind die Sünde in Perfektion. Dazu gehören Mokka und ein zwanzig Jahre alter Weinbrand, und man ist sofort im Nirwana.«
    Mir lief der Speichel im Mund zusammen, aber ich begnügte mich mit einem Glas Wasser.
    »Ich sichtete die Unterlagen am nächsten Tag, um zu prüfen, ob ich sie irgendwo in unsere Bibliothek einreihen konnte. Die Rückschlüsse, die der Professor gezogen hatte, oder Gersters Versuche, dem Banker dienlich zu sein, interessierten mich nur am Rande und veranlassten mich nur, mein Vorhaben noch schneller umzusetzen. Die Unruhen am Münsterplatz waren mir nur dienlich.«
    Der Pater und Margot mussten Saumägen haben. Eisbein und Sauerkraut gemischt mit Pralinen, die die beiden in sich hineinstopften, als wäre es ihre letzte Chance.
    »Und warum war es mein Pech ...?«, versuchte ich das Gespräch im Gang zu halten.
    »Ja«, rülpste der Pater und hielt sich den Bauch, »ich fand etwas, dem ich nicht sofort eine Bedeutung beimaß. Es war eine Urteilsbegründung, die Ihre Familie, liebe Frau Hofmann, betraf. Danach berief sich das Gericht in der Urteilsbegründung zugunsten Ihres Großvaters auf ein Abkommen zwischen dem Land und der Kirche aus dem Jahr 1919, wonach der Kirche jede Möglichkeit genommen wurde, ein mehr als hundert Jahre im Familienbesitz befindliches Grundstück zurückzuerlangen. Das machte mich neugierig, und ich begann mich für die badischen Gesetze zu interessieren. Siehe da, ich wurde fündig. Im Badischen Konkordat von 1932 wurden der Kirche weitgehende Zusicherungen betreffs ihres Eigentums gemacht, mit der Einschränkung, dass ihr für Gebäude und Grundstücke, die sie verwaltete und nutzte, aber nicht schon vor dem Konkordat von 1859 im Grundbuch hatte eintragen lassen können, jederzeit die Nutzung entzogen werden konnte. Können Sie mir folgen?«
    Margot machte ein verzweifeltes Gesicht und schüttelte den Kopf.
    »Das ist mir zu trocken. Ich hätte gerne einen Cognac. Zwanzig Jahre lassen sich besser überschauen.«
    »Ich auch«, schloss ich mich ihr an.
    Lutz schüttelte den Kopf.»Halten Sie das für eine gute Idee? Sie müssen für den Artikel fit sein.«
    »Nun machen Sie schon«, forderte ich ihn auf. Mir war auch nach einer Zigarre, aber das ließ ich dann doch lieber.
    »Wenn Sie meinen. Ist Ihre Gesundheit. Aber bleiben Sie wenigstens noch achtundvierzig Stunden am Leben.«
    Der erste Schluck schmeckte nach Seife. Aber ich ließ mir nichts

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