Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters
auch nur unter Auflagen«, fügte ich hinzu.
Margot setzte sich auf den Toilettendeckel und schaute verzweifelt zu mir hoch.
»Du meinst, der hat uns entführt? ...Wozu?«
Ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste mir keinen Rat mehr.
»Hast du eine Ahnung, wie dich Orchus hergebracht hat oder wie lange ihr gefahren seid? Fallen dir irgendwelche Ortsnamen ein? Bitte denke nach.«
»Ich hab kein Schlafhemd. Kann ich eins von dir nehmen?«, schmollte sie.
Ich nickte.
»Nein. Ich habe keine Ahnung«, fuhr sie fort. »Es war dunkel, und ich war in Sorge um dich. Glaubst du, dass ich da als Beifahrerin in einem fremden Auto mit einem Gorilla als Fahrer in einem fremden Land auf die Straße achte? Du überschätzt meine Fähigkeiten.«
Sie schlüpfte unter die Bettdecke und zog sich das Kissen über den Kopf.
31
Es war schon elf Uhr, als ich vom Geräusch der Dusche wach wurde.
Einen Moment blieb ich mit unter dem Kopf verschränkten Armen auf dem Rücken liegen und zog die Beine an.
Was war in den letzten Stunden alles passiert, und welchen Sinn ergab das?
Dass Lutz sich als eigentlicher Besitzer und Erbe am Münsterplatz durchkämpfen würde, war nicht zu bezweifeln. Es stand auch außer Zweifel, dass er sich die Chancen sehr gut ausgerechnet hatte und bestens vorbereitet war. Ottos Testament hatte ihn ins Schleudern gebracht. Aber warum ging er den Weg, mich zu entführen und Lisa und Margot praktisch als Unterpfand in der Hinterhand zu behalten?
»Was überlegst du?«
Margot kroch zu mir unter die Decke.
»Brr, du bist ja noch ganz nass. Haben wir keine Handtücher?«
»Doch«, schmiegte sie sich an mich, »aber diese Situation erregt mich. Dich nicht?«
»Mich regt sie höchstens auf«, grummelte ich.
»Das haben wir gleich«, flüsterte sie und ließ ihre Hände laufen.
»Haben Sie sich erholt? Fühlen Sie sich wieder fit?«, begrüßte uns Lutz. »Wollen Sie noch Frühstück oder lieber gleich Mittagessen?«
Da ich die vergangenen Tage nichts Vernünftiges zu mir genommen hatte, entschied ich mich für das Mittagessen. Margot beließ es bei einer Kanne Kaffee.
»Frau Hofmann, Sie verpassen etwas. Unser Koch ist ein Meister seiner Klasse«, tadelte Lutz und lächelte verschmitzt.
Nach einem Menü aus Froschschenkeln in einer Tomaten-Knoblauch-Sauce, Lammfilet an grünen Böhnchen, einer Käseplatte und Mousse au chocolat war ich vorübergehend mit der Welt versöhnt.
»Sind Sie bereit?«, drängelte Lutz nach dem Espresso. »Ihr Artikel muss raus.«
Er brachte mir einen Laptop, der sich nach dem Start als mein eigener herausstellte.
»Woher haben Sie den? Und wie kommen, verdammt noch mal, meine Kleider hierher?«, wollte ich von Lutz wissen, der mir über die Schulter schaute.
»Regen Sie sich nicht auf. Frau Hofmann senior ist eine gute Freundin von mir. Ein kleines freundliches Schreiben, dass Sie kurzfristig zu einem Termin mussten und beides dringend brauchen, und schon war ihre Hilfsbereitschaft grenzenlos. Sie scheint Sie nicht besonders zu mögen. Aber das ist nicht mein Problem. Bin gespannt, wie Sie den Artikel aufziehen.«
Der Pater spielte wieder mit mir und verstand es geschickt durch kleine Finessen, ohne dabei die Grenze des Anstandes zu überschreiten, seine Macht zu demonstrieren.
In der knappen Stunde, die ich brauchte, um zu schreiben, zu verwerfen, zu ändern, neu zu formulieren, wich er mir nicht von der Seite.
»Klasse. Ich bewundere Menschen mit Ihrem Talent zum Schreiben. So hatte ich mir das ungefähr vorgestellt«, klatschte er lautlos Beifall und reichte mir ein Kabel, um den Computer mit der Telefondose zu verbinden.
»Die Adresse Ihres Verlages haben Sie ja. Geben Sie den lokalen Verlag gleich in den Verteiler mit ein.«
Er reichte mir einen Zettel mit der E-Mail-Adresse.
Nachdem die Mail raus war, zog er das Kabel wieder ab und steckte es ein.
»Jetzt brauchen wir nur noch bis zur morgigen Ausgabe zu warten, dann haben Sie Ihre Pflicht getan. Orchus wird gleich eine kleine Ausfahrt mit Ihnen machen. Ich darf mich verabschieden. Habe noch zu tun. Ach ja, ich vergaß«, er legte mein Handy auf den Tisch.»Ist leider leer. Wir sehen uns auf der anderen Rheinseite.«
»Kapierst du das?«, fragte Margot mit einem leicht verzweifelten Unterton in der Stimme.
»Ich fürchte, nein«, schüttelte ich den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, wie sein Plan weitergeht.«
»Plan, Plan. Verdammt noch mal. Ich kann es nicht mehr hören. Was will der Kerl von uns?«,
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