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Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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den Sturz gesehen. Aber niemand hat die Hand gesehen, die ihm das Glas gereicht hat.«
    »Schierling?«
    »Gefleckter Schierling, ja. Es war ein selbstgebrauter Sud aus den Früchten.«
    »Selbstgebraut, aber wirkungsvoll. Der gefleckte Schierling war das Gift der alten Griechen, der Verurteilten Athens. Der sokratische Tod, sanft und rasch.«
    »Die Polizei mag dieses Gift nicht. Es hat etwas Theatralisches.Ein Selbstmord wird völlig ausgeschlossen. Der Schierling wurde mit einem sehr starken Cocktail gemischt und Ihrem Bruder während eines großen Festes vor dem Palazzo Farnese gereicht, bei dem mindestens zweitausend Menschen anwesend waren. Ihr Neffe Claudius, den zwei seiner Freunde rasch vom Platz wegzubringen versuchten, bevor die Polizei eintraf, wurde sofort vorläufig festgenommen. Der junge Claudius war beim Anblick seines toten Vaters ohnmächtig geworden. Die beiden Freunde heißen Thibault Lescale und David Larmier. Beide studieren mit Ihrem Neffen in Rom. Thibault Lescale hat als letzter mit Henri Valhubert gesprochen. Er sagt, er habe ihn verlassen, um Claudius zu informieren, daß sein Vater ihn erwarte, und seiner Aussage nach hatte sich bereits eine Menschentraube um die Leiche gebildet, als er zurückkam. Er kann nicht sagen, ob Henri Valhubert ein Glas in der Hand hatte, als er mit ihm sprach, beteuert aber, er selbst habe zwei in den Händen gehalten und sie noch immer gehabt, als er zurückkam, folglich könne er Henri Valhubert keines gegeben haben. Die Polizei will diese Argumentation nicht weiter beachten, sie erscheint ihr schwach.«
    »Ich weiß nicht, wer diese beiden jungen Männer sind.«
    »Der Bericht präzisiert, sie seien eher unter den Namen Tiberius und Nero bekannt.«
    »Ja, dann! Tiberius, den kenne ich. Er ist ein Schützling meines Bruders, eine Waise oder so.«
    »Claudius Valhubert hatte am Vorabend einen Brief Ihres Bruders erhalten, der ihn über dessen Ankunft in Rom in Kenntnis setzte. Henri Valhubert war zufällig mit einem Diebstahl italienischer Manuskripte befaßt, er soll ihn zu der Reise veranlaßt haben. Hier ist die Kopie des Briefes an seinen Sohn.«
    Édouard Valhubert streckte eilig die Hand aus und betrachtete den Brief, während er ihn weit von sich hielt.
    »Es ist tatsächlich die plumpe, selbstgefällige Schrift meines Bruders. Der Grund für die Reise ist seltsam, wenn man weiß, daß es dringlichster Anlässe bedurfte, um Henri dazu zu bringen, im Sommer zu reisen. Vielleicht hat er nicht alles gesagt.«
    »Hier ist ein weiterer, längerer Brief, den er gleichzeitig an Monsignore Lorenzo Vitelli geschickt hat. Monsignore Vitelli ist ein …«
    »Ich weiß. Ein alter Freund von Henri und seiner Frau. Ein vornehmer, hellsichtiger Kerl, seine Meinung interessiert mich. Ist bekannt, was er über die ganze Geschichte denkt?«
    »Daß Henri Valhubert sicherlich ein bißchen mehr über diesen Schwarzhandel wußte, als er sagen wollte, und daß die Sache ihn offenbar direkt anging, da er persönlich nach Rom gereist ist. Gleich am Morgen seiner Ankunft hat der Bischof ihn im Vatikan getroffen. Henri Valhubert war aufgeregt. Er ist nicht einmal in die Bibliothek gegangen, sie sind anderthalb Stunden im Arbeitszimmer von Monsignore Vitelli geblieben, wo sie sich unterhalten haben. Henri Valhubert hat nicht mit dem Bischof zu Mittag essen wollen, er hat gesagt, er werde wiederkommen. Selbst Vitelli gegenüber war er verschlossen und diskret. Er hat sich nur nach allen kürzlich erfolgten Besuchen der eifrigsten Archivbenutzer erkundigt, dann haben sie sich gemeinsam das Leihverzeichnis angesehen.«
    »Wäre es möglich, daß Henri einen gemeinsamen Bekannten verdächtigte? Einen alten Freund?«
    Paul zuckte mit den Achseln.
    »Die italienische Polizei hat Bischof Lorenzo Vitelli inoffiziell darum gebeten, eine Untersuchung im Vatikan durchzuführen, die Skriptoren zu überwachen, die sich um die Archive kümmern, und die Bestände zu überprüfen. Vitelli hat eingewilligt.«
    »Sorgen Sie dafür, daß mein Neffe und seine beiden Freunde auf der Stelle aus der Haft entlassen werden. Das ist voreilig, lächerlich und jetzt schon sehr unangenehm für mich.«
    »Es handelt sich nicht um eine Verhaftung, eher um eine längere Überprüfung. Immerhin befanden sie sich am Abend in nächster Nähe. Und die beiden fraglichen Freunde führten Claudius vom Platz weg.«
    Édouard Valhubert machte eine ungeduldige Geste.
    »Das ändert nichts. Tun Sie alles Nötige, damit

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